Kapitel 28

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Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke bis ganz nach oben zu und vergrub mein Gesicht tief in dem weichen Stoff. Dann setzte ich mir meine Mütze auf und trat gemeinsam mit den anderen nach draußen in die beißende Kälte.

»Können wir den Part mit der Wanderung nicht einfach überspringen und gleich zum Lagerfeuer und den Marshmallows übergehen?«, fragte Poppy grimmig, wobei das Klappern ihrer Zähne immer lauter wurde. Ich quittierte ihre Aussage mit einem Lächeln.

»Ach kommt schon, ich glaube der Ausblick wird die Kälte und den Weg wert sein«, mischte sich Ruby ein. »Bei Google Bilder sah der Reflection Lake wirklich toll aus.«

Poppy rollte mit den Augen und setzte sich in Bewegung.

»Bringen wir es hinter uns.«

Es war eine dreiviertelstündige Wanderung, in der Poppy sich unentwegt über die Nässe und die Kälte beschwerte - und all das nur für einen See! Doch als wir endlich ankamen, war der Ausblick tatsächlich alle Mühe wert gewesen. Selbst Poppy staunte nicht schlecht.

Vor uns lag ein großer See, in dessen Wasser sich die schneebedeckte Spitze des Mount Rainiers spiegelte. Es verwunderte mich, dass die Oberfläche des Sees nicht zugefroren war. Doch offensichtlich war es noch nicht kalt genug oder aber das Wasser war noch zu sehr in Bewegung.

Der See wurde ringsumher von dichten Bäumen und Gestrüpp gesäumt, die ebenfalls aussahen, wie vom Schnee gepuderzuckert. Es war ein atemberaubender Anblick, in dem ich hätte Ewigkeiten versinken können, wäre da nicht die schreckliche Kälte gewesen.

»Es ist wunderschön, nicht?«,fragte Ruby staunend und ließ ihren Blick wandern. Ich nickte zustimmend.

»Weißt du was noch wunderschön ist?«, Poppy wandte sich an Ruby. Die schüttelte den Kopf und sah Poppy fragend an. Im nächsten Moment holte Poppy aus und seifte Rubys Gesicht mit einer gewaltigen Ladung Schnee ein. Ruby kreischte laut auf und versuchte sich unter Poppys Angriff hinweg zu ducken. Poppy gluckste laut und auch ich fiel in ihr Lachen mit ein. Ruby verzog missmutig das Gesicht und rieb sich den restlichen Schnee aus den Augen.

»Womit habe ich das denn verdient?«, ihr Blick schweifte zu Poppy rüber, die breit grinsend mit den Schultern zuckte.

»Mir war gerade danach«, erwiderte sie.

»Zieh nicht so ein Gesicht, das war doch lustig«, sagte ich zu Ruby und kicherte laut. Ruby dagegen hob eine Braue. Noch ehe sie etwas erwidern konnte, meldete sich Poppy wieder zu Wort.

»Drea, heißt das du willst auch eine Ladung?«, ein hämisches Grinsen zierte ihr Gesicht und sie bückte sich hinab zu dem Schnee, um den nächsten Angriff zu starten.

»Nein, bitte nicht!«, sofort versteckte ich mich laut lachend hinter Rubys Rücken.

»Hey!«, rief diese brüsk und warf mir einen entrüsteten Blick zu. Ich ignorierte ihre Proteste und schielte über ihre Schulter zu Poppy rüber.

»Verschon mich, Poppy.«

Poppy schürzte die Lippen und warf den geformten Schneeball in ihrer Hand abwartend auf und ab.

»Ich soll dich also verschonen, ja?«, ihr Blick wanderte über unsere Mitschüler, als würde sie nach einem neuen Ziel Ausschau halten. Es dauerte auch gar nicht lange, ehe sie ihr nächstes Opfer gefunden zu haben schien. Ihre Augen huschten wieder zu mir rüber und ein bösartiges Glitzern lag in ihrem Blick.

»Na schön, Drea, du hast es so gewollt«, im nächsten Moment holte Poppy mit dem Arm aus und warf den Schneeball in hohem Bogen nach vorn. Mit rasanter Geschwindigkeit flog er durch die Luft. Ich folgte ihm mit den Augen, bis er schließlich sein Ziel fand - und es war niemand geringeres als Logan Black. Meine Augen weiteten sich erschrocken, als der Schneeball an seiner Jacke abprallte. Verwirrt sah Logan zuerst an sich herab, dann hob er sein Gesicht, während seine Augen suchend durch die Menge streiften. An Poppy, Ruby und mir blieben sie hängen.

Please don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt