Geschwister Jones

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Wie von selbst trugen ihre Beine sie zu einem zerfallenen Gebäude auf dem einmal der Uhrenturm, der sich in nun in die Straße bohrte, gethront hatte. Im Inneren lagen unzählige Bücher auf dem Boden verstreut, doch eine metallene Schiebetür zog sie an. Hinter ihr befand sich eine kleine Kammer, sie trat hinein und schon bewegte sich die gesamte Kammer nach unten. Überrascht hielt sie sich an der Wand fest, als sie sich ruckelnd in die Tiefe begab.

***

Schnell lief Avis durch die Tunnel auf der Suche nach Hades. Die lange Gänge waren ein endloses Labyrinth aus Schatten und blauen züngelnden Flammen. Sie bog einige Male falsch ab und fand sich mehrmals an dem Metallkasten wieder, der sie hinunter befördert hatte.

Doch schließlich fand sie den Herr der Unterwelt in dem Teil des Höhlensystems, in dem sie selbst vor langer Zeit zum ersten Mal erwacht war. Anscheinend erwartete er sie bereits, denn er drehte sich zu ihr um und trat näher. „Hat dir schon einmal jemand gesagt, wie lästig deine Anwesenheit ist? Soviel Durcheinander, nur wegen eines Mädchens." Er atmete einmal tief und hörbar ein, bevor er jemanden in einer blauen Rauchwolke heraufbeschwor. Ein junger Mann hockte auf dem Boden neben Hades. Als er aufblickte stockte Avis fast der Atem. Sie kannte ihn. Allerdings handelte es sich nicht um einen der Verlorenen Jungs. Es war Cameron, ihr Verlobter. Seine Augen wirkten trüb und farblos. Er schien sie auch noch nicht bemerkt zu haben. Möglicherweise konnte er das auch nicht.

„Deine Anwesenheit wird mich daran erinnern, was ich in Zukunft unterlassen sollte," sagte Hades zu Cameron. Nun richtete sich sein Blick auf Avis. „Ich muss euch nicht miteinander bekannt machen, habe ich recht? Mit ihm hat schließlich alles überhaupt angefangen. Mit ihm und deinem Vater, allerdings ist der ja gerade nicht hier um für seine Taten einzustehen." Er klatschte in die Hände. „Wie dem auch sei, wir werden erwartet." Dann nahm sie am Arm und in der nächsten Sekunde standen sie am Rand des tiefsten Abgrunds der Unterwelt, umringt von den Ehemaligen Seeleuten. Es war alles viel zu schnell passiert, als dass Avis sich in irgendeiner Weise zu einer Handlung durchringen konnte, geschweige denn Hades etwas erwidern können.

„Feiert hier etwa jemand eine Party, ohne dass ich dabei bin?", meldete sich Hades ruhig zu Wort und der alte Kapitän verstummte. Alle Augen waren nun auf sie gerichtet.

„Fürst, Fürst Hades!", begann der Kapitän vorsichtig, doch Hades ließ ihn sofort in die Flammen des Abgrunds stürzen.

Dann hörte man Killian murmeln und lauter werden: „Averil, Avis! Was tust du hier?"

Liam versuchte ihn zu beruhigen: „Sie hat sich verändert Killian! Du darfst ihr nicht trauen. Wie du siehst, steht sie auf der falschen Seite."

„Verdammt Liam, sie ist meinetwegen hier! Ich sollte sie beschützen! Ich bin für das alles verantwortlich!"

„Und ich habe sie überhaupt erst die Jewel of the Realm betreten lassen!", meldete sich Liam zu Wort.

Avis trat einen Schritt nach vorne: „Das glaube ich nicht..."

Jedoch wurde sie von Hades unterbrochen: „Und jetzt zu den Gebrüdern Jones. Einer von ihnen ist unserer Abmachung treu geblieben und darf...leben, während der Andere aus meinem Verlies geflohen ist und dafür hat er zu bezahlen! Endlich erleben wir das Ende von Käpt'n Hook und diesmal wirst du ihn nicht beschützen können!"

Hades wirkte siegessicher und belustigt, als dann Liam begann: „Nein! Sie werden Killian nichts tun! Egal welchen Handel wir geschlossen haben!"

„Schön, amüsier dich!", mit diesen Worten pustete Hades Liam durch die Luft und die Klippe hinab, allerdings schaffte Killian es ihn am Handgelenk zu packen.

„Liam, bitte halt durch!", presste Killian vor Anstrengung hervor.

Liam blieb ruhig: „Es tut mir Leid, Bruder, kannst du mir jemals verzeihen?"

„Ja, aber das ist nicht wichtig! Such in dir die Kraft und verzeih' dir selbst!"

„Kann ich nicht, ich habe dir und Avis zu viel angetan, um es wieder gut machen zu können, muss ich den Preis bezahlen!"

„Nein. Nein! Liam!", brach Killian hervor, als Liam losließ und in die Tiefe stürzte. Zeitgleich fiel Avis nach vorne auf die Knie und schrie vor lauter Verzweiflung.

Verzweiflung. Schuld. Sie hatte Liam damals sterben lassen. Ja, er hatte Fehler gemacht aber das hatten sie alle. Er hatte es immer für seine Geschwister getan. Doch nachdem, was die Dame ihr offenbart hatte wusste sie, dass Avis der Grund für alles Elend war, das über die Geschwister Jones gekommen war. Sie war ein Mittel, welches die Dame sich zu nutzen gemacht hatte. „Es tut mir Leid", flüsterte sie mit einem letzten Blick auf ihren Bruder, der langsam zitternd aufstand, denn ein weißes Licht war erschienen und ein Schiff war auf der anderen Seite des Abgrunds zu sehen. Liam hatte es geschafft. Mehr bekam Avis allerdings nicht mehr mit.

Als sie erwachte stand sie in tiefer Dunkelheit. Dann hörte sie eine, ihr mittlerweile nur zu gut bekannte Stimme: „Willkommen im Reich der Schatten, Verlorenes Vögelchen."

Die Dunkelheit zog sich zurück und sie stand in einem dunklen Wald, der Neverlands Wäldern nicht ganz unähnlich sah. Dann materialisierte sich eine Gestalt aus dem schwarzen Nebel heraus. Es war die junge Frau. „Ich bedauere, dass es so lange gedauert hat, dich endlich hier begrüßen zu dürfen aber ich musste schließlich sichergehen, dass du auch die Richtige bist, um mir bei meinen Plänen zur Seite zu stehen." Sie lächelte.

Avis wollte etwas Fragen, doch wusste sie nicht so recht was.

„Wie wäre es, wenn ich dir erst einmal alles erzähle?"

„Das wäre ein Anfang", sagte Avis.

Die Frau streckte ihr die Hand entgegen: „Komm, ich zeig dir mein Reich. Du darfst mich gerne Fiona nennen, Liebes."

Once Upon A Time - Losing AverilWhere stories live. Discover now