30. Kapitel

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Es war nicht unbedingt ein Vergnügen, all das durchzumachen und mich beinah täglich so zu fühlen, als ob ich immer nur Rückschritte machte. Die Tage schienen länger zu werden, die Nächte dafür kürzer. Obwohl meine Großeltern meine Situation vermutlich am ehesten nachvollziehen konnten, war ich nicht in der Lage, mit ihnen darüber zu sprechen. Nach wie vor, bedrückten mich Erfahrungen und Vergangenheit zu sehr, um diesen Schritt gehen zu können. Deshalb war es mehr als nur Glück, dass ich auf Alex, Hanna und Kyle zählen konnte. Nachdem ich Julia und Dean über das Geschehene eingeweiht hatte, fürchtete ich mich davor es auch den Übrigen zu sagen. Ryans Reaktion würde zwar mit Sicherheit eine Ausnahme bleiben, aber mir war auch klar, dass nicht alle es so gut aufnehmen würden, wie Dean es getan hatte. Einige von ihnen wollten Antworten, aber Leo würde ihnen keine liefern können, was für ihn mindestens genauso qualvoll war, wie für den Rest des Teams. Blieb nur die Frage, wie ich aus diesem Schlamassel wohl rauskommen sollte.

Nach einem mehr als schier unendlich langen Tag, kam ich gegen zehn Uhr abends endlich Zuhause an. Seufzend stapfte ich den kurzen Weg bis zur Haustür, nur um erneut meine beste Freundin davor auf mich wartend vorzufinden.

„Hanna", sagte ich fast schon tonlos, nicht gerade wenig überrascht, über ihr so baldiges Auftauchen. Nach unserem letzten Gespräch hatte ich fest damit gerechnet, dass es einige Wochen dauern würde, aber wie so oft in unseren Leben, hörte sie nicht damit auf mich zu beeindrucken.

„Hi", war alles was sie vorerst, offensichtlich voller Unbehagen, über die Lippen brachte. Da ich sie nicht drängen wollte, lächelte ich sie lediglich halbherzig an, ging an ihr vorbei und schloss auf. Wortlos folgte sie mir ins Innere, dann vom Wohnzimmer bis in die Küche, wo sie mir dabei zusah, wie ich meine Tabletten nahm.

„Ich hab die letzten zwei Tage viel nachgedacht, weißt du?", begann sie, gerade als ich das Wasser zurück in den Kühlschrank stellte. Angespannt lehnte ich mich an die Arbeitsplatte, verschränkte voller Unmut die Arme und sah sie an.

„Das kann ich mir vorstellen", murmelte ich und wartete ab, was wohl als nächstes kommen würde. Würde sie um mehr Zeit bitten? Die Freundschaft doch beenden oder etwas gänzlich Anderes von mir wollen? Wollte sie vielleicht mehr erfahren oder wünschte sie sich nicht vielleicht doch eher, nie davon gehört zu haben?

„Ich weiß nach wie vor nicht, wie ich damit umgehen soll. Deshalb bin ich hergekommen. Ich brauche Antworten Lilly. Die Wahrheit. Und zwar komplett. Keine Geheinisse mehr. Nicht, wenn das hier auch weiterhin funktionieren soll", forderte die Rothaarige und blickte mich mit einem harten Glanz in den Augen auffordernd an.

„Okay. Das klingt fair", lenkte ich ein, auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, mit ihr darüber zu sprechen. Mir selbst gegenüber einzugestehen, was damals passiert war, war schlimm genug, aber bei ihr würde es mich noch um einiges mehr kosten.

„Das will ich aber auch meinen. Komm, wir gehen in den Garten", schlug sie vor. Langsam trottete ich hinter ihr her, bis wir draußen auf den Stühlen saßen. Unruhig kaute ich an meiner Unterlippe, bis Hanna schließlich meinte:

„Entspann dich. Ich will doch nicht alle schmutzigen Details hören. Bloß ein paar Dinge geklärt haben."

„So viel schmutzige Details gibt es da auch zum Glück gar nicht", gab ich zurück, entspannte mich aber trotzdem ein wenig. Zwar nicht viel, aber genügend, um mich darauf einzulassen.

„Hat es erst damals angefangen? An dem Nachmittag, oder schon vorher?", war die erste Frage meiner besten Freundin. Nachdenklich schaute ich sie an. Tatsächlich, war ich mir da nämlich selbst nicht so sicher.

„Ich denke, dass sich einige Tage davor schon angefangen hatte etwas zu verändern. Plötzlich hatte er Probleme mit Melinda und ich war einfach nur froh, ihn ausnahmsweise für ganze drei Wochen Zuhause zu haben. Es war seltsam. Unsere ganze Dynamik fing an sich zu verschieben. An dem Abend, an dem du da warst und wir zusammen Horrorfilme geschaut haben, hab ich ihm gestanden, dass ich immer geglaubt hatte, dass aus euch mal etwas werden würde."

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⏰ Last updated: Aug 22, 2023 ⏰

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My Brothers Keeper (TNM-#2)Where stories live. Discover now