Kapitel 34 ~ Nachtschattenblut

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„Eure Majestät", sagte Randalin sehr langsam, „ist es das, was ihr uns erzählen wolltet?" Cardan zuckte mit den Schultern und nickte, Pandora ergriff unterdessen das Wort. „Zu Eldreds Zeiten war es nicht üblich, dass es eine Königin gibt, die nicht der Greenbriar-Linie angehört, deswegen wollten wir das zuerst dem Rat davon unterrichten, bevor wir Elfenheim darüber aufklären, dass es bald nicht nur einen Hochkönig, sondern auch eine Hochkönigin geben wird." Nihuar nickte langsam, sie hatte es wohl verstanden, auch wenn ihr Gesichtsausdruck deutliche Missbilligung zeigte. „Nun, das ist natürlich verständlich, allerdings würden wir dennoch gerne erfahren, wie das Blatt sich so schnell wenden konnte. Ich hätte nicht erwartet, dass das Mädchen, das bis vor kurzem noch als vermutliche Mörderin galt, die nächste Königin werden soll." Ich warf Jude einen kurzen Blick zu. Wir hatten damit gerechnet, dass diese Frage aufkommen würden. Sie nickte. „Wir haben festgestellt, dass Crystal in diesem Bezug unschuldig ist. Sie hatte nichts mit dem Giftaschlag zu tun und wird bis zur Hochzeit ihre Arbeit als Artefaktorin weiterführen."

„Meinst du nicht, dass ich da auch etwas mitzureden habe, Jude?" Zum ersten Mal meldete sich Vater zu Wort und zog abwartend eine Augenbraue hoch. Ich merke, wie Cardan sich etwas verkrampfe und die Lippen aufeinanderpresste. Den Kopf schüttelnd nahm ich seine Hand und formte mit den Lippen: Sag jetzt nichts Unüberlegtes. Wir haben das besprochen. Eigentlich hätte Pandora an diesem Punkt wieder übernehmen sollen, aber leider schien Cardan es nicht auszuhalten, den Mund zu halten. „Wir können wohl später darüber sprechen, oder Madoc? Das müssen wir doch nicht hier klären, das ist immerhin Privatsache. Wir sollten allerdings besprechen, was passieren würde, wenn du dein Einverständnis geben würdest, was ich natürlich hoffe.", schlug er mit einem leicht bedrohlich wirkenden Lächeln vor. Das gefiel Vater zwar ganz offensichtlich nicht, dennoch nickte er und lehnte sich etwas weiter zurück.

Die nächste Stunde diskutierten alle darüber, was ich durfte oder nicht. Naja, alle außer mir. Ich saß einfach nur da und hörte zu, musste hin und wieder verhindern, dass Cardan explodierte und musterte die einzelnen Anwesenden. Die Tatsache, dass mich auch immer etwa die Hälfte dieser Leute genauso beobachtete wie ich sie, war dabei ziemlich interessant. Man könnte nun denken, dass ich nicht zuhörte, aber das stimmte nicht. Ich bekam vermutlich mehr mit als Fala, der alle zwei Minuten einen Witz machte oder auf seinem Stuhl tanzte. Einige Male schaffte er es damit sogar, von dem Thema abzulenken, das uns in Schwierigkeiten bringen könnte: Eine Krone. Eine zweite Blutkrone wäre vollkommen inakzeptabel, vor allem da wir dazu die Hilfe von Grimsen brauchten. Trotzdem waren sich alle einig, dass ich bei bestimmten Höfen auf Granit stoßen würde, wenn ich keine hatte. Es war wirklich nicht so einfach, wie es zuerst geklungen hatte.

Irgendwann räusperte mein Vater sich erneut und unterbrach das Gespräch zwischen Mikkel, Jude, Pandora und Baphen, die gerade fast schon darüber stritten, inwiefern ich Cardan dann vertreten würde und ob ich damit nicht die Position einer Seneschallin einnehmen würde. „Ich bin dafür, dass wir, bevor wir all diese großen Umstürze besprechen, erst einmal die Grundlagen klären. Ohne Fundament lässt sich gar nichts aufbauen und alles versinkt im Chaos. Ich würde gerne alleine mit dir sprechen, Crystal. Jetzt." Ich warf zuerst Pandora, dann Jude und dann Cardan einen Blick zu und stellte eine stumme Frage. Was soll ich denn jetzt machen? Jude und Pandora nickten kaum merklich, Cardan schüttelte entschieden den Kopf. Er sah so aus, als würde er nicht akzeptieren wollen, dass ich jetzt wieder gehen sollte. Jedoch hatten die anderen Beiden recht und so nickte ich in Vaters Richtung. „In Ordnung, wo möchtest du reden?"

„Im Kriegssaal. Wir werden gleich wieder zurück sein." Er erhob sich zeitgleich mit mir und ließ seinen Blick über den restlichen Rat schweifen. Abgesehen von Cardan hatte jeder einen äußerst unbeteiligten Blick aufgesetzt. Dieser funkelte Vater sichtlich misstrauisch an. „Sollte ich da nicht auch etwas mitzureden haben, Madoc? Schließlich bin ich es, der vielleicht bald dein Schwiegersohn ist." Ich legte eine Hand auf seinen Arm und schüttelte schon wieder den Kopf. Hör auf. Mach ihn nicht wütend. Halt dich bitte einfach an den Plan, wir werden nur miteinander sprechen. Ich bekomme das hin. Er sah mich an, schloss die Augen, atmete mehrfach tief ein und aus und gab dann nach. „Okay, geht. Aber ihr kommt gleich wieder und Pandora begleitet euch." Vater blinzelte, zog eine Augenbraue und sah zu Pandora, die sich neben mich stellte. „Ich werde vor der Tür bleiben und auf dem Hin- und Rückweg bei euch sein." Vater schweig kurz, dann neigte er den Kopf. „In Ordnung, macht ruhig schon ohne uns weiter. Wir sind bald wieder da." Ich gab Cardan noch kurz einen Kuss auf die Wange und verzog mich dann gemeinsam mit Pandora und Vater aus dem Thronsaal. Bitte lass die anderen für den Notfall bereit sein.

ElfenkussWhere stories live. Discover now