Blind durch den Regen

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Als ich in Los Angeles lande, ist es bereits später Nachmittag. Zu meiner Überraschung ziehen einige graue Wolken am Himmel auf und verdecken die Sonne etwas. Doch es ist angenehm warm, was eine nette Abwechslung zu dem regnerischen Wetter in London ist. Mit einem Taxi geht's zu meinem Hotel, das zentral gelegen und damit etwas vom Strand entfernt ist. Ich bin froh den überfüllten Flughafen hinter mir zu lassen, die vielen Leute waren schon eine Belastungsprobe für mich. Der Flug war anstrengend und auch das Warten auf ein Taxi hat mein Nervenkostüm reichlich strapaziert. Ich freue mich also auf ein bisschen Ruhe. Dennoch schaue ich neugierig aus dem Fenster, schaue den Leuten zu, wie sie durch die Gegend laufen. Die meisten tragen ziemlich knappe Kleidung, was ihre Reize und Vorzüge betont. Ob dies nun Vorteilhaft ist oder nicht, sei dahin gestellt.

Der Taxifahrer stammt aus Indien und hat einen ziemlich witzigen Akzent. Er fragt mich ob ich das erste Mal in L.A sei. Ich nicke. „Wieso wissen Sie das?", frage ich lächelnd nach. Der Inder erwidert es und entblösst zwei schiefe Zahnreihen und seine Augen blitzen amüsiert auf. „Sie sind so weiss, dort wo Sie herkommen scheint die Sonne nicht so viel wie hier, stimmt's? Obwohl es heute auch eher nach Regen aussieht." Ich muss über seine Bemerkung lachen und bin froh, die Reise gemacht zu haben. Auch wenn sich bereits einen Klumpen in meinem Magen formt, der tonnenschwer ist und meine Zweifel ausdrücken soll, die mich eigentlich immer heimsuchen. Aber ich schiebe sie mit aller Kraft zu Seite und konzentriere mich auf das Geplapper des Taxifahrers. Er erklärt mir was ich wo finden kann, was ich ziemlich nett von ihm finde. Ich kann mir leider nur nicht alles merken, denn der gute Herr hat einen ziemlich schnellen Redefluss.

Trotzdem kann ich das eine oder andere übernehmen und merke es mir, hoffe ich zumindest. Als er vor dem Hotel hält, bezahle ich ihn und als er mir den Koffer herausgehievt hat, bedanke ich mich bei ihm für die vielen Tipps. Er zwinkert mir zu und als er wegfährt, geniesse ich die Wärme der Sonne, die trotz der etwas dichteren Wolken zu spüren ist. Ich betrete die grosse Lobby, die mit einigen Sesseln und einem grossen roten Teppich ausgelegt ist und gehe an den Empfang. Die Frau begrüsst mich freundlich und nachdem sie mir meine Karte gegeben hat, wünscht die junge Blondine mit den braunen Augen mir einen schönen Aufenthalt. Ich erwidere das Lächeln und gehe zum Aufzug und während ich auf ihn warte, frage ich mich wie es Tess geht. Als der hält und sich die silbrigen Türen geräuschlos öffnen, sehe ich, dass er recht klein ist und ich stelle mir vor, wie eng es hier drinnen wird, wenn sich noch vier weitere Personen hineinquetschen.

Doch ich bin die einzige, was mich echt beruhigt. Das Hotel ist jetzt kein fünf Sterne Luxusresort, sondern ein ganz einfaches Hotel das mich auf Anhieb angesprochen hat. Es wirkt gepflegt und sehr wohnlich, also genau das was ich brauche. Auch das Zimmer wirkt sehr sauber und aufgeräumt, also alles super. Seufzend schliesse ich die Tür und geniesse das Gefühl für mich alleine zu sein. Ich bin echt erschöpft, also gehe ich zum Fenster und öffne es. Der Lärm des Verkehrs ist zwar zu hören, doch das stört mich jetzt nicht so sehr. Bei mir Zuhause wohne ich auch an einer Strasse, der Lärm ist mir also sehr vertraut. Ich atme die frische Luft ein und setze mich danach auf mein Bett. Das Vibrieren meines Handys, reisst mich aus meiner kleinen Blase. Und als ich Tess Name auf dem Display aufleuchten sehe, formt sich sofort ein Lächeln auf meinen Lippen. „Hi Tess", begrüsse ich sie und höre wie sie mich mit ihrer quietschenden Stimme fragt, wie ich den Flug und die Anreise überstanden habe. Ich vermisse sie jetzt schon, es ist eigenartig so weit von ihr entfernt zu sein.

Doch ich schiebe dieses sentimentale Gefühl zur Seite und antworte ihr seufzend; „Ganz gut. Der Flug war anstrengend. Ich bin jetzt auf meinem Zimmer und froh darüber. Die ganzen Leute stressen mich doch noch etwas, ich bin halt noch nicht ganz über dem Berg", sage ich und versuche aufmunternd zu lächeln. Obwohl ich weiss, dass Tess es gar nicht sehen kann. Aber vielleicht hilft es wenigstens mir, mich daran festzuhalten, falls ich einen Rückschlag erleiden sollte. Was ja bei einer solch dicht besiedelten Stadt, gut möglich ist. Ich hoffe es nicht, aber ausschliessen kann ich es auch nicht. „Das verstehe ich und ich bin so stolz auf dich, meine Kleine. Wie ist denn das Zimmer so?", fragt sie und ich erzähle ihr wie es hier aussieht. Beschreibe ihr alles, den Flug, die Leute im Flieger und auch von dem indischen Taxifahrer. Was sie zum Lachen bringt, als ich ende, höre ich sie gerade etwas zu Liam sagen. „Er vermisst seine Patentante sehr", sagt sie, als hätte sie meine Gedanken gehört. „Ich vermisse ihn auch. Aber ich komme ja bald wieder zurück."

September - KEIN TAG OHNE DICHTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang