Besorgnis wider Willen

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Der Anfall ebbte so schnell ab wie er gekommen war. Doch Loki stand noch immer der kalte Schweiss auf der Stirn, als er neben Coulson, Melinda und Daisy im Quinjet sass. Eli Morrow, der noch immer bewusstlos war, lag sicher verwahrt in der hinteren Kabine.

«Wieder alles in Ordnung?» fragte Coulson. Seine Stimme klang sachlich.

Loki wischte sich über die Stirn und hoffte, dass der Agent das leichte Zittern seiner Hand nicht bemerken würde. «Ja, alles bestens.»

«Was war denn los?» Noch immer war es unmöglich, hinter Coulsons Stirn zu blicken. Sein Gesicht wirkte völlig ausdruckslos.

«Keine Ahnung.» gab Loki zurück, doch das war nur die halbe Wahrheit. Er wusste zwar wirklich nicht, wie das hatte geschehen können – doch was vorhin passiert war, das wusste er nur zu gut.

Für wenige Augenblicke war er mit der in der anderen Dimension zurückgelassenen Hälfte seiner Selbst verbunden gewesen. Und was das bedeutet hatte, liess ihn nach wie vor erzittern...

Diese Schmerzen! Sie waren grauenhaft gewesen, nicht nur körperlich, sondern vor allem psychisch. Er wusste, dass Geister von Toten lebende Wesen nicht wirklich verletzen konnten, doch wenn sie berechtigte Gründe hatten, jemanden zu verdammen, konnten sie den Entsprechenden mental derart fürchterlich leiden lassen, dass es sich komplett echt anfühlte. Sein Zwilling machte also momentan wohl grade die Hölle durch...

Wobei – fast hätte Loki innerlich aufgelacht – womit sonst hatte er denn gerechnet? Er hatte den Hass dieser Geister ja deutlich genug gespürt gehabt. Und sie hassten ihn nicht nur wegen dem, was er ihnen selbst angetan hatte. Nein: im Grunde verabscheuten sie ihn noch weitaus mehr wegen dem, was er Menschen, die sie liebten, zugefügt hatte.

Er fragte sich, ob es je möglich wäre, seine zweite Hälfte da rauszuholen – und ob er sich wieder zu einem Ganzen vereinen konnte. Noch immer war er sowieso überrascht, dass es überhaupt geklappt hatte. Er wusste, dass sich nur die Magier der allerhöchsten Stufe an diesen Vorgang heran wagten... und auch von diesen nur wenige. Er selbst gehörte zwar längst zur höchsten Klasse, aber wenn er nicht zu so einer Verzweiflungstat gezwungen worden wäre, hätte er nicht im Traum daran gedacht, so etwas ernsthaft durchzuziehen. Es zu üben, klar... Denn Übungen konnte man im letzten Augenblick abbrechen. Aber der Ernstfall war ja dann wohl doch etwas anderes.

Was ihn aber zutiefst verwirrte und, wenn er ehrlich sein wollte, verunsicherte, war, dass er trotz der Ablösung mit seiner anderen Hälfte verbunden gewesen war. Auch wenn es nicht lange gedauert hatte – so etwas dürfte eigentlich aller Erkenntnis der Magier nach nicht geschehen. Eine Trennung von sich selbst war absolut.

Eigentlich...

Aber noch etwas beunruhigte ihn: was, wenn es wieder passierte? Womöglich noch in einem höchst unpassenden Moment?

Er war vorhin komplett zusammengebrochen. Was in dem Augenblick einfach nur schlimm gewesen war, würde sich in einem Kampfeinsatz schlicht fatal auswirken.

Zurück im 'Bus' wurde Eli Morrow sofort in dieselbe Hochsicherheitskapsel gebracht, in die man Loki gesperrt hatte. Melinda May übernahm wieder das Steuer und flog die nächstgelegene SHIELD-Basis an. Morrow würde dort den Behörden übergeben werden.

«Er ist ein Inhuman.» sagte Daisy, die eben die letzten Informationen über Morrow besorgt hatte. «Aber seine Fähigkeiten sind noch unbekannt.»

«Loki?» Coulson warf dem Asgardianer einen fragenden Blick zu. Thor hatte ihm auch anvertraut gehabt, dass sein Bruder nicht nur jeden Inhuman, sondern auch dessen Fähigkeiten sofort erkennen konnte. Und zwar unabhängig davon, ob die Verwandlung bereits ausgelöst worden war oder nicht.

Lokis Punishment - Lokis StrafeDonde viven las historias. Descúbrelo ahora