Flucht aus Asgard

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Loki hörte die nahenden Schritte und hob trübe den Kopf. Eigentlich war es ihm von Herzen egal, wer sich ihm da mal wieder näherte, um etwas Spass zu haben, aber etwas an den forschen, festen Schritten kam ihm seltsam bekannt vor. Volstagg..? Der war gross und schwer genug, um ein solches Beben auf dem Boden zu hinterlassen. 'Wie passend!', dachte er mit einem Anflug von Galgenhumor. 'Nachdem Fandral hier gewesen ist, kommen sie jetzt wohl einer nach dem anderen angeschlichen'. Er atmete tief durch und wappnete sich für das Unvermeidliche...

Doch dann blieb beinahe sein Herz stehen. Denn der Mann, der da auf ihn zutrat, war nicht Volstagg. Auch nicht Hogun. Nein, wer sich ihm da mit raschen Schritten näherte war ein blonder Hüne mit wehend rotem Umhang.

Thor! Loki wurde leichenblass und versuchte unbewusst, zurückzuweichen. Es half natürlich nichts, er stiess nur an das gegenüberliegende Gitter. Seine Augen weiteten sich schreckensstarr, und ohne dass es ihm bewusst war, streckte er abwehrend die linke Hand aus. Sie zitterte.

«Loki!» sagte Thor hastig und leise. Er warf einige seltsam gehetzte Blicke um sich. Doch da es bereits zu dämmern begonnen hatte, war ausser ihnen niemand zu sehen. «Ich bin gekommen, um dich hier rauszuholen.»

Loki blickte ihn nur schweigend an. Sein Atem ging heftig, und als Thor vor ihm in die Hocke ging und seine Augen suchte, konnte er nicht verhindern, dass ihm ein leises Stöhnen entfuhr. Noch immer streckte er abwehrend die Hand aus – was natürlich völlig idiotisch war. Als hätte er ernsthaft eine Chance, den blonden Riesen abzuwehren!

Seine Erstarrung brachte Thor aus dem Konzept. Ob Loki ihn nicht verstanden hatte? Er versuchte es erneut, während seine Finger gleichzeitig nach dem Schloss des Käfigs tasteten. Er würde es aufbrechen müssen. «Loki, hast du mich gehört? Ich hole dich hier raus... Ich kann das nicht mehr mitansehen.»

Lokis Augen schlossen sich, und er merkte, wie er in sich zusammensackte. Seine Hand fiel nach unten. «Schon... gut...» War das wirklich seine Stimme? Dieses krächzende, kaum verständliche Etwas? Er räusperte sich und sah wieder auf. «Ich kann... verstehen, dass dir... das Spass macht. Aber...» Ein Zittern durchfuhr ihn, seine wenige Kraft drohte ihn zu verlassen. Innerlich hörte er sich aufschreien. «...es tut mir leid, wenn ich dich... enttäuschen muss. Ich falle nicht... auf dieses Spielchen herein.»

Thor verhielt mitten in der Bewegung. Nun war er es, der Loki anstarrte. Fassungslos, ungläubig – und erst nach einigen Atemzügen begreifend. «Loki, um Himmels Willen...» Er stockte mitten im Satz. Dieser Blick aus den Augen seines Bruders! So unendlich traurig und... verletzt. Als habe er ihm gerade ein Messer zwischen die Rippen gestossen. «Du glaubst, ich spiele mit dir?» Er schaffte es kaum, verständlich zu sprechen. Die schreckliche Erkenntnis schockte ihn vollkommen.

«Warum... solltest du sonst hier sein?» gab Loki kaum hörbar zurück, ehe er die Augen schloss und den Kopf ans Gitter lehnte. Thor sah, dass er am ganzen Körper zitterte – aber nicht vor Kälte. Die linke Hand krallte sich kurz in den Boden, ehe er sie resigniert in den Schoss fallen liess.

Thor begriff instinktiv, dass es keinen Sinn hatte, Loki mit Worten überzeugen zu wollen. Er schluckte seine Betroffenheit und seinen Schock hinunter und tat einfach, weshalb er hergekommen war. Seine Hand mit dem Hammer hob sich leicht, ein Blitz schoss heraus, und das Schloss zum Käfig sprang auf.

«Komm raus, Bruder.» stiess Thor hastig hervor. Wieder warf er einen unruhigen Blick über die Schulter. Wenn jetzt bloss niemand kam! Er hätte ungern einen Bürger niedergeschlagen. Aber wenn es nötig sein sollte, würde er es tun.

Loki rührte sich nicht, starrte ihn nur stumm und... mit noch schmerzlicheren Augen an. Thor sah die plötzliche Angst darin. Diesmal begriff er sofort.

Lokis Punishment - Lokis StrafeWhere stories live. Discover now