Kapitel28

84 3 0
                                    

Emmas Sicht

Ich habe schon eine ganze Weile kein Klavier gespielt, weshalb ich beschlossen habe einfach etwas zu spielen. Was besseres habe ich ja sowieso nicht zu tun. Gerade spiele ich >River flows in you<. Ich liebe das Lied einfach übertrieben. Noten brauche ich nicht, weil ich es einfach schon so oft gespielt habe, dass ich es auswendig kann.

„Das war schön", reißt mich Ben aus meinen Gedanken, als ich den letzten Ton gespielt habe. „Was machst du hier?", frage ich verwirrt und drehe mich zu ihm um. „Ich habe dich vermisst und wollte fragen ob du Zeit hast", grinst er und setzt sich neben mich auf die Klavierbank. „Du weißt aber schon, dass wir im WhatsApp Zeitalter leben und nur kurz schreiben müssen um so eine Frage zu klären?", lache ich. „Was ist WhatsApp? Kann man das Essen?", lacht er und klimpert ein bisschen auf den Tasten rum. „Ja, bestimmt", gebe ich Augen rollend von mir. „Was hältst du davon?", beginnt Ben doch bevor er aussprechen kann falle ich ihm grinsend ins Wort: „Wo von?" „Lass mich doch mal ausreden! Du spielst jetzt noch ein Lied für mich und dann gehen wir raus, das Wetter ist echt schön", grinst Ben. Anstatt ihm eine Antwort zu geben, lege ich ein paar Notenblätter zurecht und beginne zu spielen. Ich spiele >Pirates of the Caribbean<, das Stück könnte man fast Bens und mein Lied nennen. Aber genauso gut auch das Lied unserer ganzen Klasse in der Sekundarstufe1. Unsere Schule bietet in der 5. bis zur 7. eine Orchestra Klasse an, in der lernen die Schüler verschiedne Blasinstrumente. Und >Pirates of the Caribbean< war eins der ersten Lieder die wir damals gespielt haben und eigentlich die ganze Zeit gespielt haben. Ben und ich waren mit einigen unserer Freunde genau in dieser Orchestra Klasse. Während Ben Trompete gelernt hat, bin ich beim Klavier geblieben. 
„Das ist unser Lied! Ich liebe es immer noch! Lass uns raus", grinst Ben und steht auf. „Du kannst es ja gar nicht erwarten raus zu kommen", lache ich und folge ihm in den Flur. „Richtig! Emma und ich fahren zum See", schreit er dann durchs ganze Hause. „Ciao", rufe ich ebenfalls und schlüpfe in meine Schuhe. „Viel Spaß", ruft Mama von irgendwo zurück, gerade als wir zur Tür raus verschwinden. „Nimmst du dein eigenes Fahrrad, oder soll ich dich auf dem Lenker mitnehmen?", fragt Ben und hebt sein Fahrrad auf, was er achtlos auf die Wiese geworfen hat. „Ich nehme meins", rufe ich, als ich schon zur Garage renne und mein heiß geliebtes Hollandrand raus hole. Versteht mich nicht falsch, ich finde Fahrradfahren eigentlich nicht sonderlich geil. Aber ich liebe mein Fahrrad, einfach weil es geil aussieht.

Gemütlich fahren Ben und ich nebeneinander zum See. 15Minuten mit dem Fahrrad von mir entfernt liegt am Wald ein großer See, indem wir im Sommer immer schwimmen gehen. Jetzt im Herbst ist zu kalt zum Schwimmen, aber man kann sich am Ufer super hinsetzen und einfach nichts machen. Wie immer fahren wir zum Ufer, was direkt am Wald liegt. Hier ist man meistens ungestört, weil sich eigentlich kaum jemand die Mühe macht hierüber zu kommen.

„Wie läuft es eigentlich mit Zack?", fragt Ben mich. „Eigentlich ganz gut. Wir schreiben fast die ganze Zeit", antworte ich und muss automatisch lächeln. „Ich hab Zack ja am Freitag kenne gelernt und ich kann sagen er ist ein netter Typ. Aber ich weiß nicht...", mitten im Satz bricht er ab, scheinbar weiß er nicht was er sagen will. „Nett ist der kleine Bruder von Scheiße", murmele ich und lasse mich nach hinten ins Gras fallen. „Was ich sagen will. Ich will nicht, dass du verletzt wirst. Bist du in Zack verliebt? Na ja, ich sehe es ja, aber ich würde gerne wissen, wie du dazu stehst", übergeht er dann meinen Kommentar und legt sich neben mich ins Gras. „Ich weiß es nicht. Ich hab ihn echt gerne. Aber... ich weiß es nicht! Ich weiß nicht ob da mehr ist. Nach Marius...was ist, wenn Zack genauso ist? Ich weiß nicht ob ich mich wieder auf jemanden einlassen will! Aber selbst wenn, ich glaube nicht, dass Zack auf eine Beziehung scharf ist", stottere ich ein bisschen herum. Schon seit einer ganzen Weile gehen mir ziemlich viele Dinge durch den Kopf, die genau das betreffen. „Ich weiß nicht mal, ob ich schon über Marius hinweg bin und ob ich bereit für was neues bin", murmele ich und betrachte die Wolken, wie sie schnell über uns hinweg ziehen. „Also... so wie Zack dich am Freitag angeguckt hat, und alles was du mir so über ihn und eure Chats erzählt hast. Ich glaube schon, dass er mehr wollen könnte, als eine reine Freundschaft. Ich kenne ihn zwar nicht, aber irgendwie glaube ich nicht, dass er sowas abziehen würde wie Marius. Marius ist ein kompletter Idiot", sagt Ben und beginnt neben sich das Gras abzuzupfen. „Ich habe echt gedacht, dass er mich liebt! Aber stattdessen hat er einfach die ganze Zeit mit anderen geschlafen", murmele ich. „Ich weiß, Süße! Das hattest du echt nicht verdient", sagt Ben und zieht mich näher neben sich um mir einen Arm um die Schulter zu legen. Meinerseits lege ich meinen Kopf an seine Schulter und kuschele mich an ihn. „Ich hab dich lieb, Ben", flüsterte ich. „Ich dich auch, Em", antwortet er bevor er das Thema Zack wieder aufgreift: „Also egal was mit Zack ist, du kannst immer zu mir kommen. Das weißt du, ne?! Jedenfalls sehe ich, dass er dich irgendwie glücklich macht. Seit du mit ihm schreibst bist du viel besser drauf und lachst wieder viel. Guck einfach was du willst" Anstelle ihm zu antworten nicke ich nur und schaue weiter in den Himmel. Ich weiß nicht genau was ich hätte antworten sollen, aber Ben hat schon recht. 
Ich weiß nicht wie lange wir einfach so daliegen und schweig, aber es ist ziemlich angenehm neben Ben zu liegen und einfach mal abzuschalten. Das brummen von Bens Handy durchbricht schließlich die Stille.

„Ja?", geht Ben dran und schweigt kurz. „Ich bin mit Emma am See"... „Klar, ich frag sie und schreib dir dann", damit legt Ben schließlich auf und schiebt sein Handy zurück in die Tasche. „Chris und ein paar andere sind am Fußballplatz und fragen ob wir auch vorbei kommen. Anna ist auch dabei", wendet Ben sich dann an mich. „Okay", antworte ich und stehe auf.

Während wir zum Fußballplatz fahren, also eigentlich nur einem Bolzplatz im Park, nicht weit weg vom See, unterhalten wir uns über belangloses Zeug.

Am Bolzplatz treffen wir auf Chris, Anna, Mark, Tim, Flo, Sebi, Jakob und Rick. Die meisten der Jungs kenne ich schon seit dem Kindergarten oder der Grundschule, aber wirklich was mit ihnen zutun habe ich nicht. Ich treffe sie nur manchmal, wenn ich mit Ben unterwegs bin. Anna und Chris sind natürlich raus genommen, denn die zwei gehören zu meinen besten Freunden. „Na was habt ihr so getrieben?", grinst Rick dreckig und wackelt mit den Augenbrauen. „Das wüsstest du wohl gerne", antworte ich lachend und begrüße Anna mit einer festen Umarmung. „Spielt ihr Mädchen mit?", fragt Tim uns. „Was für eine Frage", antwortet Anna lachend.

Not all good girls are good girlsWhere stories live. Discover now