September - KEIN TAG OHNE DICH

Without you

Wie hypnotisiert starre ich Sam an, der nur wenige Meter von mir entfernt neben drei Männern steht, die ich nicht kenne. Er unterhält sich angeregt, als er lächelt geht mein Herz auf und ich kann fühlen, wie all die Gefühle und Erinnerungen wie eine Flutwelle über mir einstürzen. Sie spült mich fort, an einen Ort den ich nicht kenne. Und als sich einer der beiden Männer etwas wegdreht, fällt sein Blick auf mich.

Ich schlucke, denn mein Herz setzt für einen Moment aus und schlägt danach nur noch unregelmässig weiter. Alles scheint stehen zu bleiben, fühlt sich so an, als stünde ich unter Strom. Auch Sams Blick ist auf mich gerichtet, doch dann wendet er sich wieder den Männern zu und unterhält sich mit ihnen. Dennoch erkenne ich, dass er nicht mehr bei der Sache ist.

Seine Gedanken scheinen zu rasen, genau wie die Meinen. Ich habe keine Ahnung wie viel Zeit vergangen ist, doch als Sam sich von den Männern verabschiedet und diese zurück in den Saal gehen, bleibt er zuerst stehen. Scheint mit sich zu ringen, doch dann kommt er auf mich zu und ich bekomme langsam Panik. Ich frage mich weshalb wir uns genau hier über den Weg laufen. Und ob er das seltsam flaue Gefühl in meinem Magen ausgelöst hat. Als er vor mir stehen bleibt, sieht er mich unsicher an. Immerhin haben wir uns ein ganzes Jahr nicht mehr gesehen. Bei beiden ist viel passiert...

"Hi", begrüsst er mich zögerlich. Ich streiche mir eine Strähne hinters Ohr und kann gerade keinen klaren Gedanken fassen. Denn alles was ich im Moment tun kann, ist ihn anzustarren. Was mit Sicherheit keinen guten Eindruck macht, doch ich bin machtlos. Schlicht und einfach machtlos.

"Du siehst super aus, wenn ich das so sagen darf. Die kürzeren Haare stehen dir gut", stammelt Sam und lächelt mich unsicher an. Er trägt einen schwarzen Smoking, der ihm ausgezeichnet steht. Seine Haare sind kürzer und auch sein Bart ist weg, was ich gut finde. Er sieht jünger aus, allgemein sieht er sehr gut aus.

"Danke. Du aber auch", sage ich, als ich meine Stimme wieder gefunden habe. Sam lächelt und ich kann nichts dafür, das mein Herz einen Salto macht. Ich habe keine Ahnung was mit mir los ist, es fühlt sich gut an wieder in Sams Nähe zu sein. Auch wenn ich nicht so recht weiss, ob ich das gut finden soll, oder eher schlecht. Denn ich weiss überhaupt nicht was ich sagen, oder tun soll.

"Was machst du hier?", fragt Sam und reisst mich damit aus meinen Gedanken. Blinzelnd schaue ich zu ihm auf und will gerade antworten, als ich Vincent aus dem Augenwinkel sehe. Ich runzle die Stirn, als ob ich mich frage, was er hier denn macht. Doch wir sind hier bei der Arbeit, also ist es nur verständlich, dass er nach mir sieht. "Haylie?", höre ich Vincent sagen. Er bleibt neben mir stehen und mustert Sam eindringlich. Sein Blick durchbohrt Sam beinahe, was ihn aber nicht einzuschüchtern scheint. Im Gegensatz zu mir, denn ich fühle mich ertappt, als hätte mich Vincent bei etwas verbotenem erwischt.

"Ich hab dich nirgends gesehen, also dachte ich mir ich mache mich mal auf die Suche nach meiner Partnerin. Kaum auszudenken, was ich unserem Captain sagen müsste, wenn ich eine seiner besten Detectives verloren hätte und das noch dazu auf einer Spendengala", witzelt er. Doch ich spüre deutlich, dass er Sam damit klarmachen will, wer hier mein Begleiter für heute Abend ist. Was mich etwas überrascht, denn ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, was Vincent in mir sieht. Ich hatte immer angenommen, dass er in mir nur einen Frischling sieht auf den achten muss. Doch vielleicht ist da doch mehr? Ich weiss es nicht.

"Detective?", fragt Sam sichtlich überrascht. Ich schlucke und streiche mir das Haar aus dem Gesicht. "Ja, ich bin Polizistin bei der Metropolitan Police Service. Und das hier ist Vincent Keller, mein Partner", erkläre ich ihm und stelle Sam Vincent vor. Dieser mustert meinen Partner ebenfalls gründlich und streckt ihm danach die Hand hin. Vincent ergreift sie ohne zu zögern und stellt sich selbst noch einmal vor. "Woher kennen Sie Haylie?", fragt er. Ich schaue Sam warnend an, denn immerhin habe ich Vincent nichts von meiner und Sams Vergangenheit erzählt. Was mir jetzt als einen ziemlich grossen Fehler erscheint, doch im Nachhinein ist man immer schlauer.