4. Türchen // Vespäteter Adventskalender

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Hey, meine liebe maoleo, hier ist endlich dein OS. Ich habe meine Charaktere Joko und Alena aus meinem Original Mein großer Bruder Mio ausgetüftelt, aber ich würde gerne noch einen OS mit deinen Charakteren, Raphael und Edita, schreiben. Ist das okay für dich? Den lade ich dann irgendwann in diesem Blog hoch. Nichtsdestotrotz wünsche ich dir jetzt erstmal viel Spaß. Deine drei Wörter hielten vielfältige Inspirationen für mich bereit, ich hatte zwei Dinge angefangen, mich aber letztlich hierfür entschieden, obwohl die Figuren nicht kennst. Teil mir gerne deinen Eindruck von ihnen mit, das gilt natürlich auch für alle anderen, die das hier lesen.

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Ich wusste, welche Frage sie stellen würde. Ihre Lippen öffneten sich in dem Moment, in dem ich sie auf der Couch registrierte; eingemurmelt in die babyblaue Decke, die sich gegen das geschmackvolle, nussbraune Wildleder abhob, aber mit ihrem Pyjama in Pastellfarben harmonierte. "Wie geht's Jared?"
"Gut", antwortete ich knapp. Sie wollte ohnehin nicht mehr hören. Still hing ich meinen Schlüssel an dem rechten der beiden Nägel auf, die ich nach unserem Einzug stupide in die Wand neben der Tür gehämmert hatte.
"Hattet ihr Spaß?"
Resigniert fuhr ich mir durch die regennassen Locken. Ich stellte mich hinter Alena und begann ihre Schultern zu massieren, ohne auf ihre provokante Frage zu einzugehen. Sie war offensichtlich aufgeladen. Die leere Weißweinflasche, neben der nur ein einzelnes Glas stand, ließ keinen Zweifel daran, dass sie betrunken war. Auf Spotify hatte sie Jareds Lieder geöffnet.
"Ally, du wolltest das nicht mehr tun", sagte ich leise. In letzter Zeit konsumierte sie die Eifersucht einfach. Unwissentlich näherte sie sich charakterlich Jared an. Dabei hatte sie versprochen, nie verzweifelt an ihrer Persönlichkeit zu schrauben, sodass sie der einzige Mensch auf dieser Welt wäre, der mich sättigen könnte.
"Hoffentlich sagst du dir das jeden Tag, jedes Mal, wenn du in den Spiegel siehst: Ich wollte das nicht mehr tun", äffte sie mich nach.
"Und was ist mit dir? Vergisst du denn jedes Mal, dass ich dich liebe, wenn du in den Spiegel siehst?", erwiderte ich ruhig. Mir fehlte schlicht die Energie, vor ihr auszurasten. Zumal ich mich im Nachhinein immer dafür schämte, wenn ich auch nur die Stimme gegen sie erhob.
Überraschend anhänglich schlang sie auf einmal ihre Arme um meinen Hals, glitt auf die Knie und sah mich aus ihren unschuldigen, blauen Augen an. "Manchmal glaube ich, ich kann es doch nicht", flüsterte sie kaum hörbar. "Ich kann dich nicht ertragen."
Ihre Worte trafen mich. Fünf Schüsse durchs Herz. "Ally, du hast getrunken", versuchte ich sie von mir zu lösen, doch meine Freundin vergrub lediglich ihr Puppengesicht an meiner Brust.
"Du riechst nach Nougatlikör", nuschelte sie in meinen Pullover.
Ich atmete zitternd aus, als sie plötzlich mit den Fingerspitzen an der Innenseite meines rechten Oberschenkels aufwärts trommelte. Ich liebte alles an Alena, aber ihre dauerhaft perfekt lackierten Fingernägel waren eins meiner liebsten Details ihrer mädchenhaften Erscheinung. Die filigranen Ringe an ihren Fingern, die goldenen und silbernen Armbänder; und der Verlobungsring, der von mir stammte. Ihr Schmuck war schon immer das Letzte gewesen, das Ally vor dem Schlafengehen abnahm.
"Wenn du bei Jared bist, ist die Wohnung so groß und leer." Sie küsste meine untere Bauchpartie, direkt am Übergang in intimere Gefilde, und ich spürte, wie mich die Liebe zu ihr zeitgleich heftig durchflutete. Mein ganzer Körper wurde mitgerissen in diesem Strudel. Im nächsten Moment hatte ich meine Hand an ihren Kopf gelegt.
"Joko, ich brauche dich", säuselte sie. "Geh nicht wieder zu ihm."
"Ich brauche euch beide", stoppte ich sie, hob ihr Kinn an und küsste sie härter als gewollt, den Umständen geschuldet. Sie kehrte unbeirrt zurück in ihre ursprüngliche Position küsste immer wieder meine Hand, mit der ich dankbar über ihre Wange strich ...
"Ally", sank ich schließlich neben ihr aufs Sofa.
"Ja?"
"Du musst mich nicht verstehen, um mir Verständnis entgegenzubringen."
"Das ergibt keinen Sinn, Joko", prallte meine Pseudo-Philosophie an ihr ab. "Hier hast du eine Wahrheit: Du musst mich nicht heiraten, du könntest Jared heiraten."
Sie war also doch noch beleidigt. "Gott, Ally. Hörst du mir je zu?" Müde schloss ich die Augen. "Jared weiß, dass er aller Voraussicht nach nicht ewig mein Boy-Toy sein wird. Er weiß, dass ich dich heiraten werde, weil du die Konstante in meinem Leben bist, weil ich dich liebe, obwohl ich es dir anscheinend niemals beweisen kann. Mir ist die Band und der Ruhm egal, mir sind meine Familie und mein ganzer Haufen Freunde egal, aber du bist der wichtigste Bestandteil meiner armseligen Existenz. Die Affäre mit Jared hat rein gar nichts mit Treue zu tun; du weißt genau, dass ich mich dir gegenüber loyal verhalte, in Anbetracht meiner Störung."
"Deiner Störung? Ich weiß, du wärst gerne was Besonderes, aber du übertreibst nur, das ist deine einzige Störung." Ein Lächeln hatte sich auf ihre Lippen geschlichen. Mit Charisma gesegnet zu sein hat seine Vorteile. Sie steckte mich sogar an mir ihrer aufgebesserten Laune, als sie anfing, mich am Kinn zu kraulen.
"Sind wir cool?", fragte ich.
"Entschuldige", meinte sie kleinlaut und küsste mich.
"Dafür nicht. Ich weiß, ich bin furchtbar."
"You wish."
"Ey, jetzt lass meine Komplexe intakt", maulte ich.
"Du solltest dir mehr Klamotten von Jared ausleihen, damit du dein Emo-Ich besser nach außen tragen kannst." Ally streckte mir die Zunge raus.
"Dafür kann ich genauso gut deine Gothic-Kleider aus der hinterletzten Ecke im Schrank zerren."
"Stimmt, die wollte ich aussortieren", erinnerte sie sich erstaunt.
"Warst du eigentlich in der Uni? Dein Laptop liegt noch auf der Frühstücksbar", wechselte ich das Thema.
"Nein, ich habe die Vorlesung geschwänzt, als ich aufgewacht bin, hatte ich Bauchweh. Das ging zum Glück irgendwann vorbei. Zum Mittagessen-Schrägstrich-Abendessen gab's bei mir Vietnamesisch, aber ich habe nicht alles geschafft. Falls du Lust auf vegane Ente hast, stehen die Reste im Kühlschrank."
"Jared und ich haben Pizza gegessen, und zwar nicht zu wenig. Ausnahmsweise bin ich ganz froh drüber, dass Silas und ich uns morgen um acht im Fitnessstudio treffen."
"Ein paar Pizzastücke rechtfertigen die unmenschliche Uhrzeit trotzdem nicht. Von welchem Planeten kommt Silas, was denkst du?", scherzte sie über unseren Drummer bei America's Circus.
"Keine Ahnung", grinste ich, "der Planet muss erst noch entdeckt werden."
"Da wir beide nicht mehr hungrig sind, was hältst du von einem spontanen Aufbruch ins Bett?", schlug sie vor.
"Nein", schmunzelte ich. "Ich will einfach nur mit dir quatschen, bis wir auf der Couch einpennen."
"Warum?"
"Weil mein Ehrgeiz mich heute das erste Mal nicht nachts noch ins Studio gezwungen hat, sodass ich mich zur Abwechslung mal mit dir und nicht bloß mit dem Mikro unterhalten kann."
"Sei nicht süß zu mir, sonst leidet die Authentizität deines Bad-Boy-Images darunter."
"Ach, richtig, süß sein ist deine Aufgabe."
"Du bist ein Idiot, Joko Hartwig", boxte sie mich leicht in die Seite.
"Das sage ich mir selbst, jeden Tag, wenn ich in den Spiegel sehe."

Nichts wichtigesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt