Jewel of the Realm

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„Liam, bitte! Lass mich mit euch segeln!", flehte Averil Jones ihren großen Bruder an und blieb ihm dabei dicht auf den Fersen während er sich mit großen Schritten auf sein Schiff, die Jewel of the Realm, zubewegte und ihr Bitten und Flehen ignorierte.

„Liam! Hörst du mir überhaupt zu?!", entrüstet und verzweifelt versuchte sie ihn am Arm festzuhalten, doch er war nicht nur um einiges älter, sondern auch um einiges stärker als sie und ging einfach so weiter, als wäre nichts gewesen.

Sie blieb stehen und verschränkte ihre Arme, als sie ihm hinterher rief: „Okay, wenn du mich ignorierst, dann werde ich eben mit Killian spr...!"

Plötzlich fuhr Liam herum, kam zu ihr zurück und hielt sie an den Schultern fest: „Avis, ich kann dich nicht mitnehmen! Verstehst du? Ein Krieg, das ist zu gefährlich für dich. Wer weiß, was uns da draußen alles erwartet...wir könnten sterben. Emilia hat versprochen gut auf dich aufzupassen bis wir wiederkommen! Und jetzt verschwinde hier!", Liam hatte ihr die letzten Worte nur noch wie eine Drohung zu gezischt.

Allerdings ließ sich Averil davon nicht so leicht einschüchtern. Sie blickte ihrem Bruder tief in die Augen bevor sie weitersprach: „Liam, hör mir doch einmal zu! Ich zweifle nicht daran, dass Emilia gut auf mich aufpassen könnte - das hat sie immer getan - allerdings bin ich mittlerweile schon 17 und kann auch gut genug auf mich selbst aufpassen. Außerdem wäre ich ja bei dir, Killian und der Crew der Royal Navy! Und Unterwegs seid ihr genauso in Gefahr, wie ich. Also: Entweder du nimmst mich freiwillig mit oder ich finde einen anderen Weg..." Siegessicher lächelte Averil ihren großen Bruder an, der ihr schließlich wiederwillig die Hand reichte und aufs Schiff führte.

Alle Matrosen befanden sich an Deck und standen in einem Halbkreis um Killian herum, der gerade dabei war die Mannschaft zu belehren und sie auf das vorzubereiten, was vor ihnen lag, in einem Tonfall, den Averil gar nicht von ihm kannte: „Und wenn eins an Bord dieses Schiffes nicht toleriert wird, dann schlechte Form!" Im hohen Bogen warf er eine leere Flasche Rum ins Meer.

Liam war stolz auf seinen kleinen Bruder: „Mein Schiff war nie in besseren Händen!" Und trat neben Killian. Averil blieb etwas hinter ihm an der Reling stehen.

„Aye, Käpt'n!", antwortete Killian ganz förmlich und salutierte, erst dann fuhr er fort: „Wir erwarten die Befehle des Königs" Er klang immer noch so förmlich und man könnte meinen Liam wäre wirklich nichts mehr, als sein Käpt'n.

Liam blickte übers Schiff und gab erste Befehle: „Auf die Positionen!" Alle Matrosen machten sich sofort auf an ihre Positionen und Liam gab seinem Bruder die Hand und deutete dann auf Averil: „Ich konnte sie nicht davon abhalten mitzukommen..."

Killian schaute zuerst etwas verwirrt auf Averil herab, die nur frech grinste, dann lachte Killian: „Das nächste Mal sollten wir dich besser einsperren!"

Liam schien dies nicht als Scherz zu nehmen: „Vielleicht hätte ich das wirklich tun sollen. Der Gedanke daran, dass dir etwas zustoßen könnte..."

Killian klopfte seinem Bruder auf die Schulter und bedeutete Averil mit einem kurzen Nicken Richtung Steuerbord zu verschwinden. Sie beobachtete ihre Brüder eine Weile und dachte über die bevorstehende Fahrt nach.

Sie hörte Liam sagen: „Vor dem König meinte ich, es gibt nur einen, dem ich die Navigation bei dieser Reise anvertrauen kann...meinem kleinen Bruder."

Killian schaute auf den Boden: „Jüngerer Bruder reicht auch."

Averil musste schmunzeln. Die beiden unterhielten sich weiter aber Averil hörte ihnen nicht mehr zu, sondern ging zur Reling und schaute aufs offene Meer... So sah Freiheit aus. Weit und offen, wie das Meer. Hier war alles Möglich.

Killian und Averil waren sich so ähnlich. Nachdem ihre Mutter vor 14 Jahren gestorben war hatte ihr Vater seine drei Kinder einfach verlassen. Liam war gerade erst 13 geworden, war aber bereits Matrose in der Royal Navy und der damals erst 9 Jahre alte Killian versuchte jedes Mal sich zusammen mit Liam an Bord zu schmuggeln. Averil war mit ihren gerademal 3 Jahren noch zu jung, um das alles zu verstehen. Den Tod ihrer Mutter und, dass sie nun Waisen waren... Erst kürzlich hatte sie genau über alles nachgedacht.

„... Du hast Recht, wir reisen in ein neues Land, mein Bruder", sagte Liam gerade zu Killian, was Averil aufhorchen ließ. Ein neues Land bedeutete neue Möglichkeiten. Sie konnte fortgehen, dortbleiben.

Vorsichtig trat sie hinter ihre Brüder und spähte über Killians Schulter. „Sie sind wunderschön", flüsterte sie, als ihr Blick auf die Sternenkarte fiel, die ihr großer Bruder in den Händen hielt.

Killian und Liam fuhren erschrocken zusammen: „Averil...!", begann Liam, doch ein Matrose meldete Feinde gesichtet zu haben und Liam machte sich auf die Befehle zu erteilen.

Killian blickte derweil durchs Fernglas: „Eine Fregatte und zwei Korvetten. Kommen schnell näher!"

Averil war wie gelähmt, doch konnte sie ihren Blick nicht von der Sternenkarte nehmen. Sie war wie gebannt von den fremden Konstellationen. Etwas derartig schönes hatte sie in ihrem Leben noch nicht gesehen.

„Nicht schießen!", befahl Liam. „Das Pegasus hissen!"

Das Pegasus hissen? Averil war sich nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte. Verwundert wandte sie sich um und beobachtete, wie die Mannschaft ein Segel aus Federn hisste. Pegasusfedern. Plötzlich erhob sich der Bug des Schiffes mit einem Ruck, der Averil zur Reling taumeln ließ, aus dem Wasser. Kurz darauf folgte das gesamte Schiff. Es flog! Averil krallte sich fest an die Reling und schaute hinunter auf die Fregatte und Korvetten, die nun ins leere schossen und die Matrosen, die ihren Augen nicht glauben wollten. Sie flogen. Die Jewel of the Realm flog! Ungläubig begann sie zu lachen, wie war das möglich?

Once Upon A Time - Losing AverilWhere stories live. Discover now