Kein Titel..

21.3K 666 92
                                    

Scheisse, scheisse, scheisse.
Ich hätte niemals diese dumme Türe öffnen sollen, dachte ich bei mir, während ich den schmalen Gang entlang lief. Mit dem fremden Mann im Schlepptau, der hinter mir lief und sich sichtlich unwohl fühlte.
Klar, er dachte ja auch ich wäre eine gestörte Serienkillerin.
Stehen lassen konnte ich ihn ja schlecht. Meines Wissens nach gab es meilenweit keine anderen Häuser oder etwas anderes.
Warum musste er auch ausgerechnet in diesem abgelegenen Teil des Waldes joggen gehen und warum war der Akku seinen Handys leer? Wer ging den mit leerem Handy aus dem Haus?
"Tut mir echt leid sie gestört zu haben, war mein Fehler.. Ich telefoniere nur kurz und dann sind sie mich schon wieder los.. " Nervös kaute er an seiner Unterlippe herum.
Ich nickte nur knapp und führte den Mann zu dem Festnetztelefon, neben der Küche. Es war nicht angeschlossen, denn genau diesen Versuch hatte ich schon an meinem ersten Tag hier unternommen, also musste ich mir keine Sorgen machen, dass er die Polizei alarmieren würde.

Ich benötigte nur einen Moment Zeit um mir darüber klar zu werden was ich jetzt machen sollte.
Er hatte mich erkannt, da war ich mir sicher.
Sein plötzliches  Stottern und seine Augen die sich vor Schrecken geweitet haben als er mich erkannte, waren Beweis genug.
"Und.. Wohnen sie allein hier?" er bemühte sich sichtlich den Schein zu wahren denn er setzte hastig nach "Ich meine.. Weil das Haus ja ziemlich groß ist.. Für eine Person.." seine Worte sollten wohl beruhigend klingen, smalltalk halten und so weiter, aber seine Augen, die den Baseball Schläger neben dem Telefon fixierten zeigten mir, dass ich auf der Hut sein musste. Wenn der Kerl es darauf anlegen würde, könnte er mich ohne große Schwierigkeiten überwältigen. Er war groß gebaut und überragte mich um mindestens einen Kopf, seine Athletische Figur und die Tatsache dass er anscheinend problemlos große Strecken joggen konnte, bewiesen das er mir auch körperlich um einiges überlegen sein würde.

Schön dachte ich mir.. Wenn du spielen willst bin ich gerne dabei. Also setzte ich ein, wie ich hoffte ehrliches lächeln auf und antwortete zuckersüß :"Nein, mein Freund ist gerade oben und duscht.. Ich rufe ihn kurz, damit er sie auch begrüßen kann."
Kurz darauf brüllte ich durch das ganze Haus nach Nick.
"Schatzzz wir haben Besuch!"
Das gezwungene Lächeln des Mannes verutschte leicht als ich anfing zu schreien.
Als sich jedoch auch nach einigen Sekunden oben im Haus nichts bewegte und Nick auch noch nicht in Sichtweite war, wurde mir etwas flau in der Magengegend.

Ich räusperte mich kurz und zeigte dann mit leicht zitternden Händen auf das Telefon, das unweit von uns auf einem kleinem Tresen stand. "Sie können sich ja  ein Taxi rufen, mein Freund müsste gleich kommen und ich werde in der Zwischenzeit die Küche in Ordnung bringen." Ich betete Inständig dass das Zittern in meiner Stimme unerkannt blieb und verschwand schnell durch den Türbogen rechts neben mir.

In der Küche angekommen klammerte ich mich am Spülbecken fest und versuchte meine nervöse Atmung zu unterdrücken. Wo war Nick? Ich hatte laut genug gerufen, solange er nicht spontan Taub geworden war, hätte er es hören müssen, oder er war der Meinung seine Anwesenheit war nicht von nöten.. Beides war nicht gerade in meinem Interesse.
Ein leises Rascheln hinter mir ließ mich erschrocken herumwirbeln.

"Wo ist denn dein 'Freund'?" der Fremde Mann stand mit dem Baseball Schläger in der Hand direkt vor mir und grinste mich diabloisch an.
"Der.. Müsste gleich kommen." antwortete ich eine Spur zu piepsig und verfolgte den Schläger, den er locker von einer Hand in die ander Wandern ließ.
Sein Lächeln wurde breiter als er noch einen Schritt auf mich zu machte.
"Natürlich.. das Telefon ist übrigens tot.. Wirklich Schade, ich hatte zu gerne die Bullen angerufen damit sie dich abholen kommen, du Freak. Aber, das Kopfgeld für sich werde ich auch so bekommen."
Ich musste Zeit gewinnen, also ging ich einen Schritt zur Seite, ich war mir Sicher das hier irgendwo der Topf stand. Während ich so unauffällig wie möglich versuchte mit meiner Hand dort hinzugelangen fragte ich ihn von was für einem Kopfgeld er überhaupt spräche.
"Tu nicht so unschuldig du Misstück!"
Wütend zog er seine Augen zusammen und packte den Griff des Schlägers fester. Er war nur noch ungefähr einen Meter von mir entfernt als ich endlich den Topf zu fassen bekam. Ich schleuderte diesen mit voller Wucht auf ihn.
Er wich geschickt aus und der Topf knallte mit einem lauten Peng an die Wand hinter ihm und landete anschließend auf dem Boden.
Überheblich blickte er dem Topf hinterher und lachte auf.
"Das Zielen solltest du wohl nochmal üben."
Als er seinen Blick wieder zu mir wandte verging das Lachen so schnell wie es gekommen war.
Ich hatte die Pistole direkt auf ihn gerichtet.
"Vielleicht treffe ich hiermit ja besser.."

"Okay.. Hör zu.. Wir können uns bestimmt einigen. Du legst die Waffe weg und ich das Ding hier" er wackelt leicht mit dem Baseballschläger, "und dann verschwinde ich einfach.. Was hältst du davon. So wird niemand verletzt."
Anscheind konnte man mir ansehen, wie ich darüber nachdachte. Ich wollte keinen Menschen verletzten, aber dieser Kerl hatte gerade mein Leben bedroht. Unschlüssig Was ich tun sollte sah ich auf die Waffe in meinen Händen. Ich war keine Mörderin. Meine Hände fingen an zu zittern und ich mußte mich honzentrieren sie nicht fallen zu lassen.
Ich hatte nicht bemerkt wie er sich leise genähert hatte und nun direkt vor mir stand.
Schnell hob ich die Waffe wieder nach oben und zielte auf ihn. "Komm nicht näher!"
"Komm schon.. Wir wissen beide, dass du mir nichts tun willst. Ich kann dir helfen.."
Seine Hand legte sich um die Waffe in meiner Hand.

Ein lauter Knall ertönte und die Augen des Mannes wurden glasig. Seine Finger lösten sich von der Pistole in meinen Händen und er sackte vor meinen Augen zusammen und schlug auf dem Küchenboden auf.
Blut floß in strömen aus dem Loch in seinem Kopf. Er war tot..

"Nein!" zitternd ging ich in die Knie und starrte panisch auf dem Mann, der leblos da lag. Ich hatte jemanden getötet..
Er durfte nicht tot sein!
Ich rutschte etwas näher heran und rüttelte leicht an dem Körper.
Doch das Blut und das riesige Loch, das in seinem Schädel klaffte ließ keinen anderen Schluss zu.
"Nein, nein, nein, nein! Bitte nicht."

"Du hättest abdrücken sollen." ruckartig bewegte ich meinen Kopf.
Nick stand mit versteinerter Mine im Türrahmen. In der rechten Hand hielt er ebenfalls eine Pistole. Ausdruckslos betrachtet er den Mann am Boden.
"Was..?" Ich war mir nicht sicher ob ich seine letzten Worte richtig verstanden hatte.
"Ich sagte, du hättest abdrücken sollen! Er hätte dich ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Du warst schwach." fügte er noch mit Verachtung hinzu.

"Du hast ihn umgebracht.." ich wusste das die Erleichterung die mich überkam völlig unangebracht war, aber trotzdem fiel mir ein Stein vom Herzen.
Ja, der Mann war tot, aber Nick hatte Recht. Entweder er oder ich..
"Gern geschehen.." Er kam auf mich zu und bückte sich nach der Leiche.
"Ich kümmere mich um den hier und du machst den Boden sauber!"

Kürze Zeit später robbte ich tatsächlich mit einem Wischmopp und Scheuermilch in den Händen, auf dem Boden herum und putze das Blut weg.
Es war widerlich und grausam und ich hatte des öfteren das Gefühl mich übergeben zu müssen, doch ich hielt durch und kämpfte gegen das Blut und die Erniedrigung an.
Ich war schwach.. Er hatte mir mein Leben gerettet.. Jedenfalls davor in einen Hichsicherheitstrakt gestopft zu werden.. schon wieder..

Eine halbe Ewigkeit später stand ich mit Nick mit zwei gepackten Reisetaschen vor seinem Auto.. Nachdem alles gesäubert war, wie er es nannte, hatte er darauf bestanden sofort los zu fahren.
Ich war mehr als einverstanden. Noch eine Nacht in diesem Haus hätte ich nicht ertragen.. Nicht nachdem was ich getan hatte.. Was er getan hatte..
Wir..

Ich kuschelte mich in den Ledersitz und schloss einen Moment die Augen, eine einzelne Träne bahnte sich einen Weg nach unten. Ich wollte nicht weinen, sei stark Mia!
Mit einer fast liebevollen Geste tupfte Nick mit die Träne aus dem Gesicht.
"Alles wird gut.." sagte er leise und ich war mir nicht sicher ob diese Worte für ihn oder mich bestimmt waren.
Mit einem letzten Blick auf mich steckte er den Schlüssel in das Zündschloss des schwarzen Audis und startete den Wagen.



Dunkles Verlangen [✔️] Where stories live. Discover now