Kapitel 11

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„Du warst also der Eisberg?" fragte mich Mum, nachdem ich ihr die Ereignisse von heute Mittag grob erklärt hatte. Natürlich hatte ich die komplette Geschichte mit Mike ausgelassen, auch wenn sie das sicherlich ganz amüsant gefunden hätte. Ich hatte auch nicht direkt erwähnt, dass ich wegen Matt eifersüchtig gewesen war. Alles was meine Mutter wusste war, dass Lexi bei einem anderen Typen gestanden war und ziemlich gelacht hatte und ich dann nur vorbeigegangen war, ohne groß was zu sagen. Ja, ich kam mir ein bisschen dumm dabei vor, als ich es meiner Mutter erzählte, aber sie hatte vermutlich eh schon einen total verweichlichten Eindruck von mir. Da war es jetzt auch schon egal. Ich war natürlich nicht gleich nach der Schule zu Mum gestürmt, sondern erst jetzt, kurz vor acht Uhr abends, in ihr Büro gekommen. Mittlerweile saß sie nicht mehr vorm PC, um etwas für die Arbeit zu machen, sondern shoppte sich gerade durch die neue Kollektion ihrer Lieblingsmarke.

„Hä? Natürlich hab ich mich nicht in einen Eisberg verwandelt, ich bin einfach nur an ihr vorbei gegangen und hab nur in ihrer Richtung genickt", antwortete ich ihr irritiert und Mum schlug ihre Augen seufzend nieder.

„Das sagt man nur so Brady. Die Eisberg-Methode oder auch die Anmachen-Abblitzen-Strategie."

Ich warf ihr einen verwirrten Blick zu und lehnte mich am Fensterbrett hinter mir an. Das würde sicherlich noch länger dauern und mir taten die Füße weh, weil ich heute mit Mike im Fitnessstudio war und der übertrieb immer so. Beziehungsweise, der hatte mehr Kraft als ich und weil ich nicht schwach neben ihm wirken wollte, gab ich trotzdem immer alles und bekam dann immer total Muskelkater. Ich wusste jetzt schon, dass ich morgen kaum gehen konnte, aber das musste ich wohl ignorieren, wenn ich vor Lexi nicht wie ein Weichei da stehen wollte.

„Okay, ich erklär es dir", meinte Mum und bevor sie anfing sagte ich: „Aber bitte verständlich und ohne Fachbegriffe."

Ich wusste genau, was sie dachte, als sie mir einen Blick zuwarf und dabei leicht ihren Kopf schüttelte. Aber naja, niemand hatte gesagt, dass ich mich auskennen würde.

„Also gut, stell dir vor, es gäbe ein Mädchen, das sich plötzlich total für dich interessiert. Sie ist immer nett zu dir, schenkt dir ihre Aufmerksamkeit und du bekommst irgendwie das Gefühl, dass sie auf dich steht", erklärte Mum und ich nickte. War jetzt noch nicht so schwer zu verstehen.

„Die meisten fühlen sich geschmeichelt, wenn jemand Gefühle für sie entwickelt. Häufig ist es aber auch so, dass man das Interesse an der anderen Person verliert oder es gar nicht so richtig entwickelt, weil man lieber selber jagen will. Das gilt übrigens bei Mädchen und bei Jungs gleich. Um den Jagdinstinkt zu wecken kommt man zur Phase zwei: Dem Eisberg. Man lässt die andere Person abblitzen und wenn alles gut läuft, fängt der Auserwählte dadurch an, sich für einen zu interessieren."

Ich fragte mich, ob Mum das einfach so alles wusste, oder ob sie mal einen Ratgeber zu diesem Thema gelesen hatte. Oder ob sie sich das alles nur ausdachte.

Allerdings klang es für mich einleuchtend und wenn ich so zurück dachte, wurde ich vermutlich sogar selber schon einmal Opfer dieser Methode. In der Middle School gab es da mal ein Mädchen, Tina, das mich fast schon nervte, weil sie ständig in meinem Leben präsent war. Plötzlich hatte sie mich dann ignoriert und nachdem ich dann wieder den Kontakt zu ihr gesucht hatte, wurde sie meine erste Freundin. Wir waren fünf Wochen zusammen, was für dreizehnjährige schon ziemlich lange war.

„Verstehst du, von was ich spreche?" fragte Mum nach und ich nickte. Ich checkte es schließlich wirklich.

„Naja, jedenfalls denke ich, dass es für diesen Schritt noch etwas zu früh war. Du bist noch in der „Anmachen"-Phase und da Lexi ja gewisse Vorurteile dir gegenüber hatte, ist es nicht besonders förderlich, wenn du jetzt schon einen auf Eisberg machst."

What girls really want.Where stories live. Discover now