Verhör

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Wie oft soll ich es denn noch wiederholen!? ", genervt hielt ich meine Hände an meinen Kopf und schloß für einen kurzen Moment die Augen.

Als ich diese gleich darauf wieder öffnete, blickte ich in das Gesicht des bulligen Polizisten vor mir. Dieser warf mir einen verächtlichen Blick zu, der wohl verdeutlichen sollte wie wenig er von mir hielt.
„ Sie werden das ganze so oft wiederholen, bis wir die Wahrheit zu hören bekommen. Und es ist mir egal wie lange wir dafür hier sitzen werden! "

„Ich habe ihnen bereits die Wahrheit erzählt." Presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus.
So langsam hatte ich wirklich Mühe mich zusammen zu reißen und nicht laut los zu schreien.

Arrogant verschränkte der Polizist die Arme vor seiner Brust und ließ sich entspannt auf seinem Stuhl zurück gleiten. Auch ihm war mein veränderter Gemütszustand nicht entgangen. Kein Wunder. Seitdem er und sein Kollege mich vor ungefähr drei Stunden aus dem Flughafen gebracht haben, in Handschellen (!) wohlgemerkt , hatte er mich keine Sekunde aus den Augen gelassen.
Frustriert ließ ich meinen Blick zu meinen Handgelenken wandern. Die roten Striemen waren Immer noch deutlich zu erkennen. Der kräftige, arrogante Polizist hatte sie mir ohne ein weiteres Wort der Erkältung angelegt und als ich protestiert hatte, war seine Antwort drauf nur ein dreckige Grinsen und ein fester Druck auf die Handschellen, die sich daraufhin schmerzhaft in meine Haut drückten.

„Miss Jones..? "
Erschrocken blickte ich auf und sehe in die grünen Augen des zweiten Polizisten, der mich mit einem milden Lächeln ansieht.
„Ähm.. Wie war die Frage?"

„Würden Sie Ihre Geschichte bitte noch einmal erzählen? ", mitfühlend sieht er mich durch seine, viel zu dicke braune Hornbrille an und lächelt aufmunternd.
Diese guter Cop und böser Cop Nummer ging mir langsam aber sicher gehörig auf die Nerven. Damit hatten die beiden angefangen als wir uns auf dem Weg zum Polizeirevier befunden hatten.
Polizist Nummer eins, der 'böse Bulle', warf mir einen Blick durch den Rückspiegel zu und fragte ob ich jemals in meinem Leben bei einem anständigen Friseur gewesen sei.
Woraufhin Polizist Nummer zwei, der 'gute Cop', ihm beruhigend den Arm auf die Schulter gelegt hatte. Kurz darauf drehte er sich zu mir um und versicherte mir, meine Frisur würde mir stehen und sein Kollege hätte heute nur schlechte Laune.

Vollidioten!
Meine Frisur war scheiße, aber lange nicht so schlimm wie dieses jämmerliche Schauspiel der beiden. Ich hatte keine Ahnung ob diese Masche jemals bei irgendjemanden gut angekommen war aber bei mir sicherlich nicht.
Kurz nach der Autofahrt hatten die beiden mich in diesen kleinen Raum in der Polizeiwache gebracht und mich über meine Rechte aufgeklärt. Seitdem saß ich hier. Es gab nicht mal eine Uhr in diesem Raum, nur einen Eisentisch in der Mitte des Raumes, den Stuhl auf dem ich saß und zwei weitere mir gegenüber für die beiden Polizisten.

„Mia? ", erneut lächelte mich Polizist Nummer zwei an „Ich darf sie doch Mia nennen oder?"
„Nein.", erwiderte ich prompt „dürfen sie nicht!"

Gleich zu Beginn meines Aufenthaltes hier, hatten sie mir meinen Pass und den Ausweis hingeworfen. Mr. 'böser Cop' hat mir hämisch mitgeteilt dass es die schlechteste Fälschung wäre, die er je zu Gesicht bekommen hätte.
Der kurze Schock, der in diesem Moment von mir Besitz ergriffen hatte, verging ebenso schnell wieder, als ich in seine  grinsende Fassade sah.
Er wartete nur darauf das mein aufgesetztes ruhiges Wesen zerbrockelte und ich los heulen würde. Den Gefallen wollte ich ihm aber nun wirklich nicht tun, also setzte ich ein gekünsteltes Lächeln auf, von dem ich hoffte es würde echt wirken und erklärte mich bereit zu kooperieren.
Dies war immer der Moment gewesen vor dem ich mich am meisten Gefürchtet hatte.
Die anfängliche Angst die ich verspürte löste sich allerdings ziemlich schnell und verwandelte sich in Ärger.
Ärger über die unheimliche Ignoranz meiner gegenüber und die Tatsache, dass sie mir kein einziges Wort glaubten.
Zwei Mal hatte ich ihnen schon alles erzählt.
Natürlich musste es auch für die beiden ein Schock gewesen sein zu hören wie es wirklich war und ich hatte auch Verständnis dafür es ein zweites Mal wiederholen zu müssen. Aber ein drittes mal?

„Wie wäre es, wenn Sie endlich anfangen würden die Kameras zu überprüfen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie finden werden was sie suchen. Und zwar den echten Mörder und der bin nicht ICH !"
Ich hatte es satt für dumm verkauft zu werden. Ich hatte auch den mitleidigen Blick satt, der mir immer zugeworfen wurde.
Mein einziger Fehler bestand darin nicht direkt am Anfang zur Polizei gegangen zu sein, aber wenn ich mir diese zwei Trottel vor mir genauer ansah war auch das kein Fehler gewesen.

Der 'gute Cop' fuhr sich leicht irritiert durch die wenigen Haare die noch seine Kopfhaut bedeckten und sein Lächeln verutschte leicht als er leise antwortete: „Das werden wir Miss aber... "
Weiter kam er nicht denn Polizist Nummer eins war aufgesprungen und beugte sich bedrohlich nah zu mir herüber. Das Aftershave, welches er aufgetragen hatte reizte meine Nase. Er roch schrecklich. Wann würden Männer endlich verstehen dass weniger manchmal mehr war.
„Wir können hier auch ganz andere Seiten aufziehen! Bis jetzt waren wir wirklich nett zu Ihnen, aber irgendwann ist auch unsere Geduld erschöpft! Sag. Uns. Die. Wahrheit! ", brüllte er mir entgegen.
„Das habe ich getan! Bereits zwei Mal, aber sie wollen es ja nicht glauben..sehen sie sich doch einfach die Aufnahmen an..", meine Stimme zitterte leicht. Ich hasste es angebrüllt zu werden. Trotzdem setzte ich mich ein wenig aufrechter auf meinen Stuhl.
Ich hatte schon viel von erzwungenen Geständnissen gelesen und so etwas wurde mir nicht passieren, egal wie viel Angst er mir auch einflößen mochte.

Mittlerweile hatte er sich wieder ein wenig zurück gezogen und ich atmete etwas befreiter durch.
Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wahrscheinlich auf der Stelle umgekippt.
Seine Augen verengten sich zu bedrohlich kleinen Schlitzen und man konnte seinen Kopf richtig Arbeiten sehen.
Einen kurzen Moment später hellte sich seine Miene allerdings wieder auf und er schnalzte mit der Zunge bevor er anfing zu sprechen: „Dann versuchen wir es eben anders. Vielleicht sind Sie ja bei dieser Frage etwas kooperativer."
Mit einer geübten Handbewegung zog er seinen Stuhl zu sich heran und setzte sich rittlings drauf.

„Mia", er betonte extra meinen richtigen Namen „erzählen Sie uns doch bitte wie Ihre Eltern gestorben sind. "

„Was??", fassungslos starrte ich einen Moment in das grinsende Gesicht des Mannes vor mir.
Mit dieser Frage hatte er mich wirklich aus dem Konzept gebracht.
„Was sollen meine Eltern bitte hiermit zu tun haben? "

Noch bevor der Mann die Schadenfreude, die ihm merklich im Gesicht geschrieben stand, voll und ganz auskosten konnte öffnete sich die Tür des kleinen Raumes einen Spalt breit.

Ein Mann kam einen Schritt in den Raum und wandte sich an Arschloch Nummer eins. „Sir, wir brauchen Sie kurz. "
Sein Blick traf kurz den meinen und auch wenn meine Gedanken gerade um andere Dinge gekreist waren, war ich plötzlich hell wach.
Diesen Mann würde ich überall wiedererkennen. Diese Augen würde ich überall wiedererkennen. Blau, so strahlend wie der Ozean an seinem besten Tag!

„Nick", flüsterte ich heißer.

Sofort lagen alle Blicke auf mir, ich konnte sie spüren hatte aber nur Augen für den Mann vor mir.
Der Polizist mit der Hornbrille fand als erster wieder zu sich.
Unglaubig musterte er mich :„ Nick? Sie meinen den Nick der mit ihnen auf der Flucht war? "

Ich konnte nicht begreifen was ich gerade geschah. Wieso war er hier? Und warum begab er sich freiwillig in so eine Gefahr!?

Nick stand immer noch in der Tür, aber anstatt verwirrt auszusehen überzog sein Gesicht ein breites Lachen.
„Scheiße! Auf welchem Tripp ist die denn?", prustete er zwischen Lachanfällen hervor „Sorry kleine, aber mein Name ist weder Nick, noch würde ich dir bei der kranken Scheiße die du da veranstaltet hast helfen!"

Wollte der Kerl mich komplett verarschen? In meinem Kopf brannten alle Sicherungen auf einmal durch. Dann ging alles ganz schnell.
Ich brüllte hysterisch und versuchte auf Nick loszugehen. Ich würde ihn umbringen! Der bullige Polizist war unglaublich schnell bei mir und packte mich am Arm und der andere schnappte sich Nick, um ihn aus der Tür zu ziehen.
Ich schrie und schlug um mich. Ich weiß nicht mehr wie es passiert ist aber plötzlich war der Raum voller Menschen die laut riefen und versuchten mich festzuhalten und zu beruhigen.
Irgendjemand rief nach einem Arzt und kurze Zeit später hatte ich auch schon eine Spritze im Arm stecken.

Ein paar Sekunden später verschwamm das kleine Verhörzimmer immer mehr vor meinen Augen und auch die Stimmen der vielen Menschen wurden immer leiser.


Dunkles Verlangen [✔️] Where stories live. Discover now