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Wir haben es eim Voting direkt auf Platz #1 geschafft! Ich bin euch so unendlich dankbar!

Harry

Da standen wir also, bereit, den Kampf unseres Lebens zu beginnen.

Mein Blick auf die Stadt, die uns in den nächsten Minuten und Stunden das Leben kosten könnte.

Wir hatten uns den ganzen Morgen ausgerüstet, Pläne geschmiedet und vor allem gezittert vor Angst.

Seit die Sonne aufging, war es still im Platoon. Alle wussten, es würde schwer werden, nicht zu sterben.

Aber noch immer wussten nicht genug, wie schwer es wirklich werden würde.

Ich schloss die Augen für einen kurzen Moment, als die Truppe sich aufstellte. Tief atmete ich ein, und wieder aus. Der Geruch war wie immer der Gleiche. Verbranntes Benzin der Panzer und Angstschweiß.

Der Wind war still, das Wetter stand also auf unserer Seite. Oder auf der Seite der Deutschen. Heute gab es kein Gut oder Schlecht mehr. Alle Grauzonen waren nonexistent. Wir befanden uns einzig im schwarz.

Ich schlief letzte Nacht genau zwei Stunden und träumte Schreckliches. Einhundert Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab, die heute passieren könnten. Und einhundert davon endeten mit unser aller Tod.

Irgendwo hörte ich Liam leise beten.

Aber ich konnte nicht zuhören. Meine Gedanken waren in der Zukunft. Ich dachte an Anne, die ich nicht einmal beschützen konnte, denn Pattons und Joseph würden sie mit sich nehmen. Das Einzige, das mich beruhigte, war dass sie sich im Hintergrund halten würden, während wir als Bodentruppe vorne gingen, um die die Offensive zu beginnen.

Ich sagte Pattons, offensiv kämpfen, wäre unser aller Verderben. Er hörte nicht auf mich.

„Bist du bereit?", fragte mich jemand von der Seite, was mich die Augen wieder widerwillig öffnen ließ. Es war Keith, der mit neutralem Ausdruck zur Stadt sah. Diesmal trug er eine Thompson anstatt eine Sten um die Schulter.

„Nein", antwortete ich.

Er atmete tief durch. „Okay. Ich bin es auch nicht."

Unsere Situation schien so aussichtslos, dass ich einen Moment darüber nachdachte, mich zu erschießen, bevor es jemand anders tun konnte.

Aber dieser Gedanke verflog sofort, als ich Annel sah, die auf mich zugetrottet kam. Ihr Kopf hing nach unten, ihre Augen waren stets rot vom Weinen und ihre Blicke sprachen Bände. Sie hatte schreckliche Furcht, vor allem musste sie Anne zurücklassen.

Wer wusste, ob die beiden sich noch einmal wiedersehen würden, wenn wir einmal losmarschiert waren. Auf jeden Fall hatte ich vorhin schon beobachtet, wie Anne sich tränenreich von ihrer Schwester verabschiedete, ihr aber immer noch Mut machte. Was hätte sie auch anderes tun sollen?

Doch ich hatte genug getrauert. Die Zeit war gekommen, jemand zu sein, der ich noch vor mehreren Monaten war. Ein Teil dieser Infanterie.

„Also Männer!", schrie ich deswegen durch die Gruppe, die mit mir vorlaufen würde, als alle immer näher kamen.

Als ich mich zu ihnen drehte, spiegelte sich Todesangst in ihren Gesichtern. Niemand wollte hier weg.

„Lasst die Köpfe nicht so hängen, haltet stets die Augen offen! Wir laufen los!"

Kleinfüßig setzten sie sich in Bewegung. Ich sah ein letztes Mal zu Patton, Joseph, Walt und Anne, die hinten standen und warteten. Joseph nickte mir zu und ich deutete es als ein „Viel Glück, Leutnant". Ich nickte zurück. Viel Glück, Joseph.

My Own LiberatorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt