Kapitel 14: Das Zünglein an der Waage

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"Geh mir sofort aus dem Weg Dako. Ich habe jetzt keiner Zeit für deine idiotischen Spielchen."
Ich wollte mich an ihm vorbeidrücken, aber er krallte sich in meine Decke und zwang mich so unweigerlich zum stehen.
"Verdammt Dako!", fauchte ich. "Lass mich los oder..."
Ich wollte ihm drohen, aber er kam mir zuvor.
"Meine liebe. Wenn jemand hier Bedingungen stellt dann ja wohl ich."
Irritiert blickte ich ihn an. "Wie bitte?! Vergiss nicht welche Stellung du hast."
Verärgert starrte ich zu ihm hinauf, während ich verzweifelt versuchte die Decke wieder auf die richtige Höhe zu ziehen. Dako blickte schon die ganze Zeit unverschämt lange an mir hinunter und hinauf. Der starke Griff an der Seite der Bettdecke half nicht gerade dabei, dass ich mich stark bedecken konnte.
Dako fing laut an zu lachen. Nun ließ er mich endlich los, aber ich war zu aufgebracht, um einfach zu verschwinden. Ich blickte ängstlich um mich, denn ich hatte die Befürchtung das schrille und ohrenbetäubende Lachen könnte jemanden neugierig machen und hier her führen.
"Könntest du mir nun endlich erklären um was es geht. Sonst verschwinde ich", drohte ich ihm halbherzig.
"Im Moment liebe Salira stehe ich weit über dir. Das kannst du mir glauben. Denn so dumm, wie du bist hast du Nevary und mir einen Trumpf geliefert, der nicht nur dir, sondern auch der ach so tollen Skylar Schaden wird."
"Und was bitte sollte das sein?" mir dämmerte es zwar schon langsam, auf was er hinauswollte, aber bevor er es aussprach würde ich es ganz sicher nicht machen.
"Nevary hat mich ausgesandt, um dich zu beschatten. Es war nicht leicht immer in deiner Nähe zu sein, aber das brauchte ich auch nicht. Zumindest nicht letzte Nacht. Es reichte schon zu sehen, dass der kleine Prinz und du in seinen Gemächern ward. Und das die ganze Nacht. Und dass du nun so leicht bekleidet vor mir stehst, spricht ja wohl schon dafür, dass es mehr war,  als nur ein kleines Gespräch.
Ich werde zu Skylar gehen und ihr alles erzählen. Du weißt, was dir dann blüht. Hochverrat, Exil wenn nicht sogar Hinrichtung."
Ich mußte hart schlucken. Erst jetzt wurden mir die Ausmaße, dessen was ich getan hatte so richtig bewusst.
"Das würdest du nicht wagen!", brachte ich hervor. Doch es klang nicht ansatzweise so sicher, wie ich es gerne hätte. Nevary machte seine Drohung wirlich wahr. Er würde mich Stück für Stück zerstören. Am Ende würde ich als die Böse dastehen. Er war so raffiniert und hinterhältig.
"Und ob ich das wagen würde", lachte Dako. "Aber wenn ich es auch so gerne sofort Skylar erzählt hätte, so soll ich dir doch diesen Vorschlag unterbreiten: du weißt doch sicher, dass bald der jährliche Ausflug in die Stadt ansteht oder?" Ich nickte. Die Königin hatte mir erst vor wenigen Tagen erzählt, dass sie denen Hochsommer einmal durch die Stadt ritt, um ihre Untertanen zu besuchen. Es war ein großes Ereignis und wurde wochenlang vorgeplant. Denn alles sollte passen und geordnet zugehen. Meine Aufgabe würde es sein mit der Leibgarde neben der Senfte zu reiten und darauf zu achten, dass keiner Skylar zu nahe kam.
"An diesem Tag wird etwas geschehen, was Nevary schon lange geplant hat und du wirst uns dabei behilflich sein. Während die Königin über die Brücke reitet, wird eine Gruppe von Aussetzigen euch überfallen und Skylar töten."
Meine Augen weiteten sich aus Fassungslosigkeit. "Das ist nicht euer Ernst. Warum erzählst du mir das. Ich werde das niemals zulassen."
"Und ob du das wirst. Du wirst stumm danebenstehen und alles teilnahmslos mit ansehen. Denn wenn du auch nur einen der Feinde tötest so wird Skylar von deinem Verhältnis zu Pyero erfahren. Wenn alles vorbei ist und Nevary alleiniger Herrscher ist, so versichert er dir, darfst du als kleines Dankeschön zusammen mit Pyero Alayron verlassen. Er wird euch verschonen."
Dieses Angebot war verlockend. Zusammen mit Pyero, alleine, in Sicherheit. Doch diesen Gedanken verwarf ich ganz schnell wieder. In dieser Welt würde ich, solange Nevary noch am Leben war niemals Frieden finden.
"Damit werdet ihr niemals durchkommen. Wenn mein Bruder Skylar tötet, so ist das Königsmord. Schon wieder. Das Volk wird sich auflehnen. Noch mehr als es jetzt schon tut."
Dako musste lachen. Das Volk wird nicht wissen, dass es König Nevarys Idee war. Wir haben alles bestens geplant.
Wenn ihr mit der Kutsche von Skylar über die Brücke des Flusses reitet, der die Stadt durchquert, so werden Rebellen euch einkesseln und sie erschießen.
Damit trotz all dem kein Verdacht auf den König fallen kann, werden Nevary, ich und noch einige Wachen euch begleiten und im Angriff auch ein paar der Aufständischen töten. Ist unser Plan nicht perfekt?" Dako klang stolz. Er schien sich richtig auf diesen Tag zu freuen.
Geschockt konnte ich ihn nur anstarren. Der Plan war zu gut.
"Ich erwarte bis morgen früh eine Antwort. Und ich weiß, sie wird positiv für mich ausfallen, denn gehängt werden willst sicherlich nicht."
Immernoch fassungslos konnte ich nichts erwidern.
Dank grinste mich noch einige Sekunden an, dann ging er sichtlich gut gelaunt mit erhobenem Kopf den Gang entlang.

Völlig neben mir stehend kam ich wenig später in meinen Zimmern an.
Ich versuchte wieder zu klarem Verstand zu kommen indem ich meinen Kopf in die Waschschüssel tunkte.
Entschlossen holte ich nun meine Reitsachen hervor und kleidete mich an.
Ich wusste es gab nur keinen anderen Ausweg mehr. Wie ein in die Ecke getriebenes Tier musste ich nun auf Angriff übergeben.
Egal wie viel Angst ich vor der Kraft der Drachenseele hatte, so wusste ich nun dass meine Möglichkeiten zu begrenzt waren, um auf meine Bedürfnisse zu achten.
Also hatte ich nun den Beschluss gefasst meine Tante aufzusuchen, die nicht weit von dem Schloss in einem kleinen Stück Wald lebte. Sie hatte sich dort vor Nevary versteckt und ich hatte ihr versprochen, dass ich niemandem von ihr erzählen würde. Eigentlich durfte ich sie auch nicht besuchen, da sie die Angst hatte, man könnte mich auf dem Weg verfolgen. Aber jetzt war sie meine letzte Rettung.
Ich hoffte nur, dass sie nach sechs Jahren immer noch dort und am Leben war, denn wenn nicht, dann hatte ich keine Ahnung was ich noch versuchen könnte.



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