☽ Fourth Chapter

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V E L A R I S

15. September, Wolfstrakt: Lunya
Mit einem unregelmäßigen Atem und der leisen Melodie meines Herzschlags, welcher in meinen Ohren dröhnte, fiel mein Blick auf das Häufchen Elend vor mir, welches auf dem nassen Boden saß und mit der Hand auf seine immer noch blutende Wunde drückte.

Mit zitterndem Haupt trat ich einen Schritt vor und stieg in die Lacke, welche durch die roten Tropfen Stück für Stück einen rötlichen Ton annahm. Ich kniete mich vor dem Jungen hin. Zögernd streckte ich meine blasse Hand nach dem Jungen aus und berührte sanft seine Schulter.

»Fass mich nicht an«, die Schärfe in seiner Stimme glich einer spitzen Klinge, welche sich in meine vor Nervosität pochende Brust borte und mich zurrückschrecken ließ. Der Leib des Jungens erbebte und für einige Sekunden brach weißes Licht zwischen den Fingern des Jungens hervor.

Vor Schreck richtete ich mich auf und trat einige Schritte zurück. Meine geweiteten Augen beobachteten wie der Junge sich vor Schmerzen krümmte. Einige verlorene Schluchzer verließen seine Kehle.

»Geh weg! Siehst du nicht, dass du es nur noch schlimmer machst?«, seine Stimme war ein, von Schmerz getränkter, Hauch von Klang, welcher auf dem Platz wiederhallte. Zitternd trat ich einen weiteren Schritt zurück.

»Verpiss dich«, brüllte er mit geröteten Augen. Nachdem die Worte seine Kehle verlassen hatten, krümmte er sich ein weiteres Mal. Erneut trat Licht aus seinen Wunden.

Ich zuckte zusammen und lief los. Heiße Tränen vermischten sich mit dem kalten Wasser der Regentropfen, welche wie aus Kübeln meinen Körper durchnässte. Mein Blick war durch den starken Regen verschwommen.

Plötzlich prallte mein Körper auf etwas Weiches. Mit einem Ruck wurde ich aufgehalten und einige Schritte zurückgeschleudert. Kalte Luft wurde unregelmäßig durch meine brennenden Lungen gepumpt und weiße Wolken zeichneten sich in die verdunkelte Landschaft. Ich sah auf.

Vor mir stand ein Mädchen. Ihre nassen dunkelbraunen Haare lagen auf den gebräunten Schultern. Die dunklen Augen waren getötet und wirkten müde.

In dem Schutz eines großen Baumes stand sie da und zog an dem rötlich glühenden Objekt, welches zwischen ihren Fingern lag.

»Alles ok?«, fragte ich das Mädchen vorsichtig.

Sie nickte und holte aus ihrer Tasche eine Schachtel heraus. »Willst du?«, für einige Sekunden fixierten meine Augen die tötlichen Gegenstände, die in der Schachtel ruhten.

»N-nein lieber nicht«, seufzend steckte das Mädchen die Schachtel wieder ein und zog ein weiteres mal an ihrer Zigarette. Stumm beobachtete ich wie sie den Rauch ausatmete und danach ein weiteres Mal von der Zigarette zog.

»Glaubst du an die wahre Liebe?« ihre Stimme war brüchig und vor Trauer getränkt. Stumm sah sie in den, von tiefgrauen Wolken bedeckten, Himmel und pustete eine weitere Rauchwolke aus ihren Lungen. »Oder, dass es für jemanden wirklich ein perfektes Gegenstück geben kann?«, ihr Blick wendete sich zu mir. Eine einzelne Träne verließ ihr Auge und tropfte auf den erdigen Boden.

Ich öffnete meinen Mund doch schloss ihn wieder. Früher hatte ich an Dinge wie Liebe auf den Ersten Blick oder, dass es so etwas wie wahre Liebe gab, geglaubt, doch nun träumte ich Nachts nicht mehr von meinem Traumprinzen oder suchte nach der perfekten Person. Mit meiner Hoffnung die nächsten Jahre zu überleben, hatte ich auch diese Suche aufgegeben. Wozu jemanden suchen, wenn es sein könnte, dass man nächsten Morgen nicht aufwachte?

Selenophile | A Werewolf StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt