Henry

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Viele Jahre später

„Alles, wie besprochen!", befahl Pan den Verlorenen Jungs.

„Ein Signal für die Zentrale, wie naiv diese Menschen doch sind!", flüsterte Avis Felix zu.

Nun trat er langsam hervor. Kurz danach folgten ihm James, Harlow, Luke und Dean. Avis kletterte flink auf einen Baum um eine bessere Sicht auf das Geschehen auf der kleinen Lichtung zu haben. Vorsichtig holte sie einen in Traumschatten getränkten Pfeil aus ihrem Köcher und legte den Bogen an.

„Wer seid ihr?", fragte Marionette Greg Felix erschrocken.

„Wir sind die Zentrale", antwortete Felix ihm gelassen: „Willkommen in Neverland!"

Die beiden Marionetten waren sichtlich verwirrt und aufgebracht: „Die Zentrale soll nur ein paar Teenager sein?"

Und wie schon von Pan erwartet hatte Henry den Durchblick: „Das sind keine Teenager. Das sind die Verlorenen Jungs."

„Sieh einer an...", begann Felix doch Henry schnitt ihn mitten im Satz ab.

„Wieso wollen die Verlorenen Jungs Magie vernichten?"

„Wer sagt denn, dass wir sie vernichten wollen?"

Pans Marionette Greg meldet sich zu Wort: „Das war unsere Mission!"

„Das hat man euch gesagt, ja." Felix konnte echt gruselig ruhig bei sowas sein, dachte sich Avis. Bedrohlich fuhr er fort: „Jetzt der Junge. Übergibt ihn uns!"

Tamara wurde zickig: „Erst, wenn ihr uns eure Pläne verratet, was die Magie angeht und wie wir nach Hause kommen!"

Felix grinste nur bevor er, wieder mit diesem schaurig ruhigen Ton in der Stimme sagte: „Ihr kehrt nicht zurück."

Die Marionetten waren wie versteinert und starrten Felix an bis Greg sich wiederfand: „Dann kriegt ihr auch nicht den Jungen!"

Ein Lächeln huschte über Felix Gesicht: „Aber sicher kriegen wir ihn."

Das war das Stichwort. Avis spannte ihren Bogen. Pans Schatten schlug zu. Er riss Greg innerhalb von wenigen Sekunden den eigenen Schatten vom Leib dessen lebloser Körper dann auf den feuchten Urwaldboden fiel. Sofort lief Henry los und Felix gab den anderen den Befehl ihn zu holen. Nun waren es weit mehr als nur die Handvoll Jungs, die bereits auf der Lichtung waren. Sie alle hatten nur auf Felix Befehl gewartet zuzuschlagen und nun stürmten sie hinter Henry und Tamara her. Aber noch bevor Tamara die Lichtung ganz verlassen hatte traf Avis sie mit dem Giftpfeil in den Rücken. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sackte sie auf den Boden und blieb zuckend und ächzend liegen.

Henry rannte den schmalen Pfad durchs Dickicht entlang. Die Verlorenen Jungs blieben wie geplant hinter ihm, ohne ihn jedoch ganz einzuholen. Sie ließen sich sogar von Henry weitestgehend abhängen. Avis verfolgte ihn in sicherer Höhe, um ihn im Auge zu behalten. Sie nickte Pan kurz zu, der sich neben dem Pfad im Gebüsch versteckt hatte und als Henry angerannt kam und über eine Wurzel stolperte zog ihn Pan ins Dickicht. Die Verlorenen Jungs liefen weiter, um Henry in dem Glauben zu lassen, sie würden noch hinter ihm her sein und bei Pan sei er sicher.

Als alle vorbei waren bedankte sich der unwissende Henry bei Pan, welcher nur antwortete: „Pan und seine Leute sind eins mit jedem Sandkorn auf der Insel. Wir müssen aufpassen!"

Während Pan sich an Henrys Fesseln zu schaffen machte fragte Henry ihn: „Bist du ein Verlorener Junge?"

„War ich, aber ich bin geflohen. Sie sind auch hinter mir her."

„Und weswegen...?"

Pan unterbrach ihn: „Wir haben keine Zeit, wir müssen hier weg! Komm mit!" Er riss ihn auf die Beine und zog ihn hinter sich her.

Avis hatte alles mit angesehen und grinste in sich hinein. Wie konnte Henry bloß so naiv sein? Sie kletterte vom Baum hinunter und hörte ein rascheln hinter sich und plötzlich legte ihr jemand die Hände auf die Augen. „Felix!", sie befreite sich aus seinem Griff. „Sie sind los. Da lang."

Felix drehte sich zu den anderen um: „Dort rüber!" Dann wandte er sich noch einmal zu Avis: „Wir sehen uns gleich an den Echohöhlen!" Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Dann verfolgte auch er Pan und Henry.

Avis blickte ihm kurz nach und bahnte sich dann einen Pfad geradewegs durch das Dickicht in Richtung Echohöhlen. Vor einem Hügel voll Traumschatten entschied sie sich dazu wieder auf einen Baum zu klettern und Pan und Henry von Oben aus zu beobachten. Hinter dem Hügel sah sie sie.

Pan rannte mit Henry durch das Dickicht auf der vermeintlichen Flucht vor Pan. Die Verloren Jungs riefen sich gegenseitig immer wieder kurze Sätze, wie „Wo ist er?" und „Schneller, Jungs!" zu.

Irgendwann brachte Pan Henry zum Treffpunkt vor dem Lager und behauptete, dass sie die Verlorenen Jungs abgehängt hätten. Avis kletterte zu Boden und schlich hinter einen Felsen. Von hier aus konnte sie die beiden gut im Blick halten und bekam jedes ihrer Worte mit.

Henry klang ziemlich außer Atem: „Okay, können wir kurz Luft holen?"

Pan nickte und Henry setzte sich auf einen Steinbrocken.

Pan fragte: „Du bist neu. Hat dich auch der Schatten geholt?"

„Nein, mich haben Leute gekidnappt, die für diesen Pan arbeiten."

Pan blickte sichtlich betroffen: „Tut mir Leid. Wenn er dich holen lässt, dann will er dich. Und wenn er dich will, dann wird er dich auch kriegen."

„Wieso will Pan dich?"

Pan holte ein kleines Glasfläschchen an einer Kette um seinen Hals hervor: „Feenglanz. Den hab ich ihm gestohlen, weil ich dachte, ich könnte damit wegfliegen. Nach Hause. Es klappt nicht. Er ist nutzlos!"

„Keine Sorge, meine Familie kommt mich retten und du kannst dann mitfahren".

„Denkst du, du bist der erste Junge, der glaubt, dass seine Familie ihn holen kommt?"

„Meine Familie ist anders, denn wir finden uns immer wieder"

„Hoffentlich schaffen sie es nicht, denn sonst reißt Pan ihre Schatten ins ewige Vergessen!"

„Es wird alles gut! Versprochen. Verlier nicht die Hoffnung! Wir müssen nur Zeit gewinnen. Können wir uns irgendwo vor den Verlorenen Jungs verstecken?"

„Es gibt einen Ort, wo sie uns nicht finden können: Die Echohöhlen, die sind weit weg."

Die Verlorenen Jungs raschelten im Gebüsch woraufhin Henry sagte: „Vielleicht sollten wir uns beeilen! Geh du vor!" Und die beiden rannten wieder los.

Als sie verschwunden waren trat Felix aus dem Gebüsch: „Dieses Versteckspiel fängt an mir Spaß zu machen. Es erinnert mich an früher."

„Tja, in den letzten Jahren war Pan wie besessen vom Pläneschmieden und Kampftraining, da blieb nicht viel Zeit zum rumalbern, und jetzt komm schon, sonst verlieren wir sie wirklich!", sagte Avis mit einem Seufzer.

Kurze Zeit später waren sie Pan und Henry wieder dicht auf den Fersen, so dass Henry sie bemerkte: „Sie sind da! Ich kann sie sehen!"

Pan beruhigte ihn: „Wir sind fast bei den Höhlen! Schnell, folge mir!" Gezielt schoss Avis einen Pfeil in den Baum vor den beiden Gejagten. Nur knapp an Pans Kopf vorbei.

„Sie sind da drüben, sie wissen von den Höhlen! Wir müssen hier lang!", befahl Henry. Und sie rannten in die gewünschte Richtung, genau auf die hohe Klippe zu.

Once Upon A Time - Losing AverilWhere stories live. Discover now