Nächtliche Besuche

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„... Hätte schon längst wach sein sollen.“

„..wieviel?"

„..ging zu schnell."

Als ich langsam wieder begann aus meinem traumlosen Schlaf zu erwachen, konnte ich vereinzelte Wortfetzen wahrnehmen.
Vor mir befanden sich anscheinend mindestens zwei Personen die sich angeregt Unterhielten.
Aus den wenigen Worten die bis zu mir durchdrangen, ging ich davon aus dass sie von mir sprachen.

Hätte schon längst wach sein sollen? Wie lange war ich denn bewusstlos gewesen?
Und ging zu schnell? Ja, weil sie mir die verdammte Spritze in meinen Arm gerammt hatten ohne Rücksicht zu nehmen!

Dann dachte ich an Nick zurück. Sein Verhalten was mehr als komisch gewesen. Ich hatte zwar nicht damit gerechnet, dass er mir sofort zur Hilfe eilen würde, aber mit dieser Abneigung und dem hasserfülltem Blick den er mir zugeworfen hatte, darauf war ich nicht gefasst gewesen.
Er schien ernsthaft perplex gewesen zu sein als ich ihn darauf angesprochen hatte.
Naja, oder er war einfach ein verdammt guter Schauspieler. Letzteres würde sogar ziemlich viel Sinn ergeben wenn man bedenkt, dass er bis jetzt immer davon gekommen ist.

Das viele Grübeln tat meinem Kopf absolut nicht gut und ich kniff meine Augen ein wenig fester aufeinander.
„Sie scheint wach zu werden!" jemand beugte sich über mich und leuchtete mit mit einem viel zu hellen Gegenstand in die Augen.
Stöhnend drehte ich meinen Kopf leicht zur Seite, was mit einem leisen knacken meines Halses kommentiert wurde.
Klasse, mein Körper braucht dringend Urlaub!

„Miss? ", die Stimme war nun dicht an meinem Ohr „können Sie mich hören ?"
„Klar kann ich das.. Du brüllst ja direkt in mein Ohr!" wollte ich rufen und öffnete meinen Mund, doch aus diesem kam kein einziger Laut, also schloss ich ihn sofort wieder.

Die helle, störende Lichtquelle verschwand aus meinem direkten Blickfeld und ich versuchte mich etwas entspannter hinzulegen.
„Versuchen Sie noch ein wenig zu schlafen, ich werde später noch einmal nach Ihnen sehen." Ich konnte gerade noch erkennen wie sich die Person von mir entfernte und die Türe leise hinter sich schloss bevor ich abermals einschlief.

Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete war es stockdunkel im Raum.
Mein Kopf dröhnte und mein Mund fühlte sich trocken an. Es dauerte ein paar Sekunden bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, doch dann konnte ich schemenhafte Umrisse meiner Umgebung erkennen. Neben meinem Bett befand sich ein kleiner Tisch, auf dem eine kleine Flasche und ein Tablett standen.
Ich richtete mich ein wenig auf, wobei ich unvermeidlicher Weise nach vorne blickte. Ein ungutes Gefühl durchzog meinen Körper. Zuerst erkannte ich nicht viel, ausser einen grossen Schatten, doch schon einen Augenblick später erkannte ich was mich an diesem Bild störte.
An meinem Bett Ende stand eine Person und starrte mich an!
Ein spitzer Schrei entkam mir und ich packte meine Decke ein wenig fester.

„Du bist ja wach." die Person vor mir sprach so leise, dass ich Schwierigkeiten hatte sie zu verstehen. Dann begann die Gestalt ein paar Schritte nach vorne zu laufen und es sich am Fussende des Bettes bequem zu machen.
Mein Herz musste für einen Moment ausgesetzt haben, denn ich war so geschockt, dass ich kein Wort herausbrachte.
„Du hast bestimmt Durst."
Mit diesen Worten sprang die Gestalt leichtfüßig auf und ging zu meinem Nachtisch um mir ein Glas Wasser einzuschenken.
Kurz darauf hatte ich jenes in meinen Händen und die Person saß wieder im Schneidersitz vor mir, ganz so als wäre es das normalste der Welt.

Als der Schein des Mondes durch das große Fenster schien, hatte ich endlich die Möglichkeit, mir die Person etwas genauer anzusehen.
Es war eine Frau, vielleicht Mitte 20. So genau konnte man es nicht sagen, denn ihre Erscheinung war alles andere als Gepflegt. Ihre langen lockigen Haare hingen ihr wirr ins Gesicht, von einer Bürste hielt sie anscheinend nicht viel.
Ihre Augen brannten sich förmlich in mich, als würde sie mich Zentimeter für Zentimeter abscannen , um es für später in Erinnerung behalten zu können. Sie verhielt  sich wirklich mehr als seltsam und diese Stille war auch irgendwie unheimlich.

„Wie heißt du? ", fragte ich mit unnatürlich rauer Stimme. Ich trank einen Schluck des Wassers und räusperte mich kurz „und was tust du hier?"

Die Frau stürzte ihre Hände an ihren Beinen ab und legte dann ihren Kopf in ihre Hände. Denn Kopf leicht schief gelegt blickte sie mir entgegen und erwiderte  :„ Sind Namen wirklich wichtig? Vielleicht heiße ich Christina oder Tina oder möglicherweise Tatjana. Welchen Unterschied macht ein Name?"
Verwirrt sah ich sie an, doch sie sprach gelassen weiter:„ und zu deiner zweiten Frage; ich besuche dich!"

„Kennen wir uns denn?", irritiert über ihre Antworten, runzelte ich meine Stirn.

„Muss man jemanden kennen um ihn zu Besuchen?"

Okay, das ganze hier wurde langsam aber sicher wirklich schräg.
Aber immerhin antwortete Tina, Christina oder Tatjana wenigstens auf meine Fragen.
„Wo sind wir hier?"

Diese Frage schien ihr zu gefallen, ihr Gesicht wurde freundlicher und ihre Augen begannen zu strahlen als sie mir schnell antwortete:„Wir sind zuhause!"

Was? Doch bevor ich weiter nachfragen konnte, waren entfernte Schritte zu hören die langsam näher kamen.
Tina, Christina oder Tatjana sprang aufgeregt auf die Beine raunte mir noch ein:„Ich komm dich morgen wieder besuchen!", zu und verschwand.
Ein paar Sekunden später wurde die Tür geöffnet und das Licht angeknippst.
Eine ältere Frau mit einem weißen Ärzte Anzug kam zu mir an mein Bett.
„Wieso sind sie wach? Es ist mitten in der Nacht!", schnauzt sie mich ziemlich unfreundlich an.
„Ich.. Hatte Durst.." erwiderte ich leise und starrte auf den Becher mit Wasser der sich in meiner Hand befand.
„Natürlich.. ", sagte sie jetzt in einer etwas freundlicher wirkenden Tonlage „Ich habe ihnen eine Tablette gegen die Schmerzen gebracht."
Sie hielt mir eine kleine weiße Tablette hin.
„Ich habe aber keine.. "
„Nehmen Sie die Tablette ein!" fiel sie mir barsch ins Wort.
Mit dieser Frau war wirklich nicht gut Kirschen Essen.
Wo war ich hier? Die Leute waren alle irgendwie seltsam.
Stumm nahm ich die Tablette und schluckte sie hinunter. Mein Kopf tat wirklich etwas weh.
„Und jetzt versuchen sie etwas zu schlafen. Morgen wird sich jemand um sie kümmern."
Mit schnellen Schritten verließ sie das kleine Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Verwirrt ließ ich mich zurück auf meine Matratze sinken.
Mein Kopf brummte wie verrückt und es fiel mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Morgen früh würde ich zu aller erst heraus finden wo ich mich befand, denn mit der kryptischen Antwort 'Wir sind zuhause' würde ich mich mit Sicherheit nicht zufrieden geben.
Meine Arme und Beine fühlten sich schwer an, ganz so als ob ich einen Marathon gelaufen wäre, ich schloss meine Augen und merkte wie ich langsam aber sicher wieder in das Land der Träume abtauchte.
Diesmal allerdings waren es keine schönen Träume.



Dunkles Verlangen [✔️] Where stories live. Discover now