Muskelmann

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Zum wiederholten Male in dieser Nacht erwachte ich mit dröhnenden Kopfschmerzen, mein Hals war trocken und meine Beine sendeten einen stechenden Schmerz. Leise stöhnend drehte ich mich auf die andere Seite, nur um im nächsten Moment schockiert inne zu halten.
Etwas hatte sich verändert. Im ersten Moment konnte ich nicht bestimmen was es genau war. Langsam öffnete ich meine müden Augen ein Spalt breit. Es dauerte einige Sekunden bis ich mich an die immer noch anhaltende Dunkelheit in meinem kleinen Raum gewöhnt hatte.

Ich blinzelte ein paar Mal und ließ meinen Blick schweifen, nichts ungewöhnliches, das alte Waschbecken gegenüber meiner Pritsche auf der ich lag tropfte langsam vor sich hin, anscheinend war es kaputt und niemand hatte sich die Mühe gemacht es zu reparieren. Das Fenster neben mir deutete an, dass es wohl immer noch dunkel draußen war. Wieviel Uhr wir hatten könnte ich allerdings nicht sagen, ich schätze es war weit nach Mitternacht.
Gerade als ich meine Augen wieder schließen wollte hörte ich ein leises Rascheln in der dunklen Ecke neben der Tür.

Die Gestalt in der Ecke erhob sich langsam und kam mit leisen Schritten in meine Richtung. Panik überkam mich und ich schloss reflexartig meine Augen, wenn ich so tat als würde ich schlafen, passiert mir nichts schoss es mir durch den Kopf.
Darauf bedacht ruhig und gleichmäßig zu atmen blieb ich wie festgefroren in meiner Position liegen. Das leichte Knarren der liege deutete an das jemand sich zu mir gesetzt hatte. Aber auch ohne dieses Geräusch war ich mir seiner Präsenz nur allzu sehr bewusst. Der leichte Duft des teuren Parfüms, gepaar mit der dominaten Aura die nur er austrahlte, war unverkennbar. Nick saß auf meiner Liege, direkt neben mir.
"Ich weiß dass du wach bist", in seiner Stimme war keinerlei Anspannung zu erkennen, als wäre diese Situation die normalste der Welt. Wahrscheinlich war es das auch für ihn, der Gedanke machte mir Angst und ich kniff die Augen ein wenig fester zusammen, ich wollte garnicht wissen wieviele Frauen er schon hier her verschleppt hatte.
Er seufzte leise. "Du solltest versuchen zu schlafen, kleine. Morgen werden wir früh aufbrechen und du solltest bis dahin wieder fit sein". Mit diesen Worten erhob er sich.

Erst als ich das Zufallende Geräusch der Tür und den darauffolgenden Schlüssel im Schloss hörte, traute ich mich wieder meine Augen zu öffnen. Ich setzte mich auf und vergrub meinen Kopf in meinen Händen.

Was meint er mit wir brechen morgen auf?
Wohin wollte er mich bringen?
Was wollte er überhaupt von mir?

Einzelne Tränen liefen meine Wangen herunter. Wann war ich zu so einem Häufchen Elend verkommen. So war ich nicht, selbst wenn die Situation unausweichlich schien, hatte mich bis jetzt immer soweit im Griff das ich klar denken konnte.
Ich straffe meine Schultern und nahm mir vor, morgen einen Schlachtplan zu entwerfen. Von so einem dahergelaufenem möchtegern Mafioso würde ich mich bestimmt nicht wie eine Gefangene behandeln lassen.
Er würde schon noch erkennen dass das keine Art war mit einer Frau umzugehen.
Ich ließ mich wieder auf mein provisorisch hergerichtetes Bett fallen und schloss die Augen, um abermals in einen unruhigen Traumlosen Schlaf zu fallen.

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Eine große Hand rüttelte unsanft an meiner Schulter. "Steh endlich auf, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit". Grob wurde ich nach oben gezogen sodass ich aufrecht, an eine Wand gelehnt da saß. Schockiert über diesen Übergriff bekam ich kein Wort heraus und starrte meinen Peiniger nur mit offenem Mund an. Meine Schulter brannte ein wenig, doch der große Kerl mir gegenüber schnaubte nur genervt.

Als mein Kopf wieder einigermaßen klar denken konnte erkannte ich den Mann, ich hatte ihn in meiner ersten Nacht im Haus von Nick gesehen. Sein Bruder, Michael? Marko?..

"Du solltest sie nicht verletzen Mikel"!
Die Blondine die ebenfalls mit in dem Haus war, warf Mikel einen genervten Blick zu, machte allerdings auch keine Anstalten ihn davon abzuhalten.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu, der wohl eine Art Entschuldigung ausdrücken sollte und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf mich.
"Komm", er war wohl kein Mann der großen Worte, denn als ich mich nicht sofort bewegte packte er mein unsanft Handgelenk und zog mich hinter sich her. Ein protestierendes "Lass mich sofort los du Arschloch" meinerseits stieß auf Taube Ohren. Soviel ich mich auch wehrte und mich aus seinem Griff befreien wollte, er war einfach viel stärker als ich. Meine Versuche gegen dieses Monstrum anzukämpfen, entlocktem ihm lediglich ein genervtes Stöhnen. Unerbittlich zog er mich weiter den dunklen Korridor entlang und anschließend einige Treppen nach oben. Bei einem meiner Versuche mich zu befreien ließ ich mich einfach auf die Knie fallen, nur um kurz darauf festzustellen dass es absolut keinen Effekt hatte, er zog mich einfach weiter hinter sich her.
Blut floss aus meiner Wunde die ich mir beim unsanften Landen, an meinem Knie zugefügt hatte.

Vor einem dunklem Holztor blieben wir stehen und der Kerl zog mich mit einer Hand nach oben.
"Wir werden jetzt nach draußen gehen, und dann steigst du in das Auto. Ich habe weder Lust auf dein Geschrei noch auf deine lächerlichen Verteidigungsversuche, also halt die Klappe und tu was man dir sagt". Wow. So viele Worte aus seinem Mund hätte ich nicht erwartet. Die Muskelbepackte Holhbirne konnte tatsächlich einen ganzen Satz sagen ohne im Lexikon nachschlagen zu müssen.
"Ich gehe ganz bestimmt nicht mit euch mit. Und in ein Auto werde ich auch nicht einsteigen! Das ist Freiheitsberaubung"
Ohne wirklich zu wissen woher mein plötzlicher Mut kam waren die Worte schon ausgesprochen.
Der Muskelmann grinste dümmlich und wandte sich an seine blonde Begleitung.
"Sie denkt wirklich sie hat eine Wahl"
Die blonde lächelte nur leicht und gab dem Kerl ein kurzes Handzeichen.

Eine Sekunde später hatte ich schon ein Tuch vor meiner Nase. Erschrocken holte ich Luft um zu schreien, doch eine Sekunde später hatte mich schon die Dunkelheit in ihren Bann gezogen.

Dunkles Verlangen [✔️] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt