Ein neuer Kurs

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Auch, als sie schon lange über den Wolken hinweg flogen, konnte Averil es immer noch nicht richtig glauben. Sie flogen wirklich und wahrhaftig. Es war nahezu unmöglich aber trotzdem taten sie es. Sie fand es wunderschön. Auch die Mannschaft, die zwar von Liam erklärt bekommen hatte, was es mit dem Segel auf sich hatte, bekamen ihre Münder vor Staunen nicht mehr zu. Unter ihnen zogen dicke Wolken, nur ab und an erhaschte sie einen Blick auf das tiefblaue Meer, das winzig kleine Wellen schlug.

Liam genoss den Anblick der Staunenden eine Zeit lang, bevor er wieder Befehle erteilte: „Genug gestaunt, Männer! An die Arbeit, wir haben einen neuen Kurs!"

Irgendwann trat Averil von der Reling zurück und wanderte über das Deck des Schiffes. Auf einer Seite standen aufgetürmte Kisten und Fässer. Averil setzte sich zwischen sie und starrte verträumt hinaus in die Ferne. Sie flogen lange. Killian hatte nun das Steuer übernommen und Liam hatte sich unter Deck zurückgezogen, um den Landgang zu planen, wie er sagte. Averil fragte sich allerdings wo sie hier an Land gehen sollten. Sie befanden sich schließlich in luftiger Höhe über dem Meer. Oder flogen sie über Land? Sie wusste es nicht und selbst, als sie nach unten blickte, sah sie nur das Weiß der Wolken unter ihnen. Aber im Moment war es ihr egal, sie hatte ihr Ziel erst einmal erreicht. Sie war fort, weit entfernt vom Königreich, Cameron und der Verlobung.

„Und, wie gefällt es dir?", sagte eine Stimme hinter ihr und Arme legten sich um sie.

Erschrocken drehte sie ihren Kopf, sie hatte nicht erwartet ihm hier zu begegnen. Cameron.

Er lächelte sie an: „Hey, ich bin's nur, keine Angst!"

Averil zwang sich zurück zu lächeln: „Ja, ähm...ich hatte nur nicht erwartet dich hier zu treffen..."

„Ich bin als Matrose hierher versetzt worden...", er klang sehr stolz.

Cameron war 4 Jahre älter als sie und war Emilias Sohn. Sie hatten sich vor einigen Jahren kennengelernt, als Liam Emilia zum ersten Mal gebeten hatte, auf Averil aufzupassen. Allerdings schien Cameron immer schon mehr Interesse an ihr zu haben, als sie an ihm. Trotzdem hatte er vor einem Jahr bei Liam bereits um ihre Hand angehalten, immer wenn sie ihn sah musste sie daran denken. Da ihre Eltern tot waren und ihre großen Brüder für sie sorgten und Liam zu so etwas wie einem Vater geworden war. Zu Averils Leid hatte Liam diesen Antrag nicht abgelehnt, weil Cameron zum einen sehr reicher Abstammung war und er ihn zum anderen schon sehr lange kannte. Sie mochte Cameron, ja, aber heiraten wollte sie ihn nicht. Nicht unbedingt. Er hätte sie zuerst fragen sollen und nicht Liam. Generell waren die Umstände ungünstig gewesen.

Killian war derjenige gewesen, der ihr von Camerons Antrag erzählt hatte. Weder Liam noch Cameron hatten es ihr erzählt. Averil war so schockiert und sauer auf die beiden gewesen, dass sie sich die ganze Nacht lang bei Killian ausgeweint hatte.

„Averil, ich...", begann Cameron vorsichtig, doch Killian unterbrach ihn.

Killian war, was die Hochzeit anging, auf ihrer Seite. Er stand auf der anderen Seite und zog mit einigen anderen an den Tauen: „Farewhynn! Die Segel setzen sich nicht von allein! Wir befinden uns im Landeanflug", rief er übers Deck.

„Ich muss wieder an die Arbeit, wir reden später", Cameron lies von ihr ab und sprang auf.

Erleichtert atmete sie auf und bedankte sich mit einem Nicken bei ihrem Bruder. Dieser übergab das Tau an Cameron und trat zu ihr, stellte sich neben sie und sie blickten wortlos über die weite Wolkendecke, bis Liam wieder das Deck betrat.

„Wenn wir unten ankommen wird mich nur mein kleiner Bruder begleiten! Ihr anderen wartet hier!", erklärte er der Mannschaft.

„Aber wo werden wir landen?", fragte ein junger Matrose, doch Liam ignorierte ihn.

Langsam kam Liam auf seine Geschwister zu und stellte sich zu ihnen. Averil spürte die Anspannung zwischen ihnen. Er hatte gewusst, dass Cameron ebenfalls an Bord war und er schien auch zu wissen, dass sie es nun auch wusste.

Nach einiger Zeit durchbrach Killian die unerträgliche Stille: „Liam, wo werden wir landen?"

„Am Ende der Welt. Und wenn es so ist, wie man sich erzählt ist es das Paradies!", beantwortete Liam seine Frage, ohne den Blick von der näher kommenden Wolkendecke unter ihnen abzuwenden.

Als sie die Wolken durchbrachen und sich bereit zur Landung machten kam eine grüne Insel in Sicht. Das sollte also das Paradies sein. Averil war gespannt auf das, was sie dort erwarten würde.


Once Upon A Time - Losing AverilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt