Unsichtbar

645 45 1
                                    

Fandral spürte, gelinde ausgedrückt, Panik, als er ins Nichts fiel. Eben noch hatte ihn der Bifröst auf die Erde befördert, war er einige Schritte in die Richtung gegangen wo er die SHIELD-Basis vermutete und hatte in der Ferne eines dieser lustigen Fahrzeuge auf sich zukommen sehen, das die Menschen 'Auto' nannten. Im nächsten Augenblick hatte ein greller Blitz den Himmel zerrissen und ihn mit fortgespült.

Aber wohin? Er fiel und fiel und konnte nichts sehen um sich herum. Da war nur grenzenlose Schwärze. Fandral ruderte mit den Armen, versuchte nach etwas zu greifen... Doch da war nichts. Einfach nichts.

Bei Odins Bart, das konnte doch wohl nicht sein. Welch dunkle, fiese Macht spielte ihm hier einen Streich? Seine Gemütslage wechselte von Panik zu Wut und er stiess einen lauten Kampfschrei aus. Wenn er sterben musste, dann wollte er gefälligst wie ein Krieger sterben.

Und nicht wie ein hilfloses Bündel, das aus einer unbeschreiblichen Höhe in die Tiefe fiel.

Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm der Asgardianer auf einmal etwas wahr. Unter ihm tauchte so etwas ähnliches wie ein Untergrund auf. Obwohl man es eher als wabbelige, blubbernde Masse bezeichnen musste. Fandral keuchte auf und wappnete sich darauf, in dieses Etwas einzutauchen.

Er tauchte nicht ein. Wundersamerweise wurde sein Fall abgebremst und seine Füsse bekamen plötzlich festen Boden unter sich zu spüren. Allerdings nur gerade sie: um ihn herum bewegte sich nach wie vor alles.

Ein grelles und zugleich unnatürlich finsteres Licht stach Fandral in die Augen. In all den Jahrhunderten die er nun schon lebte und diverse Welten bereist hatte war ihm so etwas noch nie untergekommen. Und diese Kälfte um ihn herum! Er erschauerte und war froh, dass er wie immer seinen Fellumhang übergeworfen hatte.

Sobald er auf dem seltsamen Grund stand, der seinen Sturz beendet hatte, spürte der Krieger noch etwas anderes. Eine Unruhe stieg in ihm auf und der feste Drang, sich in Bewegung zu setzen. Er hätte nicht zu sagen vermocht weshalb, doch er wurde das ungute Gefühl nicht los, dass stehen zu bleiben sich fatal auswirken könnte.

Unsicher tat er einen ersten Schritt vorwärts... und stelle überrascht fest, dass der schwankende Untergrund hart wurde, sobald sein Fuss auftrat. Dafür begann sich der Boden an der Stelle, wo er eben noch gestanden hatte, zu bewegen.

Wo war er da bloss hingeraten? Und wie?

Heimdall kam ihm plötzlich in den Sinn. Der allsehende Wächter wusste vielleicht, in welcher Klemme er steckte. Er hob den Kopf und schaute nach oben – da war... nichts! Das konnte doch nicht sein. Er war doch durch irgendein Loch gefallen...

Egal: Er holte tief Luft und rief Heimdalls Namen. So laut er konnte und so oft er es vermochte. Dabei stellte er jedoch innert kürzester Zeit fest, dass es ihn unglaublich anstrengte, nach dem Wächter zu rufen. Dass es ihn extrem viel Kraft kostete, überhaupt einen Ton in seiner Kehle zu bilden. Und nicht nur das...

Fandral war es gewohnt, lange Strecken zu Fuss zu gehen. Als Krieger und Asgardianer machten ihm kilometerlange Märsche nicht das geringste aus. Doch nun kam er sich wie ein uralter Mann vor. Nach nur wenigen Metern schon hatte er den Eindruck, als würden seine Beine aus Blei bestehen.

Er verhielt den Schritt und versuchte, seine Kräfte zu sammeln. Doch sofort machte sich wieder diese Unruhe in ihm breit, stärker und heftiger noch als vorhin. 'Weitergehen', zuckte es durch sein Gehirn. 'Bleib nicht stehen! Das ist tödlich.'

Hatte da jemand gesprochen? Fandral warf gehetzte Blicke um sich, doch ausser dem grellen düsteren Licht und dem unsicheren Boden war nichts zu erkennen.

Der Krieger spürte, wie die Panik wieder in ihm hochkroch. Würde er aus diesem Ort je wieder entfliehen können... wo er doch nicht einmal die leiseste Ahnung hatte, wo er sich überhaupt befand? Zumal er sich ziemlich sicher war, dass Heimdall ihn weder sehen noch hören konnte. Er wusste nicht, warum er davon überzeugt war – doch dass er sich nicht irrte, das hatte er im Gefühl.

Lokis Punishment - Lokis StrafeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt