Kapitel 2

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Aaliyah's Sicht

Als ich nur knapp zwei Stunden später vor dem neuen Haus von Wolf's Mutter ankomme, dreht sich mir der Magen um und immer wieder verspüre ich den Drang zu kotzen, denn auch wenn ich weiß, dass Wolf nicht da sein wird, lässt mich auch nur der Hauch eines Gedankens, dass es vielleicht sein könnte, erschaudern.

Die Kleine ist hellwach und nach dem Essen mit meiner Familie geht es auch mir um einiges besser, wobei der Flug und die Fahrt von Flughafen mich schon ganz schön geschafft hat.

Ich nehme also meinen ganzen Mut zusammen und klopfe an der Tür, spüre, wie mein Herz bereits in meinem Hals schlägt und atme jedoch laut aus, als mir die wunderschöne Frau die Tür öffnet.

Ohne ein Wort schlingt sie ihre Arme um meinen Körper und drückt mich ganz fest, zeigt mir erneut eindeutig viel zu viel mütterliche Zuneigung und so viel Liebe habe ich in den letzten Wochen nicht mehr bekommen, weshalb es mich regelrecht umzuhauen scheint.

"Ich danke dir so sehr, dass du wirklich vorbeigekommen bist.", murmelt sie und löst sich auch schon von mir.

"Nach allem was du für uns getan hast, ist es das mindeste was ich tun kann, Aurora.", erwidere ich lächelnd und betrete zusammen mit Sophia das große Haus.

"Ich weiß, dass du stillst, deswegen habe ich dir einen Obstteller vorbereitet und Tee, weil ich hoffe, dass du mir ein wenig deiner Zeit schenken könntest.", sagt sie sanft und nimmt mir meinen Mantel ab, bevor ich mich zu der Kleinen beuge und auch sie aus ihrer Jacke befreie.

Ihr kleiner Körper geht in der dicken Winterjacke komplett verloren und ich liebe es, wie sie riecht, wenn sie ganz warm ist und aus Reflex führe ich meine Nase in ihre Halskuhle und inhaliere den intensiven Geruch, der der Wirkung eines Rauschmittels viel zu ähnlich ist.

"Natürlich, Aurora. Aber du hättest all das nicht vorbereiten müssen, das ist so süß von dir.", erwidere ich lächelnd, während wir zusammen in Richtung Wohnzimmer gehen.

"Wie geht's den Kids, dir und Claire?", frage ich und gebe ihr die Kleine, beobachte fasziniert, wie behutsam sie mit ihrer Enkelin umgeht, so als wäre sie aus Glas.

"Uns geht's prima, Liebes. Die drei sind gerade in Österreich und genießen ihre Zeit. Ich fliege auch bald nach, aber erst, in zwei Wochen.", antwortet Aurora total geflasht von Sophia.

"Sie ist genau so bildhübsch wie du, Aaliyah, das ist unglaublich.", murmelt sie und streicht sanft über die Wange der Kleinen.

"Sie sieht ihm sehr ähnlich.", fügt die Großmutter meiner Tochter hinzu und erneut schmerzt es dumpf in meiner Brust.

"Hast du etwas von ihm gehört?", fragt sie und guckt mich aus braunen Augen an.

Seufzend schüttle ich den Kopf und spiele mit den winzigen Füßen meiner Tochter.

"Es tut mir so leid, Aaliyah. Das was er getan hat ist so unverzeihlich und-", "Aurora, tut mir leid, falls ich dich unterbreche, aber ich möchte wirklich nicht über ihn sprechen. Er hat es getan und jetzt ist es auch zu spät. Ich meine, ich bin nicht diejenige die das Heranwachsen unserer Tochter verpasst. Natürlich wird es irgendwann schwer, ihr zu erklären, wo ihr Dad ist, aber das werde ich dann regeln, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.", sage ich schnell, bevor sie auch nur ansatzweise ihren Satz vervollständigen kann.

Ihre braunen Augen funkeln besorgt auf und seufzend nickt sie.

"Dabei war ich mir so sicher, dass wenn er sie Mal sieht, er nicht länger verschwunden bleiben kann, doch anscheinend lag ich falsch.", fährt sie fort und richtet ihren Blick wieder auf Sophia.

"Bitte was? Er hat nicht einmal angerufen, wo soll er sie denn jemals zu Gesicht bekommen haben?", frage ich verwirrt.

"Er war an dem Tag ihrer Geburt im Krankenhaus.", antwortet Aurora mir angespannt und ich fühle, wie alles an Farbe aus meinem Gesicht weicht.

"Was?", schlucke ich hart.

"Ein paar Tage vor der Geburt hat er mich angerufen und gefragt in welchem Krankenhaus du bist. Er hat sie gesehen und in seiner letzten SMS von vor drei Monaten meinte er nur, dass sie wunderschön sei, er jedoch nicht stark genug wäre. Es tut mir leid, Aaliyah.", antwortet sie ruhig und verzweifelt fahre ich mir durch die Haare.

"Von wegen nicht stark genug! Er hat es doch nicht einmal ausprobiert, um zu wissen, ob er dem gewachsen ist oder nicht!", rufe ich empört und zutiefst genervt.

Die Wut in meinem Körper, welche ich so oft so gut besiegt hatte, taucht wieder auf und dieses Mal stärker denn je.

"Beruhig dich, Liebes, bitte.", sagt Aurora leise und guckt mich besorgt an.

"Ich weiß echt nicht, was ich dazu sagen soll. Während ich wie eine Geisteskranke auf nur einen einzigen Anruf gewartet und das seit Monaten, kommt er sogar bis ins Krankenhaus und niemand bekommt irgendwas mit?", frage ich schluchzend, vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und fange erbärmlich an zu weinen.

Egal wie sehr ich es auch herunterspiele und verstecke, ich liebe Wolf immer noch und diese Nachricht macht alles einfach nur noch schlimmer.

"Aaliyah, nicht Mal ich habe ihn erkannt, als er mir auf dem Flur im Krankenhaus begegnet ist. Er hat sich die Haare abrasiert und einen Vollbart wachsen lassen. Wolf sieht nichtmehr annähernd so aus, wie wir beide ihn in Erinnerung haben.", antwortet Aurora und schluckend versuche ich das Bild aus meinem Kopf zu bekommen.

Wolf ist sowieso schon wunderschön, also kann ich mir kaum vorstellen, wie er mit kahl geschorenen Haaren und Vollbart aussieht; dazu auch noch seine Tattoos und wenn er auch noch seinen Style geändert hat, dann weiß ich, dass ich ihm nie wieder widerstehen kann.

"Irgendwie will ich ihn finden und zur Rede stellen, ihn mit den Fragen in meinem Kopf umbringen und genau so quälen wie er es mit mir getan hat, aber auf der anderen Seite will ich einfach nur, dass er aus meinem Leben endgültig verschwindet. Ich bin all diese Schmerzen so leid.", schluchze ich weiter und fahre mir durch die Haare.

"Er wird durch Rosalie (2. Name) immer ein Teil deines Lebens bleiben, Aaliyah. Aber du bist diejenige die entscheidet, wie er dein Leben beeinflusst. Er ist mein Sohn und ich liebe ihn, aber wenn ich du wäre, würde ich ihn niemals wieder auch nur irgendwie angucken, denn er verdient es nicht.", sagt Aurora, während sie sanft meinen Rücken streichelt und mich an sich drückt.

"Es ist alles nur so schwer...", wimmere ich in ihren Armen, versuche irgendwie mich wieder zusammenzureißen.

"Ich weiß, Liebling, aber wenn die Liebe einfach wäre, dann wäre es langweilig.", haucht sie seufzend, streicht mir über die Wange und guckt mich lächelnd an.

"Er hat sie also gesehen und ist trotzdem wieder gegangen? Aber wie?", frage ich verzweifelt.

"Das ist auch mir ein Rätsel, aber ich weiß, dass er in kürzester Zeit wiederkommen wird und auch wenn du ihm nicht verzeihen wirst, enthalte ihm die Kleine nicht vor. Sie verdient ihren Vater, auch wenn er es nicht tut.", antwortet Aurora, reicht die Kleine an mich weiter und füllt uns beiden eine Tasse Tee.

"Er soll erstmal zurückkommen und den Rest werde ich mir dann durch den Kopf gehen lassen.", erwidere ich nachdenklich, stelle mir gerade bildlich vor, wie das erste Treffen zwischen Tochter und Vater wohl abgelaufen ist und natürlich bricht es mir das Herz, aber es war seine Entscheidung und ändern werde ich ganz sicher nichts.

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Viel Spaß und danke für das tolle Feedback, das ist unglaublich und bedeutet mir alles!
Xoxo S

MY BADBOY 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt