Anruf

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Claire

Ich schloss leise die Tür hinter mir und wischte die letzten Tränen von meinen Wangen. Mein Herz schlug schnell und mein Atem ging schwer nachdem ich den ganzen Weg nach Hause gerannt war.

„Claire?" Die Stimme meiner Großmutter drang aus der Küche zu mir. Rasch räusperte ich mich und versuchte meine Stimme kräftig klingen zu lassen.

„Ja", antwortete ich und ließ meine Tasche neben die Tür fallen. Langsam schlenderte ich in die Küche, wo meine Oma schon wieder den Herd beschlagnahmte.

„Wieso bist du schon hier? Ist was ausgefallen?" Ich setzte mich an den Küchentisch und beobachtete das hektische Treiben meiner Oma.

„Ist was ausgefallen", sagte ich und schnappte mir ein Stück Schokolade aus der Schüssel, die wie immer auf dem Tisch stand.

„Ich bin gleich mit Renate verabredet."

„Kaffee trinken?", fragte ich und knabberte auf dem kleinen Stück Schokolade herum.

„Ja. Und anschließend gehen wir ins Theater." Sie lächelte mich über ihre Schulter an und goss die letzte Marmelade in ein Glas. Mit einem Deckel verschloss sie dieses und stellte es zu den anderen zwanzig, über welche sie ein Küchentuch legte.

„Jetzt zieh ich mich um und dann geht's ab ins Theater." Voller Vorfreude hüpfte sie fast aus der Küche und pfiff fröhlich vor sich hin.

Ihr Pfeifen beruhigte mich.

Ich erhob mich und schlenderte in die Küche, wo ich Wasser aufsetzte und mir eine Kräutermischung meiner Großmutter nahm. Während das Wasser anfing zu kochen suchte ich mir die Tasse meiner Mutter aus dem Schrank und strich über die Worte, die meine Mutter selber darauf geschrieben hatte.

„Liebe das Leben, denn ohne Liebe kannst du nicht leben", flüsterte ich den bekannten Satz und merkte, dass sich ein sanftes Lächeln auf meine Lippen schlich. Ich hörte das kochende Wasser, sodass ich meinen Blick von der Tasse löste und das heiße Wasser einfüllte. Gedankenverloren nahm ich den Teebeutel und tauchte ihn in die Tasse. Mit langsamen Schritten durchquerte ich die Küche zu der alten Terasse und ließ mich auf der Holzbank nieder, auf der Kissen lagen. Mein Blick wanderte über den Garten in dem meine Großmutter ihre Freizeit verbrachte. Ich nahm vorsichtig einen Schluck von dem heißen Tee und genoss den bekannten Geschmack auf den Lippen. Die Sonne stand noch hoch am Himmel, doch die Terrasse lag im angenehmen Schatten.

„Und was sagst du Claire?" Ich wendete meinen Blick von dem Garten und betrachtete meine Oma, die freudestrahlend in einem schwarzen Kleid an der Terrassentür stand.

„Sieht gut aus", sagte ich lächelnd und bekam dafür einen Kuss auf die Wange.

„Ich bin dann mal weg. Bis später Spätzchen."

„Bis später", sagte ich und winkte ihr nach. Als die Haustür zufiel lehnte ich mich entspannt zurück und fragte mich, wann sie heute nach Hause kommen würde. Vorher würde ich nämlich nicht ins Bett gehen. Ich passte auf sie auf und sie auf mich. Das war ein ungeschriebenes Gesetzt das wir nach dem Tod meiner Eltern beide befolgten.


Das Klingeln des Telefons riss mich aus meinem Schlaf. Verschlafen rieb ich mir die Augen und blickte mich um. Ich war wohl auf der Couch eingenickt. Mit trägen Schritten lief ich zu dem Telefon und nahm ab.

„Claire Dupont", sagte ich mit immer noch verschlafener Stimme.

„Guten Tag. Mein Name ist Karl Schmidt von dem Polizeipräsidium Hamburg. Ich würde gerne mit einer Angehörigen von Céline Dupont sprechen." Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus und ich bemerkte, wie ich meine Stirn in Falten legte.

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