the end // free writing pt. 1

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Manchmal kommt man am Ende eines Romans an, nicht beim Lesen, beim Schreiben; und man sitzt vor all den Seiten, die man geschrieben hat. Man hat eine klare Vorstellung davon, was noch passieren soll, aber desto länger man darüber nachdenkt, umso mehr erkennt man, dass diese Vorstellung gar nicht so glasklar ist, wie sie einem scheint. Ich sitze hier an meinem Schreibtisch und versuche die Fanfiction zu beenden. Ich weiß, was ich will, ich weiß, wie ich es will, aber meine Finger wollen es einfach nicht tippen. Damit ich vielleicht gleich im Anschluss weiterschreiben kann, widme ich mich hier dem Free Writing, einer Methode, die ich in einem Seminar an der Uni kennengelernt habe und die mir eventuell helfen kann, meinen Fokus, meine Fähigkeit zu schreiben, wiederzufinden. Im Grunde geht es beim Free Writing um nichts anderes als den Gedankenfluss, den man auf (virtuelles) Papier bannt. In diesem Augenblick schreibe ich nichts anderes, als ich denke. Ich versuche mich nicht auf Formulierungen zu konzentrieren und auch nicht auf Schreibfehler, wobei Letzteres mir sehr schwerfällt, ich habe so lange gebraucht, um die deutsche Sprache auf dem Level zu erlernen, auf dem ich sie heute spreche, das es für mich oft einfacher ist, einen Fehler direkt zu beheben, wenn ich ihn mache. Die Leute, die privat mit mir schreiben, werden wissen, dass ich selbst in solchen kleinen Nachricht, so alltäglich die sein mögen, auf Grammatik und Rechtschreibung achte. Es stresst mich zu sehen, dass ich einen Fehler gemacht habe und ich korrigiere mich fast immer, es sei denn, ich bin wirklich sehr müde und erschöpft.

Tut mir leid, dass das ein inhaltsloser Blogeintrag wird. Wobei "inhaltslos" ein Etikett ist, das nur ihr dem Ganzen verleihen könnt. Ich finde meine Gedanken nicht inhaltslos, wäre ja schlimm wenn. Möglicherweise kann ja der ein oder andere von euch etwas daraus ziehen, und wenn es nur die Free-Writing-Methode ist. Die funktioniert für mich, sie kurbelt zwar nicht immer meine Inspiration an, aber man schafft sich wenigstens seinen eigenen Schreibfluss und das gaukelt einem wiederum vor, dass die Blockade, vor der man steht, vielleicht doch nicht so unüberwindbar ist, wie man dachte. Blockaden sind prinzipiell so ein Ding. Ich hoffe wirklich, dass ich nicht in eine abrutsche. Ich habe den Epilog geschrieben und das letzte Kapitel bereits begonnen, aber mir fehlt das vorletzte. Was wirklich schade ist, weil ich gern anfangen würde zu veröffentlichen, mir aber vorgenommen hatte, es diesmal anders zu machen; mir selbst eine Herausforderung zu setzen, die da lautet: Du veröffentlichst erst, wenn du die Geschichte fertiggeschrieben hast. Dabei habe ich Ideen für das tatsächliche Buch, dass ich schreiben möchte. Oder na ja, was heißt Ideen? Ich habe einen groben Anfangssatz. Das ist viel wert, jeder der schreibt kann das wohl bestätigen. Erste Sätze sind wichtig, sie sind genauso wichtig wie letzte Sätze, aber oft kenne ich den letzten Satz einer Geschichte, bevor ich den ersten kenne. Ich ziehe die Dinge gerne andersrum auf, im Allgemeinen, nicht nur beim Schreiben.

Wisst ihr, vieles, was so auf Wattpad kursiert, macht mich nachdenklich. Ich weiß, dass ich es mir einfach mache, indem ich der Plattform treu bleibe. Es ist lang her, dass ich mich durch die Leute, die mir Feedback gegeben haben, im Schreiben verbessert habe. Meine Bauchpinsel-Community von damals hat Spaß gemacht und mein Selbstbewusstsein gepusht. Nur letzten Endes habe ich selten harte Kritik bekommen. Um ehrlich zu sein glaube ich nach wie vor, dass ich selbst meine größte Kritikerin bin. Dem widerspricht eigentlich nur, dass ich noch eine Fanfiction schreibe. Fanfictions sind nämlich Müll. Finde ich. Per definitionem. Sie folgen bestimmten Mustern, die Ideen sind oft wenig originell; sie sind etwas immer schon Dagewesenes, bloß in schlechter, weil eigentlich nur ein mieser Abklatsch der großen Romane. Einerseits habe ich also das Gefühl aus Fanfictions rausgewachsen zu sein, andererseits denke ich, aus dem Spaß und der Freude, die sie mir bereiten, werde ich wohl nie rauswachsen. Ich hatte so viel Spaß, diese Ff über SDP zu schreiben und eigentlich habe ich noch immer Spaß daran und werde weiterhin meine Freude damit haben. Durch eine andere Linse betrachtet sehe ich aber, das mich das in Wahrheit nicht voranbringt. Ich will einen dieser großen Romane schreiben, die ich oben erwähnt habe; ich möchte gute, moderne Literatur veröffentlichen und ich werde nie einen Fuß in die Tür der Verlage bekommen, wenn ich ihnen eine Fanfiction überreiche. Oder wahrscheinlich schon, siehe die Erfolge von "After" und "Fifty Shades of Grey", aber das könnte ich nie mit meinem Gewissen vereinbaren. Ich bediene in meiner jetzigen Ff die üblichen Klischees und damit möchte/muss ich aufhören.

Nuanciertere Charaktere würden dabei helfen und ich müsste wieder mehr lesen, mir Stoff anfüttern, Meisterwerke verschlingen, wozu ich keine Lust habe, weshalb auch immer. Vermutlich, weil es mich frustriert, dass ich einfach nichts zu Ende bringe. Ende ist so viel Commitment, zu viel für mich. Ich bin so freiheitsliebend, dass ich eine schlechte Autorin wäre, würde ich mich nicht so dazu zwingen, eine gute zu sein. Jede Geschichte verdient ein Ende, aber manchmal fühle ich mich nicht dazu in der Lage, eins zusammenzustricken. Bei mir gibt es irgendwie nur Enden ohne Anfang; und Anfänge ohne Enden.

Unterschätzt bloß nie, wie schwer es ist, ein Buch zu schreiben, wenn ihr es ernstnehmt. Ich konnte "Blau wie wir" nur durch jugendlichen Leichtsinn schreiben. Hey, 100 DIN A4 Seiten hingeklatscht, Titel draufgestempelt und ab dafür. Aktuell hat die Fanfiction an der ich schreibe, nur zum Vergleich, 225 Seiten. Sagen wir mal 220, wenn wir die Seitenumbrüche für die Struktur abziehen. Gehen wir noch davon aus, dass eine vollgeschriebene DIN A4 Seite sich in zwei DIN A5 Seiten umwandeln ließe, dann habe ich ein Buch mit 440 Seiten geschrieben. 440 Seiten, die Stunden meines Lebens, die in diese Fanfiction geflossen sind, kann ich nicht berechnen, dafür bin ich dann doch zu schlecht in Mathe. Es lohnt sich, wenn es euch unterhält und ihr dem Alltag entfliehen könnt. Aber irgendwie ist es auch fast ein selbstloser Akt. Diese Ff hat mich nichts gelehrt, was ich nicht schon wusste, ich mache mir beim Schreiben nur Dinge nochmal deutlich bewusst, die ich eigentlich schon über mich weiß. Das Schreiben ist für mich kein Bestandteil der Selbstfindung, sondern der Selbstreflektion, das sind zwei unterschiedliche Sachen und beide sind unerlässlich für denjenigen, der ein erfülltes Leben führen möchte. Kurze Empfehlung am Rande: "Fangirl" von Rainbow Rowell hat es innerhalb kürzester Zeit auf der Liste meiner Lieblingsbücher weit nach oben geschafft, weil es mir den Spiegel vorgehalten hat und mir in mancher Hinsicht etwas über mich als Person beibringen konnte, was ich noch nicht wusste. Ich tendiere dazu, richtig klugscheißerisch zu werden, was meine Person angeht. Innerlich ist mein "Selbstsinn" stark ausgeprägt, ich habe nur so meine Schwierigkeiten, nach außen korrekt zu transportieren, wie ich bin. Leute interpretieren was ich sage und tue öfter mal falsch, und es zehrt an mir, denn wer will schon ein falsches Selbstbild vermitteln? - Ich nicht, ihr etwa?

Gerade habe ich einen Vlog auf YouTube gesehen. (Best Dressed über die NYFW, für die, die es brennend interessiert.) Und Ashley sagt: Egal, in welchem kreativen Feld ihr arbeiten wollt, wenn ihr es wirklich wollt, gibt es einen Weg, um reinzukommen.
Aber weil ich keinen Weg habe, frage ich mich automatisch, ob ich wirklich will. Die Antwort lautet: Ja. Ja, ich kann mir momentan nichts Besseres vorstellen als freischaffende Schriftstellerin zu sein, aber das "momentan", das stört nun mal. Was, wenn die Zeiten sich ändern? Was, wenn ich darauf warte, dass sich die Zeiten ändern und eine Chance verpasse? Was, wenn ich nie den Absprung von Wattpad in einen Verlag schaffe? Was, wenn ich nicht Andy Weir bin, sondern E. L. James? Gott, bitte lass mich nicht E. L. James sein.

Dann war's das jetzt wohl mit diesem leeren Gelaber. Ich wünsche euch einen frohen Ostermontag oder einfach einen schönen Tag und ich wünsche jedem von euch eine Tonne Selbstvertrauen, weil jeder das gebrauchen kann.

Nichts wichtigesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt