Kapitel 30

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- POPPY II -

Poppy seufzte laut und pustete auf den dampfenden Kaffe in ihren Händen. Sie hatte absolut keine Ahnung, weshalb sie sich diese schreckliche Brühe herunter zwang. Es schmeckte nicht einmal annähernd nach Kaffee und außerdem hatte sie sich schon die Zunge daran verbrannt. Doch sie wusste einfach nichts mit sich anzufangen.

Sie hasste Krankenhäuser abgrundtief. Sie waren so verdammt steril und alle Krankenhäuser, egal welches, hatten immer diesen seltsamen charakteristischen Eigengeruch. Ein Geruch nach aggressiven Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Oder lag es schlicht und ergreifend an der Tatsache, dass man Krankenhäuser stets mit Krankheit in Verbindung setzte?

Poppy schüttelte den Kopf, um diese wirren Grübeleien abzustreifen. Jetzt spielten auch schon ihre Gedanken verrückt, was sicherlich daran lag, dass sie völlig übermüdet war. Ein schneller Blick auf die Uhr über dem Kaffeeautomaten bestätigte ihre Vermutung. Es war bereits kurz vor vier Uhr am morgen. Da sie sich mitten in einem Nationalpark in den Bergen befunden hatten, war das nächstgelegene Krankenhaus etwa zwei Stunden entfernt gewesen, weshalb man Drea direkt mit einem Rettungshubschrauber abgeholt hatte.

Mr Black war völlig neben sich gestanden und Poppy hatte schon halb erwartet, dass er die komplette Besatzung des Notfallteams auseinandernehmen würde, da sie ihm untersagten mitzufliegen. Immerhin war der Platz in einem Rettungshubschrauber recht spärlich und auf eine gewisse Personenzahl begrenzt. Dazu kam noch die Tatsache, dass Mr Black kein Familienangehöriger war, weshalb Poppy nun auch bezweifelte, dass sie Auskunft über Dreas Zustand bekamen, sobald sich ein Arzt einmal dazu bequemen würde mit ihnen zu sprechen.

Nachdem Drea zu einem Krankenhaus in Seattle gebracht worden war, ist Mr Black endgültig auf die Barrikade gegangen und hatte alles daran gesetzt, ein Auto zu organisieren, um direkt ins Krankenhaus fahren zu können. Jedoch waren ihr die schiefen Blicke der anderen in Hinblick auf Mr Blacks Reaktion nicht entgangen. Glücklicherweise hatte Mr Sawyer davon zunächst kaum Notiz genommen, da er zu sehr damit beschäftigt war, das Ärzte-Team zu bequatschen. Als Mr Black jedoch eine Fahrgelegenheit gefunden hatte, schien Mr Sawyer etwas skeptisch. Schließlich war es zu Poppys Verwunderung Ms Connors, die Mr Sawyer davon überzeugen konnte, Mr Black ins Krankenhaus fahren zu lassen. Natürlich schloss Poppy sich an und hatte wider jeglicher Proteste felsenfest darauf beharrt mitfahren zu dürfen. Jedoch fragte Poppy sich instinktiv, ob Ms Connors wohl etwas von der besonderen Verbindung zwischen Mr Black und Drea bemerkt hatte.

Ein Wimmern drang an Poppys Ohren und riss sie aus ihren Überlegungen. Sie drehte sich nach dem Geräusch um und entdeckte auf einem der vorbeifahrenden Krankenbetten ein jüngerer Mann, dessen Bein stark verdreht war und aussah, als wäre es gebrochen. Poppy zog die Nase kraus unterdrückte ein Würgen. Wie sehr sie Krankenhäuser doch verabscheute!

Sie machte sich auf den Weg zurück in den Wartebereich der Notaufnahme. Vor ihr erstreckte sich ein langer, weißer Krankenhausflur und sie entdeckte Mr Black, der zusammengesunken auf einem der Stühle wartete. Er saß im Schein einer defekten Neonröhre, die in unregelmäßigem Abstand wild flackerte und ein Summen von sich gab. Poppys Nackenhaare stellten sich auf. Es war einer, dieser fiesen kopfschmerzerregende Laute, wie das quietschende Geräusch von Kreide und Fingernägel auf der Schultafel oder das nächtliche Surren eines Moskitos am Ohr.

Poppy versuchte es so gut wie möglich auszublenden und ließ sich auf den Stuhl neben Mr Black sinken. Er sah wirklich geschafft aus, die ganze Sache schien ihn mindestens genauso mitzunehmen, wie Poppy.

»Haben Sie es noch einmal auf Lukas' Handy versucht?«, fragte sie und nippte erneut an dem dunklen Gebräu in ihren Händen. Angeekelt verzog sie das Gesicht.

Please don't leave meWhere stories live. Discover now