Schockzustand

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Als ich vor ein paar Sekunden das Haus wieder betreten hatte, fiel mein Blick sofort auf Nick. Dieser saß auf einem der schweren braunen Ledersofas, die sich in der Mitte des Wohnzimmers befanden, er hatte seinen Kopf nach hinten gelegt und fuhr sich mit den Fingern immer wieder durch die Haare. Das tat er, wie ich jetzt schon des öfteren festgestellt hatte, immer wenn er gestresst war.
Einen kurzen Moment blieb ich wie erstarrt stehen und beobachtete ihn, leichte Falten zeichneten sich auf seiner Stirn ab und sein Mundwinkel zuckte verärgert.

"Setz dich", ruckartig setzte er sich in eine aufrechte Position und bedachte mich mit einem zornigen Blick.
Mit leicht zitternden Beinen bewegte ich mich langsam in Richtung des Sofas ihm gegenüber und nahm Platz. Mein Handtuch, dass ich immer noch in meiner Hand hielt, legte ich achtlos über die Lehne. Ich bemerkte dass er mich keine Sekunde aus den Augen ließ und auch die zornige Falte zwischen seinen Augen, die sich bedrohlich vertiefte, entging mir nicht.
Nervös faltete ich meine Schweiß nassen Hände in meinem Schoss zusammen und begann an meiner Unterlippe zu knabbern, diese blöde Angewohnheit hatte ich schon seit meiner Kindheit und ich schaffte es einfach nicht sie los zu werden. Besonders in solchen Momenten, in denen ich stark angespannt war oder Angst hatte, fiel es mir schwer damit aufzuhören.

Nick hatte sich mittlerweile ein wenig nach vorne gebeugt und blickte mich nun ausdruckslos an.
"Du wirst nie wieder ohne mich nach draußen gehen, es gibt..", er griff sich kurz an die Stirn, ganz so als ob er seine nächsten Worte genau überdenken müsse "es ist gefährlich für dich allein da draußen".

Ein ungläubiges Kichern entfloh mir, doch ein kurzer Blick auf ihn genügte um das hysterische Geräusch, dass sich einen Weg durch meine Kehle bahnen wollte, im Keim zu ersticken.
Stocksteif und mit Tod ernstem Gesichtsausdruck saß er vor mir und schaute mich bedrohlich an.
" Ich bezweifle das du dass noch lange witzig finden wirst, Liebes", langsam stand er auf und umrundete den kleinen Beistelltisch der die beiden Sofas von einander trennte.
Direkt vor mir blieb er stehen und beugte sich zu mir herunter "wenn dir dein Leben etwas bedeuten sollte, dann gewöhnst du dir am besten schnell an, nie wieder über etwas zu lachen was ich sage".

Reglos saß ich auf dem Sofa, diese leise Ausgesprochene Drohung hatte ihre Wirkung auf mich nicht verfehlt.
Tränen brannten in meinen Augen die ich schnell zurück drängte, eine Gänse Haut hatte sich auf meinem Körper gebildet, doch ich versuchte Stark zu sein.
Diesmal würde ich nicht gleich wieder klein beigeben. Ich wollte endlich Klarheit und nicht irgendwelche kryptischen Andeutungen, die mich jedesmal mit mehr Fragen als Antworten zurück ließen.
Mutig schluckte ich den schweren Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, hinunter und sah zu Nick.
Dieser hatte es sich inzwischen wieder auf dem Sofa gegenüber gemütlich gemacht und wirkte ziemlich entspannt.

Kurz räusperte ich mich und formulierte meine Worte mit bedacht, " es tut mir leid, ich wollte nicht lachen", seine Körperhaltung war angespannt aber er ließ mich keine Sekunde aus den Augen, etwas mutiger räusperte ich mich erneut und fuhr fort "aber du musst zugeben dass es schon abwegig ist, dass es draußen allein gefährlicher ist als hier.. Du bist schließlich derjenige, der die Menschen umgebracht hat ohne auch nur mit der Wimper zu zucken".

"Du denkst wirklich du bist bei MIR in Gefahr" er beugt sich nach vorne und fixiert mich mit einem ungläubigen Blick "DU hast keine Ahnung, du dummes Mädchen". Er spuckte mir diese Worte regelrecht entgegen bevor er sich genervt durch die Haare strich und schnellen Schrittes im Raum auf und ab geht.
"Ich wollte nicht.." setzte ich an, doch er unterbrach mich sofort.
"Was.. Wolltest.. Du.. Nicht", seine Augen sprühten Funken als er direkt vor mir zum stehen gekommen war.
Eingeschüchtert senkte ich meinen Blick und betrachtete den Holzboden unter mir.
Ich hatte es verdorben, ich wollte sein Vertrauen gewinnen, aber egal was ich jetzt sagen würde, die Situation war zum scheitern verurteilt.
"Sie mich an" seine Stimme war direkt über mir und ich wusste dass ich auf ihn hören sollte, doch ich konnte meinen Blick nicht heben und ihm in die Augen sehen, zu groß war die Angst vor dem was er als nächstes tun würde.

Ein leises schluchzen löste sich in meiner Kehle und eine einzelne Träne brannte sich meine Wangen herunter.
Ich hatte ihm nichts getan.
Sowas verdiente ich nicht, ich ging Arbeiten und hatte mein Leben im Griff.
Man kann es Schicksal nennen, aber dann war das Schicksal wirklich ein Arschloch!

Wie aus dem Nichts legte sich plötzlich seine Hand an meine Kehle und drückte zu.
Erschrocken über die Attacke quickte ich auf und wollte seine Hand von mir weg ziehen, aber er war zu stark.
Er zwang meinen Kopf nach oben, sodass ich ihn ansehen musste.
"Ich sagte, sieh mich an" brummte er gefährlich leise und sah mir direkt in die Augen.
"Wenn ich dich töten wollte, hätte ich schon mehr als genug Gelegenheiten dazu gehabt, genau jetzt zum Beispiel, ich müsste nur den Druck meiner Hand etwas verstärken..", meine Augen weiteten sich schockiert als er den Griff um meine Kehle verstärkte, ich hatte Schwierigkeiten zu Atmen, meine Lungen schrieen nach dem lebensnotwendigen Sauerstoff und ich versuchte weiterhin verzweifelt seine Hand von mir zu schieben, aber ohne Erfolg.
Seine Mundwinkel schoben sich leicht nach oben "so einfach wäre es meine schöne, aber ich will dich nicht umbringen, noch nicht zumindest". Mit diesen Worten löst sich der Griff um meinen Hals und ich konnte endlich wieder befreit aufatmen.

Er geht einen Schritt von mir weg und lächelt mich weiterhin an.
"Ich denke ich habe meinen Standpunkt klar gemacht, nicht wahr" auffordernd sieht er mich an.
Ich erwiderte seinen Blick und nickte kurz "Ja, das hast du".
Langsam erhebe auch ich mich von dem Sofa und stehe ihm nun direkt gegenüber, er war gut einen Kopf größer als ich, sodass ich zu ihm Aufsehen muss.
"Ich denke, es ist an der Zeit, dass auch ich meinen Standpunkt klar mache" ich versuche mich an einem Lächeln das meine Augen jedoch nicht erreichen konnte.
Fragend hob er eine Augenbraue und wartete dass ich weiter sprach.
Schwungvoll ließ ich meine Hand nach vorn schnellen und klatschte sie ihm, mit voller Wucht in sein dreckig grinsendes Gesicht.

"Wage es nie wieder mein Leben zu bedrohen, du Arschloch"  sagte ich, mit ungewöhnlich ruhiger und fester Stimme.

Genau jetzt sollte ich die Beine in die Hand nehmen und um mein Leben laufen, doch ich blieb wo ich war und lieferte mir ein Blick-Duell, mit dem Mann, der mich wahrscheinlich gleich wie eine Fliege zerquetschen würde.
Doch das war mir egal, ich konnte und wollte ihn so nicht mit mir umgehen lassen.

Seine Hand hatte er auf die Stelle gedrückt, wo meine Hand wahrscheinlich einen roten Abdruck hinterlassen hatte und er blickte mich ungläubig an.
Meine Nerven waren bis aufs äußerste gespannt und ich rechnete mit allem, aber nicht mit der Reaktion die er zeigte.
Sein Gesichtsausdruck wechselte in Sekunden schnelle von Ungläubigkeit zu absoluter Vergnügtheit.
Er stemmte die Hände in die Hüften und fing schallend an zu Lachen.
Noch nie hatte er mir gegenüber andere Emotionen gezeigt als Abscheu oder Wut, ihn jetzt so ausgelassen und fröhlich zu erleben war wirklich verstörend. Dieser Typ war eindeutig Geisteskrank, anders konnte ich mir dieses Verhalten wirklich nicht länger erklären.

Als er sich nach kurzer Zeit wieder einigermaßen beruhigt hatte, musterte er mich schmunzelnd.
"Na geht doch, dieses rumgeheule hat wirklich angefangen mich zu langweilen" grinste er.

"Was"?

Hatte ich ihn gerade richtig verstanden?
Doch bevor ich mir weitere Gedanken über sein seltsames Verhalten machen konnte, riss mich die zarte Stimme von Miss Mills, die wie aus dem nichts aufgetaucht war, aus meinem Schockzustand.

"Sie sollten es ihr zeigen Sir".











Dunkles Verlangen [✔️] Where stories live. Discover now