Freier Fall - OS

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Tarek war ganz unten. Das war eine Tatsache. Tiefer konnte er nicht fallen, dabei fühlte es sich immernoch so an, als würde er hinabstürzen. Michelle war ihm fremdgegangen und er hatte sich mit seiner Band deswegen gestritten. Jeder meinte von Anfang an, er solle sich nicht die Finger an dieser Frau verbrennen. Als ob ihn das auch nur im Mindesten interessiert hätte. Ohne es zu wissen, hatten sie damit alles nur noch schlimmer gemacht. Dadurch wollte er sie nämlich um jeden Preis. Sie war gefährlich, was sie unfassbar attraktiv machte, ungeachtet dessen, dass sie eigentlich nur eine schöne Frau war, deren mieser Charakter ihr ohnehin schon kaltes Herz vor Jahren eingefroren hatte.
Er vermisste sie. Vermisste es, mit ihr vor den Bullen wegzurennen, wenn sie mal wieder eine nagelneue U-Bahn besprüht hatten; vermisste es, wie sie vor lauter Eifersucht manchmal einfach ausgerastet war, wie er sie dann in den Arm genommen hatte und ihr versprach, dass alle anderen blöden Weiber ihm nichts bedeuteten. Er wusste, dass es gar nicht stimmte, dass er immer anderen hinterherstarren würde. Tarek vermisste es, wie sie zusammen jede erdenkliche Droge ausprobierten und während des Trips entweder Sex hatten oder sich anbrüllten. Man konnte nie vorhersagen, was im Anschluss kam. Tarek vermisste den Nervenkitzel in ihrer Beziehung. Das Knistern, das die adrenalingeladenen Explosionen ankündigte; vermisste, wie sie nur in seiner Nähe gelacht hatte.
Jetzt war es vorbei.

Müde wählte er die Nummer seiner besten Freundin.
"Ach, Teddy", meldete Iara sich seufzend. "Michelle war eine Schlampe. Mir tut es leid für dich, dass du so mitgenommen bist, aber du kannst froh sein, dass du diese Plage von Frau los bist."
"Hast du Zeit?", ging er nicht darauf ein. Wegen dieser Vertröstungen hatte er nicht angerufen.
"Tarek, ich hab dich lieb, glaub mir. Es ist nur so: Ich bin in Bielefeld bei Hardy und der Zug, ich hab gerade nachgeschaut, fährt erst morgen wieder nach Berlin."
"Kannst du nicht mit dem Auto herfahren?", bettelte er.
"Das geht nicht, es ist niemand wach. Und ich darf nicht ohne Begleitperson fahren, allzu lange hab ich den Führerschein ja noch nicht. Vorhin hab ich aber mit Maxim gesprochen. Geh zu ihm, der schleppt dich in den nächsten Club, dort wirst du hoffentlich Ablenkung finden. Schmeiß nicht zu viel Scheiße ein, okay?", bat sie ihn.
"Ich überprüf das mit den Zügen", knurrte er.
"Mach das", gähnte sie.
Tarek schätzte es sehr an Iara, dass er sich für diese Freundschaft mit ihr eigentlich ständig ins Zeug legen musste. Ihre Liebe bekam man nicht einfach nebenbei in den Arsch geschoben. Sie zeigte ihm, wann sein Selbstmitleid fehl am Platz war und umgekehrt verhielt es sich genauso. Ohne Iara würde sein Leben anders aussehen. Wahrscheinlich würde er längst wieder im Knast sitzen.
"Teddy, bist du noch dran?", erkundigte sie sich am anderen Ende der Leitung.
"Ja, bin ich. Was hab ich davon, wenn ich zu Maxim gehe?", stöhnte er angespannt.
"Hm, lass mich überlegen, Drogen, Gesellschaft, Schutz, Spaß, -"
"Ja ja, schon gut", unterbrach er sie. "Ich fahr zu ihm."
"Braver Teddy", lobte sie ihn.
"Sei ein braves Iara und schlaf weiter", ätzte er ironisch.
"Tarek."
"Was denn?"
"Morgen ist Michelle vergessen, ich versprech's dir, verstanden?"
Perplex starrte er auf sein Handy. Diese vier banalen Worte von ihr gerade hatten tatsächlich gewirkt. "Wie kommst du bloß auf den Scheiß?", schüttelte er den Kopf.
"Nur so ein Gefühl." Und er konnte sie durch das Telefon schmunzeln hören.
"Ich leg auf", verkündete er und ließ seinen Worten direkt Taten folgen.

Als Maxim die Tür öffnete wurde Tarek bei dem breiten Grinsen, das sein Gegenüber aufgesetzt hatte, nervös.
"Du kommst genau richtig. Leute, schaut mal, wer da ist!", rief er in die Wohnung und Nico und Sil-Yan winkten vom Esstisch aus.
"Was soll das werden? Eine Intervention?", knurrte Tarek.
"Wozu? Michelle ist doch weg, das heißt, die hast du nicht mehr nötig", spottete Nico.
"Wusste Iara, dass ihr hier versammelt seid?" Tarek war ein wenig sauer, dass sie ihn dann einfach ins offene Messer laufen ließ. Sie kannte schließlich seine Beschwerden über die dauernde Einmischung der Jungs. Überhaupt, vielleicht sollte er jetzt gleich überprüfen, ob sie ihn vorhin am Telefon nicht angelogen hatte, und die Züge aus Bielefeld in Wirklichkeit doch fuhren.
Maxim schüttelte aber den Kopf und räumte damit seine Zweifel aus.
"Ich habe nur gesagt, dass ich mir Sorgen um dich mache und sie dir ausrichten soll, dass du jederzeit zu mir kannst, wenn über dir mal wieder alles zusammenbricht. Von allein wärst du ja nie aufgetaucht", zwinkerte er.
"Wir sind nur da, weil wir uns beraten wollten, was wir mit dir in deiner derzeitigen Verfassung anstellen könnten", erklärte Sil-Yan.
"Gar nichts könnt ihr mit mir anstellen", murrte Tarek.
"Doch, wir können mit dir feiern gehen", widersprach Maxim und ehe er sich versah, schob man ihn ins Treppenhaus. Die anderen purzelten hinterher. Tarek wurde auf die Straße geschubst und von seinen drei Freunden in den nächstbesten Club bugsiert. Dass er dort die Liebe seines Lebens kennenlernen würde, wusste er in dieser Sekunde nicht.
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Guten Morgen, liebe Sorgen! Obwohl ich für diesen OS noch zwei Tage Zeit gehabt hätte, muss ich ihn jetzt hochladen. Ich fliege gleich am Montag nach Lissabon und weiß nicht, wie's dort mit dem Internet steht, deswegen also verfrüht: Alles Gute zum Geburtstag, letsfndm! Du bist ein wundervoller Mensch und eine talentierte Autorin. Ich könnte nicht an zwei Händen abzählen, wie oft du mir schon über Schreibblockaden hinweg geholfen hast ♡ Danke, dass du immer da bist, wenn ich dich brauche.
Wenn ich ehrlich bin, bin ich noch nicht wirklich zufrieden mit diesem Oneshot, aber um die Idee weiter auszubauen, müsste ich sie vermutlich einige Monate beiseite legen und das passt dann wirklich nicht mehr vom Datum her. Deshalb bekommst du diese kurze Episode über den Vormittag eben jenes schicksalhaften Tages, an dem Tarek und Jenn sich im Club kennengelernt haben. Und wenn wir schonmal dabei sind, kann ich ja vielleicht auch einige meiner Leser, die die Geschichte noch nicht kennen, begeistern, bei Alles begann im Club reinzuschauen. Die Ff bezieht sich hauptsächlich auf Tarek von K.I.Z, aber auch 187-Fans kommen auf ihre Kosten, genauso wie diejenigen, die meine Soap vielleicht vermissen, denn Alles begann im Club und Zehnermomente sind eng miteinander verknüpft ;) Ich wünsche euch viel Spaß auf letsfndms Profil. Schaut rein bei ihr, ihr werdet es nicht bereuen.

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