Kapitel 20

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»Drea wach auf, wir sind da!«, Poppys aufgeregte Stimme riss mich schlagartig aus dem Schlaf. Für ein paar Sekunden war ich völlig orientierungslos. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo ich mich befand.

Hektisch blickte ich mich um und versuchte mich an meine Umgebung zu gewöhnen.

Als ich jedoch in Poppys schokoladenbraunen Augen sah, beruhigte ich mich allmählich. Sogleich fiel mir wieder ein, dass wir ja auf unserer Abschlussfahrt waren. Unterwegs nach Mount Rainier.

»Wow, sieh dir das an!«, Poppy tippte mich an und deutete mit dem Zeigefinger aus dem Fenster zu meiner Linken. Ich unterdrückte ein Gähnen und folgte ihrem Arm mit den Augen. Kurz blinzelte ich gegen die Helligkeit an, ehe ich die Lider hob und den Ausblick in Augenschein nahm.

Es war überwältigend. Wir fuhren mit dem Bus einen schmalen Weg entlang, der hinauf zu unserer Unterkunft führte, das Paradise Inn. Von meinem jetzigen Standpunkt aus hatte ich einen perfekten Blick auf das rustikale Hotel, welches in großer Höhe zu Füßen des Mount Rainiers lag. Umringt von Bäumen stach es inmitten des Schnees mit seiner mintgrünen Fassadenverkleidung sofort ins Auge.

An dem Satteldach waren in regelmäßigem Abstand Fenstergauben angebracht, auf denen sich nun der Schnee staute. Man konnte sogar den schneeweißen Gipfel des Mount Rainers erkennen, der über dem Dach in die Höhe ragte.

Das Bild, das sich uns bot, war ein absoluter Traum. Eine Winterlandschaft, die aussah als wäre sie mit Farbe und Pinsel auf eine Leinwand gemalt worden.

»Wow«, hauchte ich. Poppy neben mir stimmte nickend mit ein. Der Ausblick war wirklich beeindruckend.

Wir fuhren eine geschlängelt Straße hinauf, die direkt vor dem Gebäude in einem großen Parkplatz mündete. An den Rändern lagen riesige Schneehaufen und einige Leute standen vor dem Haupteingang in dicke Mäntel gewickelt und unterhielten sich angeregt.

Kaum stoppte der Bus vor dem Haupteingang des Hotels, brach auch schon Unruhe unter meinen Mitschülern aus. Alle redeten wirr durcheinander, bestaunten die Umgebung und deren Natur. Einige waren sogar schon aufgestanden und packten ihre Sachen zusammen.

Mein Blick fiel auf Logan, der etwas weiter vorn saß. Er hatte sich mittlerweile ebenfalls erhoben und wechselte ein paar Worte mit dem Busfahrer. Kurz darauf drehte er sich zu unserer Klasse um.

»Okay, hört mal alle her, Leute«, er klatschte in die Hände, um unserer Aufmerksamkeit zu erlangen. »Wir steigen jetzt aus und holen erst einmal unser Gepäck. Dann sammeln wir uns alle gemeinsam in der Lobby. Mr. Sawyer kümmert sich um die organisatorischen Dinge an der Rezeption. Anschließend bekommt ihr eure Zimmerschlüssel und könnt erst einmal ankommen.«

Logan warf einen schnellen Blick auf seine Uhr.

»Um zwölf Uhr treffen wir uns dann wieder in der Lobby.«

Einige bejahten seine Aussage im Chor, während andere ein zustimmendes Nicken von sich gaben.

Poppy und ich blieben sitzen, bis der ganze Ansturm erst einmal vorbei war. Ich hasste dieses Gedränge.

Offenbar waren wir nicht die Einzigen, die diese Taktik verfolgten. Logan stand nur wenige Meter entfernt und wartete, bis der Rest der Schüler den Bus verlassen hatten. Unsere Blicke trafen sich. Selbst aus dieser Entfernung erstrahlten seine Augen in einem Eisblau, das mittlerweile zu meiner absoluten Lieblingsfarbe geworden war. Ein einziger Blick und ich hatte das Gefühl völlig machtlos zu sein, mich in ihnen zu verlieren.

Sie hypnotisierten mich, beraubten mich jeglicher Fähigkeiten. Selbst das Atmen fiel mir schwer.

Als Poppy sich in Bewegung setzte, riss mich dies aus meiner Trance. Ich folgte ihr zum Ausgang des Busses. Logan trat ebenfalls an den Ausgang heran. Er signalisierte uns mit einer Geste vorzugehen.

Please don't leave meWhere stories live. Discover now