☽ Twenty Fourth Chapter

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V E L A R I S

1.November, Wolfstrakt: ?
Mit einem sehnsüchtigen Blick sah ich aus dem Fenster. Vor mir lag eine große Lichtung, auf welcher kleine Häuser standen, dessen Fenster wie die Augen ihrer Besitzer im Dunklen funkelten. Die kleine flimmernde Stadt, mitten im Wald, war zu dieser Tageszeit wie ausgestorben. Wie nachtaktive Tiere, verließen ihre Bewohner hauptsächlich nachts ihre Häuser.

Auch ich lernte mich daran zu gewöhnen und fing an abends aufzuwachen und in der Früh schlafen zu gehen. Doch manchmal wachte ich mittags auf. Und genauso wie in diesem Moment, nutzte ich dies um über die Stadt zu blicken, die Ruhe zu genießen und nachzudenken.

Stumm öffnete ich das große Fenster und lehnte mich gegen den hölzernen Rahmen. Ein kalter Windzug wirbelte mein Haar um meinen Kopf. Mit tiefen Atemzügen atmete ich die feuchte Luft ein. Hier auf der Lichtung war der Himmel sichtbar, doch wie als hätte er sich auf die Wölfe angepasst, schmückten unter Tags dicke, dunkle Wolken den Himmel. In den Wochen die ich hier verbracht hatte, hatte es jedes Mal, wenn ich wach wurde, heftig gestürmt, als wäre der Himmel voller Zorn. Er war Zornig und mein Herz war dies auch. Es war voller Sehnsucht.

Die ersten Tage waren besonders schlimm gewesen. Ich wollte nicht essen oder trinken. Kova hatte mich versucht aufzumuntern, doch hatte schnell gemerkt, dass dies nichts brachte. Mein sehnsüchtiges Herz konnte nur von Azrael geheilt werden.

»Kannst du auch heute nicht schlafen«, hinter mir ertönte Kovas Stimme. Als der stärkste Krieger des Stammes, wurde es ihm zur Aufgabe gemacht auf mich aufzupassen. Stumm nickte ich und schloß das Fenster.

»Du kannst wieder schlafen gehen, ich werde es jetzt auch tun«, sagte ich und drehte mich von dem Fenster weg. Kova musterte mich, ich trug das weiße Nachthemd, welches mir jeden Abend ans Bett gelegt wurde und darüber einen braunen Strickpullover.

»Ist dir kalt?«, fragte er besorgt.

Ich schüttelte den Kopf. »Den trage ich nur, weil ich das Fenster geöffnet habe«, antwortete ich. Die war eine Lüge. In dem großen Haus, in welchem ich wie ein Schatz behütet wurde, war es Tag und Nacht eiskalt.

Die Kälte, die Dunkelheit, der Zorn des Windes schien diesem Stamm zu gefallen. Dies war ihr zuhause. Trotzdem machten sie auf mich einen warmen Eindruck. Auch wenn wir verschieden waren wie Sonne und Mond, behandelten sie mich wie eine Heilige. Genau dieser Unterschied in meiner Präsenz schien mich in ihren Augen zu etwas besonderem zu machen. Dieses Werwölfe waren keine Monster, im Gegenteil, sie wirkten wie verflucht, wie Ausgestoßene. Sie waren ganz anders als die restlichen Werwölfe.

Der schwarzhaarige Junge nickte stumm und schloß nach kurzem Zögern die Tür. Mit einem seufzen warf ich mich auf das große Bett und sank in die dicke Decke. Nachdem ich für einige Minuten den Geruch von frischer Wäsche eingeatmet hatte, richtete ich mich auf. Ich lehnte mich in die dicken Kissen und musterte meine Handflächen. Sie kribbelten.

Seitdem ich in dieser namenlosen Stadt war, schien mein Körper sich zu verändern. Durch die Abwesenheit Azraels litt er, jedoch gleichzeitig schien etwas in mir zu wachsen. Als hätte man die Flamme in mir zu einem Lagefeuer entfacht und würde regelmäßig ein Stück Holz in die knisternden Flammen werfen. Ich rieb meine Fingerspitzen aneinander. Wärme. Mir wurde ungewohnt warm. Konnte es sein das meine Kräfte stärker wurden?

Wenn ich mich nur verwandeln könnte... Ich dachte seufzend an die bevorstehende Zeremonie, in welcher ich offiziell zu ihrer Königin ernannt werden sollte. Ich könnte fliehen. Schlechtes Gewissen flackerte in mir auf. Müde schloss ich meine Augen. Konnte ich wirklich einfach so wegrennen?

Selenophile | A Werewolf StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt