Das Angebot 2

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Am nächsten Morgen wurde ich unsanft aus dem Schlaf gerissen. Sonnenstrahlen, die sich einen Weg durch die halb geschlossenen Jalousien gebahnt hatten, kitzelten meine Nase.
Das allein sorgte allerdings nicht dafür, dass ich panisch aufsprang und mich ungünstig in der Decke verfing und unsanft auf dem harten Boden landete. 
Es war der beißende Geruch von Rauch der in meine Nase stieg und ein Gefühl von Übelkeit in mir aufkommen ließ. 

Feuer! 

Schnell befreite ich meine Beine von der dünnen Decke, die ich mir gestern Nacht übergeworfen hatte und rappelte mich hoch. 
Kurz ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen um die mögliche Quelle des Feuers auszumachen, meine Bemühungen wurden jedoch schnell von einem lauten klappern und einem leise gerufenen "Fuck!" unterbrochen. 
"Was zum…", das Geräusch war eindeutig aus der Küche gekommen und der leise Ausruf kam mit ziemlicher Sicherheit von Nick. 

Kurz darauf war ich auch schon in der Küche angekommen und lehnte mich gegen den Rahmen der Tür.
Ich wusste nicht genau ob ich den Anblick, der sich mit bot, lustig oder eher erschreckend finden sollte.
Nick stand mit dem Rücken zu mir vor der Herdplatte und hantierte ungeschickt mit der Pfanne vor ihm.
Er hatte wohl versucht etwas zu kochen, dem Geruch nach zu urteilen war das jedoch eindeutig schief gegangen.
Er zog scharf die Luft ein und schmiss die Pfanne frustriert in das Spülbecken neben ihm.
Dampfender Rauch schoss empor als die heiße Pfanne in das kalte Wasser traf.
"Was hat die arme Pfanne dir denn getan?" leicht belustigt über seine unfähigkeit zu Kochen ging ich einige Schritte in die Mitte des Raumes. Erschrocken fuhr er herum und starrte mich einen Moment irritiert an.
"Sie hat den Bacon verbrennen lassen." schulterzuckend deutete Nick auf das mittlerweile braun gewordene Wasser.
"Du hättest Miss Mills fragen können, sie hätte dir bestimmt gezeigt wie man es schafft ein Frühstück zuzubereiten ohne dass der Bacon danach aussieht wie ein Stück Holzkohle."
Ich wusste nicht genau woher ich meinen Mut nahm, aber unser Gespräch gestern Abend fühlte sich tatsächlich etwas befreiend an. Ich würde diesem Mann niemals vertrauen und ja, tief im Inneren wusste ich dass ich ihn Hassen sollte, für das was er mir angetan hatte. Gleichzeitig aber war er auch meine einzige Möglichkeit so ziemlich unbeschadet aus der Sache rauszukommen.

Auch Nick erkannte das meine Stimmung heute wesentlich gelassener war als die letzten Tage, er unterzog mich einer schnellen Musterung bevor er antwortete.
"Da wir bereits Nachmittag haben, wäre es eher ein Mittagessen als ein Frühstück geworden und Miss Mills ist heute morgen schon früh aus dem Haus gegangen."
Es war schon Mittag? Ich hatte wohl geschlafen wie ein Stein, wenn ich nicht einmal die Abreise der netten Dame mitbekommen hatte.
" Es zieht ein Sturm auf." Seine Worte rissen mich aus meinen Gedanken und ich folgte seinem Blick aus dem Fenster.
Tatsächlich waren die Sonnenstrahlen verschwunden und der Himmel wurde zunehmend dunkler und auch die ersten  Regentropfen prasselten leicht gegen die Scheibe.
" Und wie hast du dich entschieden?" er stand immer noch mit dem Rücken zu mir Gewand am Fenster und beobachtete die Tropfen, die langsam an Intensität zunahmen.
Obwohl ich mit dieser Frage gerechnet hatte, ließ ich mir Zeit mit meiner Antwort.
Den Edelmann nahm ich ihm nicht ab, dieses Angebot war eigentlich zu gut um wahr zu sein und als selbstlosen Mann hatte ich ihn bisher nicht kennengelernt.
Nach dem Video allerdings, waren meine Zweifel was die Kompetenz der Polizei anging ziemlich niedrig. Falls ich mich stellen würde gäbe es keine Garantie, dass sie mir glauben schenken würden und Nick war schlau genug dann schon längst über alle Berge zu sein.
Ich dachte an ein altes Sprichwort:

'Einem geschenktem Gaul schaut man nicht ins Maul'.

Und niemals fühlte es sich richtiger an als in diesem Moment. Ich schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte hinunter und sagte :"Ich werde es gerne annehmen.." obwohl ich selbst nicht ganz davon überzeugt war das richtige zu tun, war es momentan das einzige was mir Sicherheit gab oder.. Wenigstens die Illusion davon.
"Gut, ich werde noch einige Telefonate führen und in zwei Tagen werden wir von hier verschwinden." Noch bevor ich etwas erwidern konnte hatte er auch schon sein Handy in der Hand und tippte darauf herum. Mit schnellen Schritten lief er aus der Küche, jedoch nicht ohne mir davor noch ein paar 'Anweisungen' zu geben.
"Die Küche sieht aus wie ein Schlachtfeld. Kümmer dich darum. Ich erwarte in den nächsten Stunden nicht gestört zu werden."
Kurz darauf war er auch schon verschwunden und ließ mich allein in der Küche stehen.
"Arschloch.."

Seufzend begutachtete ich sein Werk.. Er hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.. Der Herd war voller Fett-Spritzer und die Pfanne war wahrscheinlich ein Fall für den Mülleimer..
Ich fühlte mich wie eine Haus-Sklavin.. Welcher normale Mensch würde auf so eine pampige Ansage hören und auch noch mitmachen..
Was besseres hatte ich allerdings auch nicht zu tun, also öffnete ich widerwillig ein paar Türen, auf der Suche nach einem Schwamm oder Putzmittel.
Das Glück war anscheinend auf meiner Seite denn direkt bei der zweiten Tür fand ich was ich gesucht hatte. Ich begann also die Sachen heraus zu kramen und fing an die Pfanne zu schrubben.
Gerade als ich dabei war die Fett Spritzer zu entfernen, die sich wirklich überall ausgebreitet hatten, fiel mein Blick auf einen Silbernen Gegenstand der auf einem der oberen Regalbretter verstaut war.
Ich musste auf einen Stuhl steigen um heran zu kommen, aber der Aufwand hatte sich gelohnt.

Nick musste sie dort oben abgelegt haben als er versuchte zu Kochen und hatte sie dann wohl vergessen. In meiner Hand hielt ich etwas, von dem ich niemals dachte sie jemals benutzen zu wollen.
Klein, handlich und glänzend.
Ich hatte eine Pistole gefunden.
Unschlüssig was ich damit jetzt genau tun sollte, hielt ich sie in meiner Hand.
Ja, ich könnte Nick töten, aber ich war keine Mörderin und ausserdem war er mein Ticket in ein neues Leben. Eins, dass hoffentlich besser sein würde es mein jetziges.
Aber.. Ich würde sie zur Sicherheit bei mir behalten können.. Zum Schutz.. Und..
Noch bevor ich meine Gedanken zu Ende bringen konnte, ließ mich das laute Geräusch der Türglocke zusammenzucken.
Jemand klingelte Sturm.
Wahrscheinlich Miss Mills die zurückgekommen war.
Die Pistole platzierte ich auf der Anrichte neben dem Herd und schob noch schnell einen Topf davor, so würde man sie auf den ersten Blick nicht gleich erkennen.. Sicher war sicher..
Das penetrante Geräusch der Klingel wollte nicht aufhören also rief ich Kurzerhand "Komme schon!" und lief in Richtung Tür.

Schwungvoll riss ich die dunkle Holztüre auf, doch anstelle der erwarteten Miss Mills, stand da ein Mann mit absolut durchnässter Kleidung.
"Gott sei Dank! Ich habe Licht gesehen und hatte gehofft das sie mir öffnen würden.
Ich war Joggen und wurde vom Sturm überrascht ich.." er verstummte mitten in seinem Wortschwall und musterte mich überrascht.
Scheiße.. Schoss er mir durch den Kopf, er hatte mich erkannt.
Der Mann hatte sich anscheinend recht schnell von seinem Schock erholt und lächelte mich gezwungen an, seine Worte waren erzwungener als gerade eben, doch er bemühte sich um eine höfliche Mimik.
"Ich.. Wollte eigentlich nur Fragen ob ich kurz ihr Telefon benutzen dürfte für.. Ein Taxi.." brabbelte er weiter.




Dunkles Verlangen [✔️] Where stories live. Discover now