Erkenntnisse

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Avis hatte keine Lust ins Lager zurück zu gehen. Stattdessen wanderte sie in die entgegengesetzte Richtung. Hinunter in die Bucht.

Ihre Füße versanken in dem weichen Sand und das Meer spiegelte die funkelnden Sterne am Nachthimmel wieder. So vieles hatte sich an diesem Strand schon abgespielt. Avis hob ihren Kopf und verlor sich beim Anblick der Sterne in Gedanken. Sie verfolgte mit dem Kopf eine Sternschnuppe, die hinter den dunklen Silhouetten der Bäume verschwand. Die dunklere Silhouette einer Person hob sich plötzlich klar von den Schemenhaften Bäumen ab. Als sie näher kam erkannte sie Felix der sie triumphierend anlächelte.

„Er ist wieder da", sagte er nur.

Doch es war genug, denn sie verstand sofort wer gemeint war. „Wo befindet er sich jetzt?"

„Da liegt das Problem", er stockte kurz und fasste sich an seine Stirn. „Hat mich überwältigt. Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so gut erinnern würde..."

Avis unterbrach ihn: „Natürlich erinnert er sich. Wir waren seine Familie. Du, ich, Pan und Bae. Und jetzt sieh was aus uns geworden ist." Sie machte eine Pause und schüttelte den Kopf. „Bae hat erkannt, was Pan für ein falsches Spiel mit uns spielt, er hat uns verlassen als er noch die Möglichkeit hatte. Weißt du, Felix, mittlerweile glaube ich, dass er das Richtige getan hat." Sie trat nah vor Felix und schaute ihm tief in die Augen. „Wir stecken da viel zu tief drin."

Felix hatte reden lassen und ihr ruhig zugehört, sich nicht einmal bewegt doch nun nickte er langsam: „Du hast Recht. Dennoch sind die Jungs meine, unsere Familie. Pan hat uns zusammengebracht. Wir sind ihm was schuldig." Er wandte sich von ihr ab und ging zurück zwischen die Bäume. „Los, komm schon!"

Schweigend und nahezu lautlos liefen sie hintereinander her durch das Dickicht. Sie waren nichts weiter als zwei Schatten.

Im Camp angekommen wurden sie von einer ausgelassenen Stimmung begrüßt. Mitten unter den Jungs befand sich zu Avis Überraschung auch Henry. Felix zog sie am Arm hinter sich her zwischen die tanzende Menge. Für einen Moment vergaß sie die jüngsten Ereignisse und hatte zum ersten Mal seit langer Zeit wirklich Spaß.

Doch plötzlich ging ein Raunen durch die Gruppe und allmählich hörten alle auf zu tanzen.

Avis Blick fiel auf Henry. Sein Gesicht war angsterfüllt und er stolperte langsam rückwärts. Dann erkannte sie auch warum: Lewis hatte Henry angegriffen und drohte ihm nun. Kläglich versuchte Henry sich zu verteidigen. Auch die Augen der anderen Jungs waren auf das Schauspiel gerichtet, das sich ihnen bot.

Lewis stieß Henry zu Boden, doch wie aus dem Nichts ertönte Pans Stimme vom Rand der Lichtung: „Nicht übel!" Alle Blicke wandten sich zu ihm um. Es war ofensichtlich wie sehr Pan die Situation genoss. Denn er stieß sich elegant von dem Baum ab, an den er sich gelehnt hatte und trat zwischen die Kämpfenden: „Aber wäre es mit echten Schwertern nicht viel lustiger?"

Henry wirkte verwirrt: „Ich habe noch nie ein echtes Schwert benutzt!"

„Dies ist Neverland, du hast das Herz des am innigsten Glaubenden. Du kannst alles benutzen", Pan ging langsam um Henry herum, stellte sich hinter ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter, mit der anderen, gab er ihm den Stock wieder, mit dem Henry beim Versuch sich zu verteidigen, gescheitert war. „Schließ die Augen und glaub, du hältst ein echtes Schwert."

Henry gehorchte und Pan trat einen Schritt zurück. Als sich der Stock tatsächlich in ein Schwert verwandelte ging ein erstauntes Raunen durch die Gruppe Verlorener Jungs und auch Pan war erstaunt. Jetzt war es eindeutig: Henry war derjenige, der Pan, Avis und Neverland retten konnte.

Pan hatte sich wieder gefasst: „Worauf wartest du? Los!"

Henry zögerte nicht, sondern griff Lewis sofort an, der einfach nur zurück wich und schließlich von Henry in die Ecke gezwängt wurde.

„Greif an, Henry!", feuerte Pan ihn an und die Jungs jubelten, als Henry schließlich angriff und Lewis verletzte.

Sofort ließ Henry das Schwert fallen und begann sich bei Lewis entschuldigen: „Tut mir leid! Das war ein Versehen..."

Pan ging dazwischen: „Henry, weißt du nicht, was das Beste, am Verlorener-Junge-Sein ist?", er machte eine Pause und sein Blick traf auf Avis: „Wir entschuldigen uns nie!" Er hob das Schwert auf und gab es Henry ein zweites Mal zurück, „Applaus!"

Die Jungs jubelten und riefen. Avis war jedoch wie erstarrt. Er hatte es zu ihr gesagt, sie war gemeint gewesen und nicht Henry.

Pan schaute erneut Avis an. Er schien zufrieden, Henry war leichtsinnig und schenkte Pan immer mehr Vertrauen. Das war gut für sie, denn wenn er handelte, ohne über die mögliche Konsequenzen nachzudenken, würde er wahrscheinlich auch das tun, was Pan von ihm verlangte, solange er ihm nur genug Lügen erzählte.

Von wegen, dass er damit ganz Neverland und die Leben der Verlorenen Jungen retten würde... Ihr war in der Bucht endlich bewusst geworden wer von Henrys Opfer profitieren würde. Pan, einzig und allein Pan. Die Verlorenen Jungs und sie waren bloß Zeitvertreib und nützliche Hilfsmittel. Sobald er sein Ziel erreicht hatte würde er endlich zeigen, wer er wirklich war. Selbstsüchtig, hinterhältig und manipulativ.

Once Upon A Time - Losing AverilWhere stories live. Discover now