Kapitel 10

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Mit verschränkten Armen und einem mürrischen Gesichtsausdruck lehnte ich mich gegen die Wand vor Logans Unterrichtssaal. Allmählich beschlichen mich Gewissensbisse. Es war nur natürlich, dass ich verdammt sauer auf Logan war, obgleich ich keinerlei Anspruch auf ihn besaß. Ich war es dennoch.

Doch mir war klar, dass die Art und Weise, wie ich meinem Zorn Ausdruck verliehen hatte, nicht sehr rücksichtsvoll gewesen war, insbesondere meine Wut auch noch im Unterricht, vor den Augen all meiner Mitschülern an ihm auszulassen.

Vor allem, wenn man bedachte, dass ich Logan somit der Gefahr ausgesetzt hatte, aufzufliegen. Die feine englische Art hatte ich nicht gerade an den Tag gelegt. Ich seufzte. Ich konnte meinen Zorn darüber einfach nicht im Zaum halten. Zwar hatte ich aus unserer Diskussion heraushören können, dass er keinerlei Gefühle für diese Carry empfand, aber das konnte sich schnell ändern, wenn er sich öfters mit ihr traf. Mal ganz abgesehen davon fragte ich mich, weshalb er sich überhaupt mit ihr traf.

Entweder gefiel sie ihm und er wollte sie besser kennen lernen, oder aber er wollte seine männlichen Triebe befriedigen.

Bei beiden Theorien wurde mir übel.

Es klingelte, was das Ende von Logans Schulstunde ankündigte. Die Schüler kamen aus dem Saal herausgeströmt. Einige warfen mir schiefe Blicke zu, andere wiederum reckten anerkennend ihren Daumen in die Höhe und signalisierten mir, dass sie meine Aktion spitze fanden. Ich konnte nur hoffen, dass keiner von ihnen etwas ahnte. Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, wenn Logan seinen Job verlor. Wegen mir.

Poppy war eine der ersten, die herauskam. Unglauben spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider und bestürzt warf sie die Hände in die Luft.

»Heilige Scheiße, wer bist du und was hast du mit Drea gemacht?« Grinsend kam sie auf mich zu. Als ich die Anerkennung auf ihren Gesichtszügen erkannte, konnte ich mir den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen.

»Es ist einfach mit mir durchgegangen«, erwiderte ich und verzog schuldbewusst das Gesicht.

»Okay, dann sind es Drogen. Auf was bist du? Ich brauche unbedingt auch was davon«, kopfschüttelnd lehnte sie sich neben mich an die Wand.

»Die Droge heißt Logan Black und verursacht Wutausbrüche«, ich seufzte und legte den Kopf in den Nacken. »Gott, was habe ich nur angerichtet?«

»Jetzt hab dich mal nicht so. Das ist halb so schlimm. Ich bezweifle, dass jemand gemerkt hat, um was es bei eurem Gespräch wirklich ging Die meisten denken du hättest Black nur provozieren wollen. Sie finden deine Aktion klasse«, Poppy grinste breit. »Ich im Übrigen auch.«

»Wieso überrascht mich das nicht?«, fragte ich und lehnte meinen Kopf auf Poppys Schulter. In diesem Moment kamen Ruby und Danny aus dem Saal heraus geschlendert.

»Hey Drea, alles okay?«, Ruby sah mich besorgt an.

»Ja«, ich nickte. »Alles in Ordnung. Ich weiß auch nicht, was gerade mit mir los war.«

Rubys Augen verengten sich zu zwei Schlitzen. Sie warf mir einen argwöhnischen Blick zu. Wenn die anderen Schüler schon nichts bemerkt hatten, dann musste zumindest Ruby eine leise Vorahnung haben. Immerhin hatte sie mir gerade erst vor dem Unterricht davon erzählt, Logan mit einer Frau getroffen zu haben. Ich war mir absolut sicher, dass sie durchaus in der Lage war, eins und eins zusammenzählen zu können.

Gerade setzte sie wieder zum Sprechen an, als Danny ihr ins Wort fiel.

»Mann, Drea, weshalb hast du Black auch so provozieren müssen? Ich dachte wirklich er zerfetzt dich gleich in der Luft.« Danny sah mich aus seinen großen Schokoladenaugen aus an. Es überraschte mich, dass er mir keine schiefen Blicke zuwarf. Immerhin wusste auch er von der Sache zwischen Logan und mir. Er hatte vor zwei Monaten unglücklicherweise ein Gespräch zwischen Logan und mir mitbekommen. Es war das Gespräch gewesen, in dem Logan die Sache zwischen uns ein für alle Mal beendet hatte. Aus diesem Grund dachte Danny auch, dass das Thema Logan Geschichte war. Doch das war es nicht, zumindest was meine Gefühle anbelangte.

Please don't leave meWhere stories live. Discover now