1. Kapitel Die Titanic

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Wenn deine Eltern dir immer erzählen, das ihr erstes Kennenlernen auf einem Revierkampf beruhte, wusstest du, dass deine Wenigkeit kein normales Leben führen konnte. Immer wieder kamen sie mit ihrer Liebe auf den ersten Blick, dieser Seelenverwandtschaft oder Prägung. Ehrlich gesagt konnte ich mir nicht vorstellen, wie etwas romantisch daran sein sollte, das dich ein riesiger Wolf auf den Boden drückt, während deine kühlen Arme um seine Kehle lagen. Dann sah man sich in die Augen und schon war man Hals über Kopf verliebt. Nein, mein Verständnis fehlte vollkommen. Vielleicht lag es auch daran, das ich das männliche Geschlecht auch noch nicht als attraktiv ansah. Allerhöchstens als nervtötend.

Meine Mutter meinte immer, sie hätte einen Cousin namens Billie Black, von seiner Familie hatte sie ihr Wolfsgen geerbt. Mein Vater war jetzt vierhundert und sechzig Jahre alt, er wurde von einer Vampirin in einer Nacht in Spanien verführt und gebissen. Als die beiden sich kennengelernt haben, haben sie es zunächst auch nicht glauben können. Doch schon bald ritzten sie an jeden erdenklichen Baum Carlos und Vivianne ein. Es klang fast wie ein Märchen. Bis zu dem Zeitpunkt, als meine Mutter beinahe gestorben wäre, als sie mich auf die Welt brachte. Allein schon die unerwartete Schwangerschaft hatte ihr alle Kräfte geraubt. Stellt euch einen großen brauen Wolf vor, der ein kleines nasses Bündel mit roten Augen gebährt, während ein panischer spanischer Vampir versuchte, das Herz des Wolfes durch eine Druckmassage zum Weiterschlagen zu bringen.

Nun, keine sieben Jahre später saß ich neben einer braunhaarigen Frau und einem schwarzhaarigen Mann am Frühstückstisch und verschlang das aufgetischte Essen mit wenig Begeisterung. Mein Vater hatte eine ungewöhnliche Blässe wie alle Vampire, die seine olivenfarbene Haut etwas seltsam, aber keines Falls hässlich aussehen ließ. Im Gegenteil, er war sehr anziehend, seine roten Augen hielt er immer unter Schokobraunen Kontaktlinsen verborgen, so wie ich, das makellose Gesicht trug meistens ein Lächeln. Er war gut gebaut und das kurze schwarze Haar stand zu allen Seiten ab. Meine Mutter war schlank, hochgewachsen, sonnengebräunt und hatte braune Augen. Meine Haarfarbe entstammt wohl von ihrer Mutter, die hatte ebenfalls hellblonde Haare. Meine waren hinten kurz und wurden nach vorne immer länger, bis sie mir auf meine Schultern reichten.

Ich spielte wie so oft mit einer Strähne, während ich meinen angebissen Beagle vor mir in meinen Kakao ertränkte und leise die Musik von Titanic dazu summte. "Lass Jack und Kate weiterleben und ess lieber auf Schatz, so schlimm wird es schon nicht werden", sagte meine Mutter, rettete das Gebäck vor dem Absaufen und legte es auf meinen Teller. Ich murrte, mümmelte dann aber weiter an dem Beagle und sah hoch zu dem kleinen Fernseher über dem Küchenherd. Dort sprach ein dunkelhäutiger Mann gerade über eine gefundene Leiche, vermutlich von einem Dieb zu Tode gebrachten Mann. Meine Mutter Vivianne seufzte und sah meinen Vater anklagend an. "Wie soll ich diese ganzen Mordfälle aufklären, wenn du mindestens die Hälfte davon verbrochen hast", sie hob ihre hübschen Augenbrauen und mein Vater lachte.  Sie arbeitete bei der Kriminalpolizei und ihr Gebiet waren Mordfälle, was keine Seltenheit in Chicago war.

"Die Hälfte, das kann nicht sein...", scherzend hob er seine Hand und zählte an den Fingern seine 'Beute' ab. Meine Mutter knuffte ihn in die Seite und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Mehr nicht, jetzt fühle ich mich aber gekränkt", er legte sich gespielt dramatisch eine Hand ans Herz, nahm dann ihre Taille, wirbelte mit unglaublicher Geschwindigkeit mit ihr durch unsere Küche und presste meine Mutter gegen die Gibswand um sie zu küssen. Belustigt stieß sie den Vampir von sich weg und richtete ihr Sonntagskleid. Er lachte und strich ihr eine Strähne hinter das Ohr.

Ein Ruck durch fuhr mich, ich ließ meinen Beagle fallen. Vor meinen Augen tauchten die Bilder von unbekannten Gestalten mit roten Augen auf, ihre Kleider waren verunstaltet, ihre Haare zerzaust, ihr Blick blutrünstig. Sie kamen um zu Töten, schoss es mir durch den Kopf. Das Bild verschwand und ich sah zitternd auf meinen Kakao hinunter, an seinem Grund lag jetzt mein Frühstück wie die Titanic am Meeresboden.

"Mäuschen, alles okay?", meine Mutter legte ihre Hände an meine Wangen und zog mein Gesicht auf ihre Höhe. "Sie kommen. Andere Vampire kommen. Und sie wollen den Fehler auslöschen", sagte ich, meine Stimme war schwach. Mein Vater sah mich an, seine Augen verrieten seine Panik. "Aber wie haben sie von dir erfahren?", fragte er mehr sich selbst als mich. "Henry...", ich wollte ihm nicht in die Augen sehen. Henry war sein bester Freund, sein Vertrauter. Doch seit meiner Geburt, oder besser gesagt schon seit der Hochzeit mit meiner Mutter hatte er sich immer mehr von uns entfernt. Doch sowas hatte keiner von uns ihm zugetraut. Ich wollte am liebsten weinen, doch das konnte ich leider nicht. Das verhinderte meine Vampirseite. Ich kannte ihre Gedanken aus meiner Vision. 'Und alle die sich uns in den Weg stellen werden sterben'

Könnte ich meine Eltern davon überzeugen, mich nicht zu beschützen? Nein, ich wusste es, mein Instinkt der mit meiner Gabe verbunden war zeigte es mir. Sie würden sterben. Aber das konnte ich nicht zu lassen. Ich richtete mein Kleid, stand auf und ging in mein Zimmer. Der Appetit war mir deutlich vergangen. Mein Blick fiel auf meinen Spiegel, dort sah ich einem etwa achtzehn Jahre alten Mädchen entgegen, ich war seit einem Jahr nicht mehr gewachsen. Meine Gesichtszüge waren weich, doch fühlten sich wie Stein an. Ich nahm die braunen Kontaktlinsen, meine Alten waren schon etwas kaputt und legte sie mir ein. Ich war ganz zufrieden mit meinem Äußern, zumindest sollte es für die Kirche reichen, dachte ich und sah ais dem Fenster. Ich spürte, wie sich jene Gestalten nährten und es lag an mir das Unvermeidliche doch irgendwie zu verhindern.

Two Hearts (Twilight FF) Where stories live. Discover now