Kapitel 18 ~ Ballgeflüster

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Kaum, dass die ersten Elfen ihre Füße auf die Erde im Thronsaal gesetzt hatten, fühlte ich mich gedanklich von dem Studel des Scheins mitgerissen. Vermutlich lag es an meinem Elfenerbe, denn selbst, wenn ich eine doch eher introvertierte Person war, konnte ich nicht anders, als glücklich zu lächeln. Schon jetzt schienen einige der Gäste beschwipst, aber vielleicht war es auch einfach die pure Feude. Die Sonnenwenden waren für unsereins schon immer sehr wichtige Momente. Es waren jene Nächte, in der heilige und unheilige Höfe einander glichen, Schwerter beiseitegelegt wurden und wahre Magie entstehen konnte. Die perfekte Nacht für ein pefektes Fest. Oder für einen perfekten Mord.

Da Cardan noch nicht lange auf dem Thron saß, war es irgendwie logisch, dass ihm einige Leute Geschenke mitbrachten, immerhin mussten sowieso alle, die nicht direkt am Hof lebten, zuerst zu ihm und ihren Respekt zeigen. Aber genau das war das Problem. Hinter jedem Geschenk konnte eine Waffe stecken. Genau aus diesem Grund kam Jude noch einmal kurz zu mir. „Kannst du unauffällig ein Auge darauf haben, was die Leute Cardan mitbringen? Wir werden zwar morgen nochmal alles überprüfen, aber falls direkt irgendwas passieren würde, wäre es gut, wenn wir es aufhalten könnten." Ich nickte und schob mich unbemerkt von der schnatternden und lachenden Menge an einen Platz in der Nähe des Thrones, von dem aus ich alles gut überblicken konnte. So beobachtete ich die vorbeiströmenden Elfen und wann immer einer von ihnen ein Päckchen in den Händen hielt, schlugen alle meine Sinne Alarm. Doch bis jetzt lief alles gut. Jeder Einzelne wurde von Cardan mit einem perfekten, aber in meine Augen sichtlich falschen, Lächeln willkommengeheißen, alle erfreuten sich an dieser Nacht und je mehr Elfen kamen, desto fröhlicher und lauter wurde es. Jude stand, ebenso wie Pandora und Daira direkt hinter dem Thron und fixierte jeden Gast mit einem Todesblick. Genaugenommen war sie wohl die Einzige hier, die nicht zumindest ein wenig Spaß hatte.

Irgendwann, während einer kurzen Pause des Andrangs, warf Cardan mir einen Blick zu und schnitt eine Grimasse, die deutlich sagte: Ich wünschte, ich wäre weit weg von hier. Ich kann mir nicht mal die Namen dieser Leute merken. Hilfe! Ich lächelte aufmunternd und dann tat ich, ohne dass ich es selbst wirklich realisierte, etwas . Ich hob Mittel- und Zeigefinger, drückte einen hauchzarten Kuss darauf und pustete darüber. Ich hatte das bis jetzt erst einmal gesehen. Bei Mutter. Es war ein Smybol des Vertrauens, eine Umarmung ohne Berührung, ein Gespräch ohne Worte, eine Art, jemandem Glück zu wünschen. Cardan schien es zu verstehen, denn seine Mundwinkel zuckten ganz kurz nach oben und formten ein echtes, warmes Lächeln. Er hatte ja keine Ahnung, dass genau dieses Lächeln mich schmelzen, mein Herz zu schnell schlagen ließ und mir das Gefühl gab, dass es gar nicht so schlimm wäre, wenn ich Vaters Plan folgen würde. Hör auf, das zu glauben! Du weißt, wie dumm das ist!

Der Moment ging vorbei, als Cardan den Blickkontakt abbrach und ich mich wieder zwang, die Leute vor dem Thron anzusehen. Mein Lächeln gefror mir auf den Lippen. Mein Vater, in blutrot gekleidet, und Oriana, ein Kleid in der Farbe des Himmels kurz vor Sonnenaufgang tragend, standen dort und neigten die Häupter. Oriana hatte meinen Blick bemerkt und sah zu mir hinüber. In diesem Moment wusste ich, dass sie für ein paar Sekunden nicht mich, sondern eine Frau mit dunklerem Haar, einem perlenden Lachen, Sommersprossen um die Nase und menschlichen Augen, sah. Würde man uns beide jetzt nebeneinanderstellen, würde man die Ähnlichkeit zueinander sehen? Ich wusste es nicht. Seit ich nichts mehr aufrief begann ihr Gesicht, zu verblassen und passte sich eher dem Gesicht einer anderen Person an. Sie rückte in den Hintergrund, während er immer weiter aus den Schatten trat.

Auch Vater hatte mich jetzt bemerkt und die Beiden kamen zu mir hinüber. „Crystal, wie schön, dich wiederzusehen. Du siehst traumhaft aus." Ich warf ihm einen scheinbar freundlichen Blick zu, doch meine Augen blieben kalt. „Danke, Vater.", während ich Oriana ansah, wurde lächelte ich wieder, „Wie geht es euch?"

ElfenkussWhere stories live. Discover now