Träume und Prophezeiungen

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Die Rückkehrer aus dem All wurden überschwänglich begrüsst. Doch Loki überliess es Tony, die Einzelheiten ihres Abenteuers zu erzählen. Nach ein paar flüchtig gewechselten Worten verschwand er. Da das nichts Neues bei ihm war, liessen sie ihn in Ruhe und lauschten derweil Iron Mans ausführlichen Schilderungen.

«Und dann, Leute, ich schwöre, ich konnte es selbst kaum glauben... Aber dann tauchte auf einmal eine riesige Schlange hinter Titan auf und...»

Iron Mans Worte wurden leiser, je weiter sich Loki von der Gruppe entfernte. Er schlich nach unten, ein Stockwerk tiefer, und betrat eines der vielen kleinen Büros, die es hier gab. Müde liess er sich hinter dem schmalen Schreibtisch in den Stuhl fallen und stützte den Kopf in die rechte Hand.

Er hatte gewiss nicht vor zu schlafen, denn auf die üblichen Alpträume konnte er bestens verzichten. Alles, was er wollte, war einen Moment Ruhe. Er musste nachdenken – und seine brodelnden Gefühle in den Griff bekommen.

Auf dem Weg zurück zur Erde hatte er es bestens verstanden, Tony gegenüber so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Und das war es, rein äusserlich betrachtet, ja auch. Sie hatten es geschafft, aus Nebulas und somit aus Thanos Einflussbereich herauszuspringen und damit waren sie – war er – in Sicherheit. Zudem hatten sie ihre eigentliche Mission, das Kitten des Risses, erfolgreich hinbekommen. Und nicht nur das: wie erwartet hatte das Schliessen des Dimensionenportals auch hier auf Midgard zum gewünschten Ergebnis geführt: die Anomalien waren verschwunden und der Befall durch die schwarze Masse konnte dadurch gestoppt werden.

Ende gut, alles gut.

Warum fühlte Loki sich dann alles andere als erleichtert... Oder auch nur halbwegs zufrieden?

Und warum hatte er das Gefühl, dass die eigentlichen Probleme erst begannen?

So wenig er es es vorgehabt hatte: langsam sank sein Kopf nach unten, auf die Tischplatte. Wenige Augenblicke später war er vor Erschöpfung eingeschlafen.






Thor liess nicht mit sich reden. Er hegte zwar die grösste Hochachtung vor seinem Vater und war aus diesem Grund stets bereit, ihm den nötigen Respekt zu zollen, doch diesmal würde er nicht nachgeben.

«Ich muss nach Midgard, Vater.» wiederholte er fest. «Ich muss mit Loki sprechen. Es ist wichtig!»

«Bloss weil eine verrückte alte Hexe dir einen Alptraum beschert hat?» Odin stand kurz davor, in ein zynisches Lachen auszubrechen, beherrschte sich aber grade noch, als er Friggas Blick auffing. «Tut mir leid, Liebling,» stammelte er hastig. Er hatte seine Frau nicht beleidigen wollen, wusste er doch, dass Frigga bezüglich dieser Frau eine andere Meinung hatte.

Aber Odin teilte sie nicht. Für ihn waren Seherinnen – besser gesagt die einzig lebende, die es in Asgard noch gab – nichts anderes als Hochstaplerinnen.

Schliesslich konnte niemand, nicht einmal das mächtigste magische Wesen, in die Zukunft schauen!

Thor verlor die Geduld. «Vater, es ist mir gleich ob du glaubst dass diese Frau recht hat oder nicht. Ich möchte dir einfach folgendes zu bedenken geben: wenn sie verrückt ist, dann passiert nichts weiter als dass ich grundlos nach Midgard reise. In meinen Augen keine Katastrophe – ausserdem würde ich mich in jedem Fall freuen, Loki wiederzusehen. Aber was ist, wenn die Frau nicht verrückt ist?» Er hielt einen Moment inne, liess die wohlberechnete Pause wirken, ehe er schloss: «In diesem Fall würden wir tatenlos und mit geschlossenen Augen dasitzen, während eine neue Tragödie auf uns zukommt!»

Lokis Punishment - Lokis StrafeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt