Kapitel 22

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Um zwölf Uhr mittags trafen wir uns wie angekündigt in der Lobby des Hotels. Logan, Mr. Sawyer und Ms. Connors verkündeten uns, dass wir zu einem Ski- und Snowboard Resort wandern würden, das sich ganz in der Nähe unserer Unterkunft befand.

Bevor wir aufbrachen, ging ich gefühlte dreißig Mal zur Sicherheit auf die Toilette, da ich unterwegs sicherlich nicht mehr die Möglichkeit dazu hatte. Doch wir hatten uns vor nicht einmal zehn Minuten auf den Weg gemacht, als meine Blase schon wieder drückte.

Ich seufzte und atmete die eiskalte, frische Winterluft ein. Die Bäume um uns herum glichen wunderschönen Kunstwerken, eines schöner als das andere. Bis auf die Gespräche meiner Mitschüler und das Knirschen des Schnees unter unseren Schuhsohlen, herrschte eine idyllische Stille und Ruhe hier in der Natur. Kaum zu vergleichen mit dem Trubel und der Hektik einer Großstadt wie Seattle.

Gemeinsam mit Poppy und Ruby bildete ich das Schlusslicht, was der Tatsache zu Schulde kam, dass ich völlig außer Atem war. Entweder brütete ich eine Erkältung aus, oder aber meine Ausdauer war schlicht und ergreifend nicht mehr das, was sie einmal gewesen war. Ein Besuch im Fitnessstudio würde meiner Kondition sicherlich nicht schaden.

Allerdings fühlte ich mich schon seit geraumer Zeit nicht so fit. Mit Bedauern hatte ich zudem festgestellt, dass ich schon wieder abgenommen hatte. Ich musste mich einfach dazu zwingen, mehr zu essen, selbst wenn ich aufgrund des ganzen Trubels und Kummers, der meinen Alltag beherrschte, absolut keinen Appetit hatte.

»Hey Ruby, mit wem schreibst du die ganze Zeit?«, Poppy stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte über Rubys Schulter zu spitzeln, um einen Blick auf deren Handy zu erhaschen. Ruby drückte sich ihr Mobilgerät sofort fest gegen die Brust und ihren Wangen verfärbten sich in einem leichten Rosa.

»Mit niemandem«, kam es wie aus der Pistole aus ihr herausgeschossen. Poppy hob zweifelnd die Brauen und sah Ruby skeptisch aus ihren warmen, braunen Augen aus an. Dann sah sie zu mir. Ich zuckte mit den Schultern und hob unwissend die Hände.

Ruby seufzte ergeben und ließ ihr Handy sinken.

»Ich wollte Madison schreiben.«

»Was? Ich dachte du kannst sie nicht mehr ausstehen, seit sie dir einen Korb gegeben hatte«, rief Poppy empört und riss die Augen weit auf.

»Ja... Ich weiß. Aber ich dachte, dass sie vielleicht jetzt nach ein paar Monaten bereit ist, die Sache zu klären.«

Poppy schnaubte verächtlich. »Das denkst du doch nicht im ernst?«, sie schüttelte den Kopf. »Zeig mir was du schreiben wolltest.«

Ruby wirkte für einen kurzen Augenblick verunsichert, als wüsste sie nicht, ob sie uns die Nachricht zeigen sollte. Poppy streckte in einer fordernden Geste die Hand aus. Ergeben ließ Ruby die Schultern sinken und reichte Poppy das Handy. Ich trat einen Schritt näher an meine beste Freundin heran, um die Nachricht ebenfalls lesen zu können.

Hey Madison,
ich hoffe es geht dir gut.
Ich finde es irgendwie traurig, dass wir kaum mehr miteinander reden. Vielleicht können wir nochmal darüber reden, was vor ein paar Monaten zwischen uns vorgefallen ist?
Ich würde mich freuen, wenn wir die Sache klären könnten, um noch einmal von vorn anzufangen.
Ich vermisse dich.
Ruby

Poppy sah von dem Bildschirm zu Ruby auf.

»Spinnst du? Das kannst du ihr doch nicht schicken! Sie wird dich nur wieder bloß stellen, wie schon einmal. Willst du das denn?«

Ruby ließ die Schultern sinken und sah enttäuscht zu Boden. Mein Blick huschte zwischen Ruby und Poppy hin und her. Meiner Meinung nach reagierte Poppy etwas zu heftig, was vielleicht auch daran lag, dass Poppys Liebesleben momentan selbst nicht so lief, wie sie es sich vorstellte. Plus der Tatsache, dass es hier um Madison Lively ging. Poppys Erzfeindin.

Please don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt