Kapitel 31

8K 335 120
                                    

- Drea -

Langsam zögernd öffnete ich die Augen und blinzelte gegen die Helligkeit an. Als sich meine Umgebung allmählich aufklärte, starrte ich an eine weiße Decke und ohne mich umsehen zu müssen, wusste ich instinktiv, dass ich mich in einem Krankenhaus befand.

Sogleich schloss ich wieder die Augen und stöhnte innerlich. Ich fühlte mich elend. Mir war übel, mein Schädel brummte wie verrückt und mein Mund war seltsam trocken, als hätte ich tagelang keine Flüssigkeit zu mir genommen. Zudem war mir fürchterlich kalt, ich fror regelrecht. Mit heiserer Stimme räusperte ich mich und versuchte mich aufzusetzen. So schwach hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.

Ich ließ meinen Blick wandern und entdeckte Poppy, die neben meinem Bett auf einem Stuhl saß. Ihr Kopf hatte sie auf der Matratze gebettet. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in einem regelmäßigen Rhythmus. Ein Lächeln huschte über meine Lippen, als ich sah, dass sie meine Hand fest umklammert hielt. Vorsichtig und ohne sie aufzuwecken, versuchte ich ihr meine Hand zu entziehen. Doch offenbar schien sie keinen allzu tiefen Schlaf gehabt zu haben, denn sie öffnete sofort die Augen und hob verschlafen das Gesicht. Im nächsten Moment trat ein freudiger Ausdruck in ihre warmen, braunen Augen.

»Drea! Du bist wach!«, sie machte Anstalten aufzuspringen und mich in eine stürmische Umarmung zu reißen, hielt im letzten Moment jedoch inne und ließ ihren Blick über mich wandern. Erst jetzt wurde ich mir der vielen Kabeln an meinem Arm bewusst und griff automatisch an meine Nase, an der zu allem Übel auch noch ein Sauerstoffschlauch befestigt war. Es fühlte sich komisch an.

»Nein, Drea, lass das dran! Das ist ein Nasensteg, er versorgt dich mit Sauerstoff. Dein Körper wurde nicht mehr ausreichend damit versorgt. Er ist wichtig.«

Ich warf ihr einen zweifelnden Blick zu, ehe ich an meinem Arm herab schaute und nach den Schläuchen griff, die in meinen Arm führten. Im nächsten Moment schlug Poppy mir auf die Finger.

»Hör auf damit! Sie versorgen dich mit Kalium und Natrium.«

»Woher weißt du das alles?«, fragte ich verwundert und war erschrocken über den lädierten Klang meiner eigenen Stimme. Sie hörte sich rau an. Fremd.

»Ich hab's gegoogelt«, sie grinste breit und zuckte mit den Achseln.

»Willst du jetzt nach Harvard und Medizin studieren oder was?«, scherzte ich, bereute es aber sogleich wieder, als Poppy mir einen bösen Blick zuwarf. Schnell versuchte ich abzulenken.

»Ist Dad hier? Und Luke?«

»Ja«, Poppy nickte. »Ich schätze sie sind draußen auf dem Flur.«

Ich wollte einen Blick aus dem Fenster werfen, das freie Sicht nach draußen auf den Korridor gab, erkannte jedoch nichts, da die Jalousien heruntergelassen waren.

»Drea, wieso bist du einfach nach draußen gegangen, anstatt zu uns? Wir hätten dir helfen können! Du hast stundenlang im Schnee gelegen, mein Gott! Weißt du eigentlich welche Sorgen du uns bereitet hast?«, herrschte Poppy mich plötzlich an.

Einen kurzen Augenblick lang war ich erstaunt über Poppys Wutausbruch. Allerdings hatte ich schon befürchtet, dass etwas in der Art kommen würde. Ich stöhnte und bedeckte das Gesicht mit meinem Arm, während ich mich gedanklich an die letzten Minuten zurückzuerinnern versuchte, bevor ich das Bewusstsein verloren hatte. Ich erinnerte mich noch daran, dass ich mich nach dem Lagerfeuer hinlegen wollte, da ich mich nicht besonders gut gefühlt hatte. Auch wusste ich noch, dass ich mich im Badezimmer hatte übergeben müssen und daraufhin beschloss, nach draußen zu gehen, aber danach herrschte völlige Leere in meinem Kopf, nur kleine Bruchstücke, die sich einfach nicht zusammenfügen ließen, egal wie sehr ich mich auch anstrengte. Wie ein Puzzle, dessen Teile nicht zueinander passten. Ich musste wohl völlig in einem Delirium gefangen gewesen sein. Allerdings hatte ich nun wirklich keine Kraft für eine Standpauke á la Poppy.

Please don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt