12. Annäherung und Zurückweisung

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Easy like Sundayevening ;-)

Weiter gehts auf Raguccis Party. Wer von euch kommt denn zur echten Party, zu einem seiner Konzerte? Ist ja noch eine Weile hin, aber die Karten sind ja weggegangen, wie nix :D

<3

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"Now I know that I'm not - All that you got - I guess that I - I just thought maybe we could find new ways to fall apart - But our friends are back - So let's raise a cup - Cause I found someone to carry me home"

fun. – We are young


Er hatte einen der besten DJs da. Er hatte Unsummen in die perfekte Beleuchtung und das überdimensionale Soundsystem investiert. Er hatte einen Feinkost-Caterer kommen lassen und Champagnerflaschen im Wert von dreitausend Euro das Stück gekauft. Die gesamte Rap-Elite aus Deutschland und Österreich war gekommen, wichtige Persönlichkeiten von Universal und allen größeren Hip Hop Magazinen, TV-Sternchen und Models, männlich wie weiblich, aus ganz Berlin. Es war die perfekte Party, die Gäste tanzten, lachten, hatten Spaß – feierten seinen Ehrentag. Und wo verbrachte Adriana diese Nacht der Nächte?

In der Küche.

Seit geschlagenen zwei Stunden saß sie in der Küche, ein kleines Glas Champagner in der Hand, das Ferhat ihr besorgt hatte. Vor einem leeren Teller sitzend, den Ferhat ihr vorher mit Kaviar-Blinis gefüllt hatte. Auf einem Barhocker, den Ferhat Johnny praktisch unter dem Hintern weggeklaut hatte. Ach ja, und unterhalten tat sie sich auch nur mit einem – Ferhat. Welch Überraschung. Und das auch noch auf gut, wie es schien. Raphael war mehrfach, beinahe unnötig oft in seiner Küche gewesen, um die beiden im Auge zu behalten. Und wann immer er sich zu den beiden gesellt hatte, war das Gespräch entweder sehr schnell verstummt, weil Adriana ihre Antworten plötzlich auf „Mhm" oder „Ach ja" beschränkte, oder er wurde gar nicht erst bemerkt. Ein Zustand der ihm, gelinde gesagt, schlechte Laune machte.

Als dann auch noch Joe realisiert hatte, dass die „Tänzerin mit dem Prachtarsch", wie er sie charmant wie immer titulierte, auf Raphaels Party gekommen war, schien jeder anwesende Rapper mal einen kurzen Blick auf die dunkelhaarige Frau werfen zu wollen. Adriana musste sich vorkommen, wie im Zoo. Ständig schaute mal jemand ‚kurz' in der Küche bei Ferhat vorbei und musterte Adriana dabei mehr oder weniger auffällig.

„Jetzt sei ehrlich!"
Raphael hatte mit finsterem Blick an der Wand gelehnt, dasselbe Champagner-Glas in der Hand, das er schon seit Partybeginn mit sich herumschleppte (jeder wollte anstoßen. Hätte er jedes Mal einen Schluck getrunken, würde er längst unter dem Tisch liegen) und ärgerte sich darüber, dass er so weit gekommen und nun scheinbar gescheitert war. Er hatte gedacht, die größte Hürde würde darin bestehen, Adriana auf seine Party zu locken. Und nun das... Joshi lehnte sich neben ihn, die schwarze Trainingsjacke nach seiner Tanzeinlage geöffnet und mit einem belustigten Ausdruck auf dem Gesicht.
„Wieso hast du diese Tänzerin wirklich eingeladen?"
Raphael nippte nun doch an seinem Champagner. Lauwarm. Angewidert stellte er das Glas zur Seite.
„Als Dankeschön, weil sie Skittlez gefunden hat."
„Das kannst du vielleicht Irina erzählen."
„Du wirst lachen – das habe ich auch!"
„Was sie dir natürlich sofort abgenommen hat. Du bist wirklich ein Arschloch, Rafa."
Raphael drehte sich verärgert zu seinem Freund um.
„Hör mal, das ist meine Geburtstagsparty! Beleidige wen anders!"
Joshi schüttelte den Kopf.
„Richtiger Piç."
„Hab ich nicht eben was gesagt?", knurrte Raphael.

Er konnte sie von hier aus genau sehen, stand aber selbst halb im Schatten einer der großen Boxen. Seit einer halben Stunde schien sie langsam etwas aufzutauen, lachte über Ferhats blöde Witze und hatte es sogar zugelassen, dass er ihr eine weiß-blaue Luftschlange von der Schulter gewischt hatte. Es juckte ihn in den Fingerspitzen, in die Küche zu gehen und dort wie zufällig selbst die Hand auf Adrianas helle Schulter zu platzieren, nur einmal sanft mit dem Daumen ihren Hals zu streifen...er wusste einfach, sobald er sie so berührte, hätte er gewonnen. Aber so lange Ferhat an ihr hing...

„Hör wenigstens auf, so auffällig zu starren. Mein Gott, was ist nur in dich gefahren?!"
„Gar nichts! Mir gefällt nur nicht, dass die beiden sich so komplett abkapseln. Das ist eine Party, kein Dinner for Two."
„Du hättest kein Problem, wenn du den männlichen Part bei diesem Dinner spielen würdest. Hat die Kleine es dir wirklich so angetan?"
„Was heißt denn angetan? Sie sieht gut aus. Punkt."
Joshi stutzte kurz, dann begann er zu lachen.
„Du willst also nur mit ihr ins Bett?"
„Vielleicht..."
„Na dann, viel Glück. Momentan sieht es aber so aus, als würde Romeo das Rennen machen. Streng dich an, Loverboy!"
Und mit einem letzten Schulterklopfen verabschiedete sich Joshi wieder ins Partygetümmel.

Die Krux war, dass Joshi Recht hatte. Wenn Raphael sich nicht bald etwas einfallen ließ, würde Adriana sich irgendwann von diesem Welpencharme einwickeln lassen, und dann war das Spiel gelaufen. Zumal es nun mal ein ungeschriebenes Gesetz war, dass man sich nicht an die Freundin eines Kumpels ranmachte. Er musste Adriana also einfach erobern, bevor Ferhat das schaffte. Kein Ding der Unmöglichkeit. Eigentlich.

Er wandte sich um, weg von dem niederschlagenden Schauspiel wenige Meter von ihm entfernt und lief an dem Tisch vorbei, auf dem er seine Geschenke platziert hatte. Einige wenige Flaschen teuren Alkohols, viele Karten, ein paar Bücher, italienische Naschereien...er griff nach der schlichten Karte, die Adriana ihm überreicht hatte.

Happy Birthday,

auch wenn ich nicht weiß, wieso...

Adriana


Keine Frau der großen Worte – aber sie ließ ihn wissen, dass sie auf Distanz blieb. Gedankenverloren drehte er an dem goldenen Siegelring an seinem Finger. Für einen Moment kam er sich tatsächlich etwas schäbig vor – sie war auf jeden Fall keine der üblichen Nutten, die ihm am liebsten sofort auf den Schwanz sprangen, sobald sie seinen Ferrari sahen. Er fand ihre spröde Art richtiggehend erfrischend. Aber am Ende war sie doch nur eine Tänzerin, und ob es nun sein Ferrari oder Feros Benzer war – Reichtum beeindruckte sie eben doch. Jede Frau fuhr auf Geld und Erfolg ab.

Keine Minute verging, da spürte er plötzlich einen Arm um seine Schultern – und sah direkt in Maxwells breit grinsendes Gesicht.
„Rafa! Mein Bester! Ich hab gehört, die geile Tänzerin aus dem Hot ist da? Wie bist du an sie rangekommen? Wo ist sie?"
Wirklich nicht der Geburtstag, den er sich vorgestellt hatte. Maxwell hatte schon ordentlich gebechert und war breit wie Sau. Wenn ihm irgendwer ins Haus kotzte, würde er wirklich ärgerlich werden.

„Hab sie zufällig wieder getroffen. Ist in der Küche. Mit Ferhat."
„Ohoo, mit Ferhat! Ach, der Kleine wird so einer Frau doch nicht gerecht – ich glaube, ich kümmere mich mal um sie..."

~

„...Und dann habe ich einfach so lange daran herumgerüttelt, bis sie wieder funktioniert hat. Hab ich selbst nicht mit gerechnet. Aber ich glaube, nach einer weiteren Nacht in dieser Hitze wäre ich heute Morgen nicht mehr aufgewacht.", erklärte Adriana gerade und gestikulierte dabei mit den Händen, um zu zeigen, wie sie das Gerät wieder in Gang gebracht hatte.

Ferhat hing an ihren Lippen, lächelte an den richtigen Stellen und konnte nicht glauben, dass das lachende Mädchen vor ihm wirklich dieselbe Adriana war, die er vor etwas über zwei Stunden kühl und zurückhaltend abgeholt hatte. Sie hatte zugelassen, dass er sie berührte. Ferhat spürte die warme, samtig weiche Haut jetzt noch unter seinen Fingerspitzen, obwohl es wirklich nur eine hauchzarte Geste gewesen war, als er ihr eine Partydekoration von der Schulter gezupft hatte.
Es war etwas Besonderes, Ferhat hatte schon mitbekommen, dass Adriana es absolut nicht duldete, von jemandem angefasst zu werden. Sei es eine Umarmung, ein ‚zufälliges' Streifen ihres Armes oder auch nur ein zu lange dauernder Handschlag. Unauffällig, aber konsequent hielt sie einen körperlichen Abstand ein und rückte weg oder wich aus, wenn ihr jemand zu nahe kam. Ferhat fragte sich, wieso so jemand ausgerechnet Tänzerin in einem Nachtclub wurde.

„Ist das nicht meine Privattänzerin von vor einer Woche?", grölte da auf einmal ein sichtlich angetrunkener Joe, der, schon leicht schwankend, in die Küche kam und erst Ferhat mit einem festen Handschlag begrüßte und sich dann, breit grinsend, Adriana zuwandte.
Ferhat hätte dem rüpelhaften Rapper am liebsten eine Kopfnuss verpasst, denn Adrianas Mine versteinerte in dem Moment, in dem Joe sie angesprochen hatte. Die mühsam aufgebaute lockere Stimmung war dahin.
Es war ja nicht so, als wäre Ferhat nicht aufgefallen, dass die gesamte Partygesellschaft an diesem Abend schon einmal in der Küche vorbeigeschaut hatte. Hätte er Geld für jeden neugierigen Blick genommen, dann hätte er Adriana schon längst eine komplett neue Klimaanlage kaufen können. Selbst Raphael war mehr als einmal gekommen, doch Adriana zeigte dem Musiker weiterhin die kalte Schulter. Keine Chance für den Mann, der sonst nicht einmal mit dem Finger schnipsen musste, damit ihm die Frauen hinterher liefen. Auf eine eigenartige Weise befriedigte Ferhat das, auch wenn Rafa eigentlich sein Freund war.


Und nun auch noch Joe. Er musste sich etwas einfallen lassen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, dass Adriana von seinem Angebot, ein Taxi zu rufen, wann immer sie das wollte, in allzu naher Zukunft Gebrauch machte...

Sweetest Sin (RAF Camora)Where stories live. Discover now