☽ Twentieth Chapter

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V E L A R I S

5.Oktober, Wolfstrakt: Lunya
Der Bus bog in die verwachsene Einfahrt des großen Hotelgebäudes. Ich warf einen Blick zu Azrael, welcher die ganze Fahrt nachdenklich aus dem Fenster geschaut hatte, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Seine Besorgnis färbte auf mich ab und verunsicherte mich.

Als das Auto anhielt, öffneten sich die Türen und ein nervös aussehender Kai betrat mit schnellen Schritten den Wagen. Als er uns beide sah, seufzte er erleichtert. Der besorgte Ausdruck in seinen Augen erlosch jedoch nicht. »Ich habe deine Sachen eingepackt«, erklärte der junge Prinz nach einer kurzen Stille: »Ich hoffe das macht dir nichts aus«.

Ich schüttelte den Kopf und schenkte ihm ein warmes Lächeln: »Danke«. Kais Wangen wurden mit einer leichten Röte bedeckt. Als ein Arm sich um mich legte und an einen Körper zog, stieß ich erschrocken Luft aus.

»Lass das«, wisperte eine kratzige Stimme in mein Ohr. Eine kribbelnde Gänsehaut ließ meine Nackenhaare sich aufstellen. »Mit meinem Bruder zu flirten«, murmelte Azrael und vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Ich keuchte. Was war mit Azrael nur in letzter Zeit los?

»Velaris!«, die Stimme von Accyo, welcher gefolgt von Asena den Bus betrat, ließ mich hochschrecken. Mit einer hastigen Bewegung löste ich mich aus Azraels Griff. Misstrauisch betrachtete Accyo mich und den jungen Prinz, welcher seinen Kopf mit einem unzufriedenen Murmeln gegen die Glasscheibe lehnte. »Weißt du was hier los ist?«, fragte er besorgt. Ich schüttelte den Kopf.

»Maaann, wieso müssen wir jetzt wieder zurück? Wir waren so kurz davor zu gewinnen«, hinter Accyo betraten die restlichen Leute unserer Gruppe den Bus. »Bleib nicht im Gang stehen, Loser«, erhob Amon seine Stimme gegen Accyo, welcher wütend die Zähne zusammenbiß und dann, mit einem Ausdruck, als würde er gleich platzen, weiterging und sich mit Asena auf einer Bank niederließ.

»Alle da?«, Heryon ließ seinen Blick über die Sitze schweifen: »Dann können wir los«. Müde lehnte ich mich zurück. Was war hier los?

⊱⊰

Als ich aufwachte, durchfuhr der Bus gerade die Tore der dicken Mauern, welche das Schloß vor Eindringlingen schützen sollte.

Der Himmel war mit dunklen Wolken bedeckt, welche wie eine Mauer jedes Sonnenlicht aufzufangen schien. Über dem Schloß zogen schwarze Vögel ihre Runden.
Die Schatten des Waldes schienen ungewohnt Dunkel, als wären sie schwarze Nebelschwaden, welche hinter den Bäumen hervorkrochen - als wären sie zum Leben erwacht.

»Ihr alle geht jetzt direkt in eure Zimmer und verlasst diese unter keinen Umständen bis zum nächsten Morgengrauen, verstanden?«, die Stimme des alten Mannes erfüllte den Bus. Ein Murmeln raunte durch die Menge. Nervös sah ich zu Azrael, welcher in Gedanken versunken zu sein, schien.

Der Bus hielt und die Türen öffneten sich. Seufzend richtete ich mich auf. Plötzlich umschloss etwas Warmes mein Handgelenk und zog mich zurück in den Sitz. »Du kommst mit mir mit«, erklärte mir Azrael ernst. Stumm nickte ich. Die Verwirrung, welche sich in mir aufgebaut hatte, stieg. Was passierte hier?

Als alle den Bus verlassen hatten, richtete sich Azrael auf. Stumm griff der Junge nach meiner Tasche und meiner Hand und verließ mit mir den schwarzen Wagen. Mit schnellen Schritten eilten wir über den Platz, in Richtung Schloss. Eiskalte Tropfen benetzte meine Haut.

Azrael öffnete das große Tor und ließ mich in das Schloss eintreten. Vorsichtig tat ich in den, von Kerzen beleuchteten, Gang und atmete die, nach altem Holz und Kerzenwachs riechende, Luft ein. Lange war es her, dass ich dieses Schloss betreten hatte. Ich atmete die Luft aus. Es fühlte sich fast so an, als würde ich nach langer Zeit nach Hause kommen.

Selenophile | A Werewolf StoryWhere stories live. Discover now