Co-Abhängigkeit, oder doch echte Gefühle?

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In der Wohnung angekommen, schliesse ich die Tür auf und begrüsse die friedliche Stille die mich willkommen heisst. Seit diesem schrecklichen Tag im September ist meine Wohnung zu einem Ort des Friedens und der Ruhe geworden. Hier fühle ich mich sicher und geborgen, im Gegensatz zu der Aussenwelt, in der ich mich schon vorher nicht zurecht gefunden habe. Danach schon gar nicht mehr, woran das liegt weiss ich nicht. „Willst du auch ein Glas Wasser?", fragt er mich. Ich habe gar nicht gemerkt, dass er die Tür zugemacht hat und in die Küche gegangen ist. Ich schüttle den Kopf und ziehe Jacke und Schuhe aus und gehe durch die Küche ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die kleine Ledercouch mit den abgenutzten grünen Samtkissen setze. Von denen ich mir eins nehme um es an meinen Bauch zu drücken, als wäre dies ein Wärmekissen das die Schmerzen lindert, die immer wieder meinen Körper quälen.

Schmerzen die nicht körperlich sind, sondern viel mehr geistiger Natur und die mit dem Erlebten zutun haben. „Geht es dir besser?", fragt mich Sam. Ich hebe den Blick und sehe, dass er einen Meter von mir entfernt steht. In seinem Gesicht kann ich lesen, dass er sich unsicher ist, ob er bleiben soll und aus Angst, dass er wider gehen könnte, sage ich etwas das ihn wie mich, überrascht. „Bitte, setz dich doch." Sam blinzelt ein paar Mal, ehe er sich neben mich setzt. Was bei meiner Kleinen Couch schon ziemlich nahe ist, dennoch fühlt es sich gut an. „Weisst du, ich träume jede Nacht davon. Höre die Schüsse und spüre wie die Kugeln meinen Körper durchbohren. Ich wache jede Nacht schreiend auf. Mackenzie meinte das ich mir deswegen professionelle Hilfe suchen soll." Ich bin froh, dass er den ersten Schritt getan hat, denn ich weiss nicht ob ich es geschafft hätte. „Und hast du?", frage ich nach. Sam sieht mich kurz an und schüttelt den Kopf.

„Ich war noch nicht bereit dazu...ich wollte zuerst andere Methoden ausprobieren. Und wie gehst du damit um?" Da fragt er gerade die Richtige, schiesst es mir durch den Kopf und lässt mich kurz lächeln. „Lächeln steht dir besser als Tränen", scherzt er und bringt mich zum Schmunzeln, was schnell erstirbt. „Ich träume auch jede Nacht davon. Ich kriege diese Bilder einfach nicht aus dem Kopf. Sie sind immer da, auch am Tag. Wenn ich an einem Mann vorbeigehe, der mich nur kurz ansieht, kriege ich Panik, weil ich ihn als einen der Täter erkenne. Ich weiss, dass das nur Einbildung ist und die nichts dafür können, aber die Angst ist real und immer da. Auch wenn ich die Augen schliesse und mir einrede in Sicherheit zu sein, so weiss ich doch, dass ich nie wieder in Sicherheit leben werde. Denn dieser Tag hat sich in mein Gedächtnis gebrannt und wird nie wieder weggehen", sage ich und stehe auf.

Gehe in Zimmer auf und ab und versuche die aufsteigenden Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Dabei spüre ich Sams Blick auf mir ruhen, doch ich kann den Blick nicht heben und ihn ansehen. „Und die einzige Frage, die ich mir stelle, ist, wieso ich überhaupt da war? Wieso war ich an diesem Tag auf diesem Platz und nicht bei der Arbeit, oder Zuhause. Doch dann sehe ich dich und weiss, dass es gut so war, denn sonst würdest du nicht mehr leben", sage ich und werde zum Ende hin immer leiser. Denn die Tränen brennen wieder heiss in meinen Augen und nehmen mir die Sicht auf diesen schönen Mann, der auf meiner Couch sitzt und mich mit seinen treuen blauen Augen ansieht. „Ich sehe dich überall, spüre dich überall, doch du bist nicht da und bloss ein Bild meiner Fantasie. Das ich heraufbeschwöre, wenn ich mir einrede, dass alles gut wird und, dass ich wieder ein normales Leben führen werde. Doch ich spüre tief in mir, dass ich nie wieder dieselbe sein werde. Ich spüre es hier, tief, tief in mir und frage mich, wieso es nicht weggeht. Wieso diese verdammten Bilder nicht weggehen", weine ich haltlos und raufe mir das Haar.

Meine Verzweiflung scheint ihn zu sorgen, denn er steht auf und kommt auf mich zu. Während mein Körper von grässlichen Schluchzern durchgeschüttelt wird, steht dieser grosse und hübsche Mann vor mir und weiss nicht was er tun soll. Und dann, endlich, nimmt er mich in die Arme, in die ich mich voller Kummer und Sorgen hineinkuschle und mich wie eine Ertrinkende an ihm festklammere. „Hey, ist schon gut", wispert er und streichelt mir über den Rücken. Berührt dabei immer wieder die freie Haut an meinem Nacken, was mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper jagt. „ Ich hätte schon viel früher kommen sollen, aber ich wusste nicht ob du das überhaupt wolltest und ich war mir nicht klar, ob ich überhaupt schon soweit war", redet er beruhigend auf mich ein. Schniefend löse ich mich von ihm und schaue in seine blauen Augen, spüre diesen Drang ihn zu küssen, ihm so nahe wie nur irgend möglich zu sein und das schlimmste an dieser ganzen Situation ist, dass es ihm genauso ergeht. Jedenfalls denke ich das, denn er sieht mir tief in die Augen und sein Gesicht kommt dem meinen immer näher. So nahe, dass ich seinen Atem an meinen Lippen spüren kann und als sie sich beinahe treffen, wir uns fast küssen, klingelt mein Telefon.

September - KEIN TAG OHNE DICHजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें