10. Kapitel

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Ich sah nichts. Es war als würden im Moment nur drei Sinne existieren. Fühlen, hören, riechen. Und das unglaublich stark ausgeprägt.
Ich roch immernoch den Schnee, auf welchen ich mich jedoch nicht konzentrieren konnte, da durch meinen Körper ungeheure Schmerzen zuckten. Ich hörte Knochen brechen. Meine Knochen? Ich weiß es nicht. Mir war zu kalt zum denken.

Die Geräusche von brechenden Knochen verstummten. So langsam nahm ich wieder mir vertraute Gerüche und Geräusche war.
Dann weckte mich auf einmal eine panische Mädchenstimme.
Ehe ich mich versah lag ich in meinem Zimmer auf dem Boden und über mir hockte Loucia. Beide Augen hatte sie übertrieben weit aufgerissen und konnte ihren Blick nur schwer vom mir und dem Fenster wegreißen.
Sie zitterte.
Wahrscheinlich konnte sie sich nicht entscheiden was ihr mehr Angst machte.
Immer noch verwirrt streifte ich mir durch die Haare und entschied mich nun doch dazu meine Aufmerksamkeit Großmutter zu widmen.
Das gerade eben schob ich auf meine schwachen Nerven.
Als sich unsere Blicke trafen war sie die Erste, die etwas sagte:,,Glaubst du ihr?",sie meinte Großmutter.

,,Ich weiß nicht was ich glauben soll. Das ist einfach alles viel zu ... komisch",stöhnend strich ich mir meine Haare hinter die Ohren. Meine Hände zitterten und mein Kopf tat weh.

,,Im Moment weiß ich einfach viel zu wenig um das hier einordnen zu können".
Mir fehlten die richtigen Worte.
Lous Blick machte mich nervös.

,,Das einzige was ich dir jetzt mit Sicherheit sagen kann ist, dass mir das ziemlich bekannt vorkommt",mit meinem Zeigefinger zeigte ich durch das Fenster nach draußen.
Der Gedanke, dass der Wolf immer noch dort draußen stehen könnte ließ mich erschaudern, jedoch traute sich keiner von uns nach zu schauen.

,,Du meinst Großmutters Einträge.Die Wölfe...",ich nickte kurz und starrte dann das Buch in ihren Händen an.

,,War es das Erste Mal?".
Irritiert blickte ich ihr wieder ins Gesicht als sie mich fragte.
,,Ich meine sowas mit ... Wölfen".

,,Nein. Gestern Abend und heute nach der Schule auch schon. Das war das dritte Mal",sie blinzelte kein einziges Mal, während sie mich weiter fragte.

,,War es immer...der selbe Wolf?",ihr Blick machte mir etwas Angst, doch ich konnte mir vorstellen, dass ich sie in diesem Moment gerade genauso anschaute.

,,Nein. Heute habe ich nur diesen Wolf gesehen und gestern einen ganz anderen", der Gedanke an den gestrigen Vorfall machte mich immer noch stutzig.
Ungläubig schaute Loucia mich die ganze Zwit an, während ich ihr die Geschichte des vorherigen Tages erzählte. Daraufhin sprang sie ganz hysterisch auf.

,,Unglaublich! Das kann kein Zufall sein! Wie groß ist die Warscheinlichkeit, dass gerade jetzt, wo wir Großmutters Tagebuch bekommen haben, Wölfe auftauchen? Siehst du es denn nicht? Die Geschichte wiederholt sich, nur mit einem Unterschied". Ganz überwältigt von ihrem Geistesblitz richtete ich mich auf. Ganz langsam und immer darauf bedacht nicht aus dem Fenster zu gucken.

,,Mit welchem?".

,,Wir haben", sie hob das Tagebuch hoch ,,Das".

Ich konnte meine Augen nicht vom Buch abwenden. Ich schaute es mir das erste Mal  ganz genau an. Auf der Vorderseite zierten geschwungene Buchstaben den alten und leicht kaputten Einband. Jedoch war dieses schon so alt, dass ich nicht ganz erkennen konnte was darauf stand.
,,Und das Buch hilft uns... wobei?", ich musste trotz der angespannten Situation leicht schmunzeln. Hat mich jemand vor ein paar Tagen in einen Film geworfen ohne, dass ich es mitbekommen habe?

,,Guck mal",schnell blätterte meine Cousine zum Ende von Großmutters Einträgen und zeige mit einem ihrer Finger in die Mitte vom aufgeschlagenen Tagebuch.

Man konnte sehen, dass einige Seiten rausgerissen worden waren.

,,Hier waren noch Seiten drin und jemand hat sie rausgerissen",es war mir schon vorher aufgefallen, doch ich hatte es nicht wirklich für wichtig gehalten.
Eigendlich fand ich davor garnichts so wichtig wie jetzt. Jetzt im Moment kam mir alles anders vor.
Das ist bestimmt das Adrenalin welches der Wolf und mein Schwächeanfall verursacht haben.

,,Glaubst du Großmutter hat die Seiten herausgerissen?",fragte ich sie leise.
Lou jedoch schüttelte nur langsam ihrem Kopf.

,,Ich weiß es nicht, aber vorallem, warum? Warum reißt jemand Seiten aus einem völlig wertlosem Buch heraus. Wenn es doch so unwichtig und normal ist, warum tut man es dann?"

Ich wusste worauf sie hinaus wollte.

,,Weil es nicht wertlos und normal ist". Meine Stimme wurde aus einem mir unbekannten Grund von Wort zu Wort dünner und leiser. Ich hatte noch nie ein so ernstes Gespräch mit meiner Cousine geführt.

Einige Sekunden saßen wir beide dann geräuschlos in meinem Zimmer und versuchten uns warscheinlich gerade selber vorzuspielen, dass dies ein normaler Tag gewesen war. Die Dunkelheit welche schon längst hereingebrochen war lockerte die unheimliche Stimmung nicht auf.
Dann jedoch unterbrach Loucia die mir langsam unangenehm erscheinende Stille, indem sie mich etwas fragte:,,Was ist das an deinem Hals?",aus Reflex fasste ich mir schnell dort hin und ertastete die Kette mit dem Schlüssel.
,,Der Schlüssel für das Schloss vom Buch",hastig ging ich zu meinem Schrank und zog dort das Schloss heraus, welches ich beim letzten Mal vergessen hatte wieder am Tagebuch zu befestigen.
Desswegen konnte Lou auch darin lesen.

Misstrauisch beäugte sie das graue Teil in meiner Hand, bis sich ihr Gesichtsausdruch änderte und ich ihn nicht mehr deuten konnte.

Schnell schnappte sich Loucia eine meiner Jacken und eine kleine Tasche, vom Boden.
Sofort packte sie das Tagebuch in die Tasche und warf mir dann schließlich auch eine Jacke zu.

,,Wo gehst du hin?",sie war nun schon dabei sich ihre Schuhe anzuziehen. Als ich sie fragte schaute sie mich nur kurz an und warf mir dann meine Schuhe zu, die auf meinem kleinen Schrank standen.

,,Nicht ich. Wir",langsam beugte ich mich und hob meine Schuhe auf.

,,Okay. Wo gehen wir hin?".
Ehrlich gesagt hatte ich nicht besonders Lust darauf jetzt noch durch die Nacht zu laufen als wäre nichts passiert.

Plötzlich hörte sie mit allem auf und schaute mich mit einem Blick an, welcher mir das Blut in den Adern gefrierte. Komischerweise hatte sie diesen angsteinflößenden Blick echt drauf. Ob sie das wohl bewusst machte?
Schnell wandte ich meinen Blick ab, hielt jedoch die Luft an als sie folgenden Satz sagte.

,,Ich vermute du hast den Schlüssel, mit dem wir das öffnen können was ich von Großmutter bekommen hab".

Like a wolfWhere stories live. Discover now