☽ Twenty First Chapter

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V E L A R I S

6.Oktober, Wolfstrakt: Lunya
Ich lief. Wie als würde ich fliegen, trabten meine Füße über den feuchten Waldboden. Mein Körper war schnell und gelenkig. Es fühlte sich an als wäre ich von allen Lasten befreit und nun endlich frei. Frei von dieser Menschenhaut.

Euphorie stieg in mir auf. Meine Brust kribbelte. Nun verstand ich endlich wieso jeder Werwolf sich nach Freiheit sehnte. Pure Freiheit, Gelassenheit ohne Hintergedanken an Vergangenheit oder Zukunft. Sie war wie ein Rausch, eine Droge von der man, nachdem man einmal gekostet hatte, nach immer mehr durstete.

Ein Freudenschrei verließ meine Kehle und hallte als Heulen um die Bäume des Waldes. Der Wind rauschte um meine Ohren und in den Baumkronen der Bäume.

Mein Körper stoppte. Stumm betrachtete ich den Wolf vor mir. Sein Fell war schwarz, pechschwarz und seine Augen funkelten wie Sterne. Er stand in dem Schatten eines Baumes, in welchem er fast unterging. Nur seine Augen konnte man deutlich von den Schatten unterscheiden.

»Königin«, verließen die Wörter die Kehle des Wolfes: »Endlich bist du zurückgekehrt«.

Ein gedämpftes Zwitschern ertönte in der Ferne, als ich von meinem wundersamen Traum aufwachte. Meine Augen waren immer noch geschlossen und mein Kopf schien in ein Kissen vergraben zu sein. Ein Seufzer verließ meine Lippen. So schön warm. Ich kuschelte mich tiefer in das Kissen und atmete den Geruch von Wald und Lavendel ein. Genau wie Azrael...

Ich riß meine Augen auf. Wenige Zentimerter entfernt erkannte ich eine Brust, Azraels Brust. Erschrocken schnappte ich nach Luft und rutschte einige Zentimeter zurück jedoch fing mich eine Hand um meine Taille auf. Abermals schnappte ich nach Luft. So nah. Mein Blick wanderte zu Azraels Kopf. So wunderschön nah.

Stumm hob ich meine Hand und streckte sie nach seinem Gesicht aus. Seine Augen waren geschlossen und seine Gesichtszüge ungewohnt weich. Dunkle Haarsträhnen fielen auf seine Stirn. Mit einem Lächeln berührte ich seine Wange.

Azrael riß seine Augen auf. Mit einer blitzschnellen Bewegung wurde ich in die Matratze gedrückt. Über mir, mit seinen Armen neben meinem Kopf gestemmt, lag der junge Prinz. Meine Augen weiteten sich und auch Azrael schien nicht wirklich bewusst gehandelt zu haben. Halb verwirrt, halb belustigt betrachtete er mich. Er schien keine Anstalten zu machen sich wegzubewegen.

Plötzlich lehnte er sich vor. Sein Kopf kam meinem näher und senkte ihn bis zu meinem Ohr. »Du solltest keinen Prinzen im Schlaf so zu überfallen, ich dachte du wärst ein Angreifer«, wisperte er. In meinen Kopf stieg Hitze.

»T-tut mir Leid«, stammelte ich durcheinander. Ich atmete tief ein um mich zu fassen. »Warte mal! Ich dich überfallen? Du hast dich an mich geklammert!«, rief ich wütend: »Und so gehst du mit Angreifern um? Das ich nich Lache-eh«. Flink ließ der Junge von mir ab und warf mich mit einem Grinsen über die Schulter. »H-hey, Azrael«, rief ich und klammerte mich an den Jungen. Ohne auf meine Wort zu reagieren, lief er zu einer der Glastüren und öffnete sie. Mit mir betrat er den Balkon. Endlich ließ er mich nieder.

»Schau«, sagte er und sah verträumt über die Wälder. Ich folgte seinem Blick und hielt die Luft an. Vor mir lag ein wunderschönes Spiel von kräftiger Farben. Der Himmel der Morgenstunden hatte verschiedene rosatöne angenommen. Das goldene Licht der Sonne war mit den verfärbten Wolken verschmolzen und hatte etwas von einem romantischen Gemälde.

»Der Morgen nach einer stürmischen Nacht ist immer von besonderer Schönheit«, wisperte ich die Zeilen eines Buches, welches ich vor langer Zeit einmal gelesen hatte. Azrael schmunzelte.

Selenophile | A Werewolf StoryWhere stories live. Discover now