Blaue Augen

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Ich öffnete leicht meinen Mund, um zu protestieren, doch kein einziger Laut wollte meine Lippen verlassen. Nick stand immer noch vor mir mit einem leisen Lächeln, das sich auf seinem Gesicht abzeichnete: "Hab keine Angst vor mir." Seine Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, als er mit seiner Hand behutsam über meine Wange strich. Seine Berührung ließ mich erschauern und ich blickte wie hypnotisiert in seine Augen, völlig unfähig, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Eigentlich sollte ich schreiend weglaufen oder ihn zumindest von mir schieben. "Ich weiß, dass du das hier genauso sehr willst wie ich." Seine Lippen waren dicht an meinem Ohr und er begann, sanft an meinem Hals zu knabbern. Er hatte Recht - in diesem Moment wollte ich nichts mehr, als seine Lippen auf meinen zu spüren, seine Hände auf meinem Körper. Mein Atmen ging stoßweise und ein leises Stöhnen kam über meine Lippen, während ich meinen Kopf nach hinten legte, um ihm mehr Platz zu geben. Seine Hand lag auf meiner Hüfte, er küsste ein letztes Mal meinen Hals und sah mir dann tief in die Augen.

"Sag es!" Seine Stimme war dunkel vor Verlangen. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände, um ihn zu mir zu ziehen und zu küssen. Doch er schob mich fester gegen die Wand und grinste diabolisch. "Ich will es aus deinem Mund hören, meine Schöne!" "Küss mich, bitte." Ich ließ meine Hand an seinem Oberarm entlang streichen. Noch nie hatte ich mich so sehr nach einem Mann verzehrt wie in diesem Moment. Sein Finger berührte leicht meine Unterlippe und ich öffnete sie automatisch für ihn. Seine Augen funkelten belustigt, während er mir ein "Braves Mädchen" entgegenhauchte. Nick nahm mein Gesicht in beide Hände und beugte seinen Kopf langsam zu mir herunter. Kurz bevor seine Lippen jedoch auf meine trafen, schloss ich die Augen.

„RRRRRRRRRR.“ Das Geräusch meines Weckers ließ mich auf einen Schlag kerzengerade im Bett sitzen. Ein Traum?! Ein verdammter Traum!

Oh mein Gott… Ich drückte mein Kissen auf mein Gesicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Warum träumte ich ausgerechnet von ihm? Mein Gesicht brannte wie Feuer, denn ich schämte mich, obwohl ich ja eigentlich nichts dafür konnte. Es war seine Schuld! Er hatte mir kurz bevor ich einschlief eine Nachricht gesendet, mein Unterbewusstsein hatte anscheinend irgendetwas verwechselt und deshalb hatte ich diesen blöden Traum. So muss es gewesen sein. Wütend auf mich selbst schnappte ich mein Kissen und knallte es mit voller Wucht an die gegenüberliegende Wand.

Nach einer ausgiebigen Dusche rief ich auf der Arbeit an, um mich für die restliche Woche krank zu melden. Ich fühlte mich sowieso hundeelend, sodass ich nicht großartig schauspielern musste, um überzeugend krank zu sein. Mein Chef war sehr entspannt und  eher ein Freund denn mein Vorgesetzter, trotzdem wollte ich erst einmal ein paar Tage in Ruhe nachdenken können. Ein Blick in meinen Kühlschrank verriet mir, dass ich dringend einkaufen gehen musste, also schnappte ich mir eine Liste und fing an aufzuschreiben, was ich benötigte.

Mein Handy blinkte und signalisiert mir, dass wohl eine neue Nachricht eingegangen sein musste. Ich drehte es einfach um und arbeitete weiter an meiner Liste; ein paar Sekunden später fing das blöde Teil jedoch an zu vibrieren. Na super… Es haben genau zwei Menschen meine neue Nummer, entweder ruft Su an oder… Es war eine 50/50-Chance, und da ich nie gut im Glücksspiel war, beschloss ich, meinem Telefon nur einen bösen Blick zuzuwerfen, um mich dann kurze Zeit darauf schleunigst auf den Weg in den nächsten Supermarkt zu machen.

Eine Stunde später war ich mit zwei prall gefüllten Tüten in den Händen wieder auf dem Nachhauseweg. Ich nahm mir vor, nie wieder hungrig einkaufen zu gehen, denn das eskalierte fast genauso schlimm wie eine frustrierte Shoppingtour. Der Weg war nicht weit, meine Wohnung befand sich nur ca. zehn Minuten vom nächsten Supermarkt entfernt. Im Treppenhaus angelangt schleppte ich die schweren Tüten nach oben. Als ich vor meiner Wohnung geschickt mit dem kleinen Finger nach dem Schlüssel in meiner Hosentasche greifen wollte, fiel mir eine meiner Tüten aus der Hand und verteilte ihren gesamten Inhalt auf dem Flur des Treppenhauses. Leise fluchend über meine unfassbare Dummheit stellte ich die andere Einkaufstüte neben meine Wohnungstür und steckte den Schlüssel ins Schloss.

Auf dem Boden kriechend versuchte ich, mein verursachtes Chaos so gut wie möglich zu beseitigen. Die Eier waren aus ihrer Verpackung gefallen und hatten die Milch und meine Gemüseeinkäufe in Mitleidenschaft gezogen. Den Rest meiner Einkäufe stopfte ich unsanft zurück in die Tüte. Nachdem ich meine Lebensmittel wieder verstaut hatte, holte ich mir einen Eimer und wischte auf Knien den Boden im Flur. "So etwas Blödes passiert auch nur mir", schimpfte ich laut vor mich hin. "Kann ich behilflich sein?" - eine tiefe Stimme direkt über mir ließ mich erschrocken zusammenzucken. Als ich langsam aufblickte, sah ich in ein wunderschönes Paar azurblauer Augen, die mich verschmitzt musterten.

Dunkles Verlangen [✔️] Where stories live. Discover now