4. Verblendung

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Hallo meine Lieben :)

Also ich sehe doch, dass ihr diese FF lest, lasst mich doch mal wissen, wie ihr sie findet ;-)

Langsam kommt Fahrt rein - ist Raf nicht ein sympathischer Kerl :D

<3

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"I'm feelin kind of nasty - I just might take you home with me - Baby the minute I feel your energy - Your vibe's just taken over me - Start feelin' so crazy babe - Lately, I feel the funk coming over me - I don't know what's gotten into me - The rhythm's got me feelin' so crazy babe"

Beyoncé – Naughty Girl



Die laute Musik setzte wieder ein, als wäre nichts gewesen. Tatsächlich – die Welt hatte sich weitergedreht. Alles fand zurück in die Realität, und doch dauerte es einige Sekunden, bis Ferhat den Blick von dem nun leeren Podest abwenden konnte. Er leckte sich über die trockenen Lippen und atmete tief die stickige Luft des Clubs ein. Das war...

„Was war das?", fragte John mit verwirrter Stimme.
Ja, was war das gewesen? Ferhat fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Ein Engel. Keine wirkliche Frau konnte so sein. Das war unmöglich. Schnell griff er nach seinem Glas und leerte es mit einem Zug, obwohl es noch mehr als halbvoll war. Er spürte das kalte Getränk seine Kehle hinablaufen und räusperte sich kurz.

„Hab ich euch zu viel versprochen?", fragte Joe grinsend.
Doch auch ihm merkte man an, wie sehr ihn die letzten Minuten gefangen genommen hatten. Seine Stimme war ganz belegt, Ferhat hörte es deutlich. Vorsichtig sah er sich um. Johnny schaute immer noch ungläubig vom Podest zu Joe zu seinem Drink und wieder zurück. Maxwell wackelte wie wild mit den Augenbrauen, Alex nickte nur. Aladin und Carlo kicherten miteinander wie Schuljungen. Zuletzt sah er zu Raphael, der direkt neben ihm saß. Im Gegensatz zu den anderen schien er nicht gerade aus einer anderen Welt aufzutauchen. Sein Gesichtsausdruck war beinahe grimmig, er hatte die Arme fest vor der Brust verschränkt. So fest, dass sich seine Muskeln deutlich unter den Hemdsärmeln abzeichneten. Er sah beinahe wütend aus.

Aber das konnte nicht sein. Kein Mensch konnte auf einen solchen Engel wütend sein. Ferhat winkte dem Kellner.
„Nicht schlecht für eine Prostituierte.", sagte Irina schließlich und zupfte den Ausschnitt ihres Abendkleids zurecht. Ferhat kniff die Augen zusammen.
„Sie ist keine Prostituierte, sie ist eine Tänzerin!", sagte er, etwas lauter, als beabsichtigt. Doch konnte er das wirklich wissen? Ja, er war sich sicher, dass diese Frau nicht wirklich bezahlten Kontakt zu Männern hatte. Nicht bei solchen Augen. Irina hob die perfekt nachgezeichneten Brauen.
„Sie tanzt halbnackt vor fremden Männern für Geld, das ist beinahe das Selbe."
„Ist es nicht.", sagte Ferhat, leiser diesmal.
Für ihn war Irina viel mehr eine Prostituierte, als sein tanzender Engel da oben. Irina mit ihren kurzen Röcken, dem aufgesetzten Lächeln, der billigen Erotik. Schlief sie nicht mit Raphael? Bezahlte er momentan nicht ihre Rechnungen?

Tu prostitut î!", sagte Ferhat und nahm dann seinen Cocktail entgegen.

„Was hast du gesagt?", fragte Irina mit scharfer Stimme.
Ferhat überhörte sie und wandte sich Joe zu. Den hatte Shaho gerade gefragt, wann die Frau wieder tanzen würde.
„Raffi, frag ihn, was er gesagt hat!", fauchte Irina ungehalten.
Es war ein offenes Geheimnis. Ferhat und Irina kamen nicht sonderlich gut miteinander klar. Von Anfang an nicht. Ferhat kam mit keiner von Raphaels Frauen zurecht.

Aber Raphael sagte nichts. Nicht mal zu dem nervigen Spitznamen, wegen dessen ständigen Gebrauchs er Irina definitiv spätestens übernächste Woche in den Wind schießen würde. Er blieb still. Und Ferhat war dankbar dafür. Jemand wie Irina sollte nicht schlecht über seinen Engel reden. Schlecht über seine milyaket.

~

Raphael verdrehte die Augen. Kein Streit zwischen Irina und Ferhat jetzt, er musste nachdenken. Die beiden waren von Beginn an nicht miteinander klar gekommen, seit Raphael das Model das erste Mal im Team vorgestellt hatte, bei einem kleinen Grillabend in seiner Wohnung. Er verstand zwar nicht so ganz, woran das lag, aber manche Charaktere waren eben einfach zu unterschiedlich, um ruhig nebeneinander existieren zu können.

Auch jetzt hatte er kein Interesse daran, Ferhat nach der Übersetzung seiner kurdischen Worte zu fragen. Sie waren wahrscheinlich nicht gerade freundlich gewesen, und Ferhat würde das offen zugeben. Dann müsste Raphael Ferhat zurecht weisen, und darauf hatte er keine Lust. Interessanter als die Kabbeleien der beiden Menschen neben ihm, fand er die junge Tänzerin. Nicht, dass Irina nicht hübsch war, oder sexy, oder eine Traumfrau. Das alles stellte er überhaupt nicht in Frage. Außerdem hatte er momentan eigentlich keine Zeit für weitere Affären. Und trotzdem...sein Jagdinstinkt war geweckt. Er wollte wenigstens wissen, wer diese Frau war. Möglichst noch heute Abend wollte er es herausfinden. Da musste es doch Mittel und Wege geben! Dann würde er sie vielleicht mal nach ihrer Schicht abpassen, und dann...tja. Dann würde er wahrscheinlich feststellen, dass die Frau im grellen Tageslicht, ungeschminkt und ohne der schmeichelnden Musik genauso farblos war, wie alle anderen Mädchen. Keine Gefahr für seinen ledigen Lebensstil.

~

Der Abend war weit fortgeschritten. Jede halbe Stunde erklomm Adriana das Podest, um für zehn Minuten zu tanzen. Zu feurigen spanischen Rhythmen, zu verträumter Popmusik, zu rockigen Gitarrenklängen, orientalischen Schleiertänzen. Sie schlüpfte in die verschiedenen Rollen wie ein Chamäleon, passte sich dem Takt an und kam auf die Männer zu, nur, um sich wieder zurückzuziehen. Das war ihr oberstes Gebot: Keine Berührungen. Niemand durfte sie anfassen. Und Milosz hatte seiner Security klar gemacht, auf die junge Tänzerin ein Extraauge zu haben. Alles lief wie immer.

Die letzte Nummer, ein langsamer, träger Song, der einen an heiße Nächte erinnerte, an perlende Schweißtropfen und glühende Körper, war vorbei, Adriana saß in der Umkleide und nahm gerade ihre Maske ab, als es klopfte.
„Ja?", rief eine der Damen, und Vladimir, einer der Securities, steckte den Kopf durch die Tür.
Er störte sich nicht an den halbnackten Frauen, die sich gerade umzogen, nackte Haut war in einem Stripclub nichts Besonderes.

„Adriana?"
Adriana, die gerade nach ihren Abschminktüchern gegriffen hatte, sah auf.
„Ja?"
„Einer der Herren aus deiner Loge möchte gerne deinen Namen wissen. Hab ihm gesagt, dass wir das nicht machen, aber er lässt nicht locker. Was sagst du?" Vladimirs Deutsch klang unschön durch den russischen Akzent, aber er war stets darauf bedacht, dass alle Frauen sicher arbeiten konnten. Adriana mochte ihn.
„Nein. Keine Namen, kein Kontakt, wie immer." Vladimir nickte, doch er ging nicht wieder zurück in den Gästebereich.
„Noch was?", fragte Adriana und zog mit einer Pinzette vorsichtig ihre falschen Wimpern ab.

„Ähm...der Mann, der deinen Namen möchte..."
„Was ist mit ihm?"
„Es ist RAF Camora."

RAF Camora. Adriana stutzte. Es gab wohl niemanden, der noch nicht von ihm gehört hatte. Selbst wenn man Deutschrap hasste, so war einem der Name trotzdem ein Begriff.
„Und wenn es der Papst wäre, was ich nicht hoffe, es gibt keine Namen."
Resolut entfernte Adriana auch den anderen Wimpernkranz und schminkte sich dann ab. Sie hatte nicht vor, als Betthäschen eines aufgeblasenen Rappers zu enden.

„Oh Adriana, sei doch nicht so prüde! RAF Camora! Ich würde in seinem Bett liegen, noch bevor er meinen Nachnamen kennt!", klinkte sich Bibi, eine der Tänzerinnen ein.
Adriana stöhnte genervt auf.
„Ich aber nicht. Fertig. Hat er denn keine Freundin?"
„Doch, dieses Unterwäschemdodel, oder? Jedenfalls seit ein paar Tagen, ich habs bei Raptastisch gelesen.", kicherte Camilla, die ihre Haare auskämmte.
Bibi grinste.

„RAF Camora hat keine Freundinnen, der hat nur Betthäschen."

Vladimir warf einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk.
„Er hat Geld geboten, Adriana. Viel Geld. Er sagt, er will nur deinen Namen, du solltest selbst entscheiden, ob du ihn kennen lernen willst."
Adriana stöhnte. Männer! So leicht hinters Licht zu führen, es war doch jedes Mal dasselbe! Wahrscheinlich erwarteten sie eine geheimnisvolle Schönheit mit einer unendlichen Lust auf Sex, dabei waren alle Tänzerinnen in Wirklichkeit auch nur Frauen, die in Jogginghosen einkaufen gingen und gerne auf dem Sofa Fernsehen schauten. Deren Haare manchmal einfach nicht lagen, die mal ein Bier tranken, die bei romantischen Komödien heulten. Und danach ziemlich derangiert aussahen.

„Ich habe mich entschieden. Nein. Ich bin keine Prostituierte, sag ihm das.", sagte Adriana also ungehalten. Vladimir nickte kurz und verschwand wieder.

„Du bist so verklemmt, echt! Du hättest mir sagen können, wie er so ist!", schimpfte Camilla und trat an ihren Spind, um ihre Straßenklamotten herauszuholen.
„Er ist ein eingebildeter Macho. Allein, dass er Geld geboten hat, obwohl er eine Frau dabei hat, sagt ja wohl schon alles."
„Seine Freundin, Süße, Freundin!", kicherte Bibi dazwischen.
„Noch schlimmer.", brummte Adriana und packte die Spitzenwäsche weg. Dann band sie sich die braunen Haare zu einem unordentlichen Dutt und schlüpfte in ihre Jeans. Jetzt wollte sie nur noch ein sehr frühes Frühstück, und dann ins Bett. Ohne RAF Camora, wohlgemerkt.



Übersetzung (Kurdisch):

Tu prostitut î – Selber Prostituierte

Milyaket – Engel


Sweetest Sin (RAF Camora)Where stories live. Discover now