3. Türchen

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Er starrte mich an. Wollte der mich eigentlich verarschen? Setz sich da hin und schaut einfach nur.
„Ist irgendwas?“, fragte ich schnippisch. Leute verscheuchen konnte ich gut, das tat ich des Öfteren wenn sich in der Unibibliothek jemand in der Sitzecke neben mich quetschen wollte.
„Nein, alles okay.“ Er schüttelte seinen Kopf, sah wenige Sekunden aus dem Fenster und dann wieder zu mir.
Mit aufgerissenen Augen und leicht nach vorne gestrecktem Kopf schaute ich ihn an. War das jetzt ernsthaft seine Antwort auf das Geglotzte und seine Sitzwahl. 
„Und wieso setzt du dich dann direkt mir gegenüber? Ich meine heute ist ja wohl nicht so viel los hier.“ Ich schlug ein Bein über das andere und lehnte mich zurück, als sich der Zug in Bewegung setzte. Das war definitiv zu viel Stress heute.
„Wieso sollte ich denn an das andere Ende sitzen?“, gab er die Frage wieder an mich zurück. Nicht mal so etwas konnte er richtig beantworten. Mein Bedarf war gedeckt.
Ich schnappte mir meine Jacke und setzte mich zwei Vierersitzgruppen weiter.
Prompt stand er auch auf und setzte sich wieder mir gegenüber.
„Wenn du vorhast mich zu kidnappen, Vergewaltigen oder sonst was mit mir anzustellen. Lass es lieber, ich war fünf Jahre im Karate und hab Pfefferspray dabei.“, versuchte ich ihn einzuschüchtern. Natürlich stimmte nicht alle was ich erzählte, es war leider nur ein Crashkurs der eine Stunde dauerte und das Pfefferspray war wohl ausgetrocknet, weil meine Mama es mir vor drei Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte.
„Keine Angst. Du bist mir sowieso viel zu Kratzbürstig.“, lachte er laut, sodass er fast das Rattern des Zuges übertönte.
Dieser Typ brachte mich fast zur Weißglut.
„Ach ja. Und wieso setzt du dich dann ständig in meine Nähe?“ Genervt verschränkte ich meine Arme vor der Brust.
„Jetzt beruhig dich mal. Ich wollte nur freundlich sein.“ Nun verzog sich seine Miene endgültig. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Fensterscheibe und legte seine Beine auf den Sitz neben ihm.
„Ich bin völlig ruhig. Total ruhig!“, beleidigt verschränkte ich die Arme noch fester vor meiner Brust. Wie konnte er es wagen mich so zu provotieren. Zumal ich zugeben muss, dass ich so eine Reaktion nicht gewohnt war. Jeder der sich normalerweise mit mir anlegte, vergraulte ich schon nach den ersten paar Sekunden wieder. Ich musste nur den bösen Blick mit der hochgezogenen Augenbraue aufsetzten und schon sagte keiner mehr etwas. Doch dieser Typ war anders, er ließ sich nicht weich kriegen. Auch nicht nachdem ich ihm lautstark verklickern wollte, dass ich total ruhig sei.
„Die Art wie du diesen Satz von dir gegeben hast, zeigt eindeutig dass du nicht ruhig bist.“, meinte er gelassen und schwenkte seinen Blick in meine Richtung.
„Ach lass mich doch zufrieden. Ich schlage vor wir reden einfach nichts mehr, dann geht es allen viel, viel besser.“ Ich zog mein Buch aus der Tasche. Nichts konnte mein Gemüt jetzt besser abregen, als mein Lieblingsbuch ‚Antwort aus der Stille‘. Ich konnte mich einfach zu gut mit diesem Dr. phil. Balz Leuthold, ein dreißigjähriger Lehrer der mitten in einer Lebenskrise steckt und nirgends wirklich Anschluss findet identifizieren. Das ist wie auf mich zu geschneidert.
Okay, ich geb zu, für manche mag das jetzt vielleicht etwas bieder klingen, denn Max Frischs Werke sind in den Köpfen der Leute meist nur dafür da um Schüler im Deutschunterricht zu Tode zu quälen.
Ich finde das nicht. Man kann auch mal etwas lesen, bei dem man sein Gehirn anstrengen muss. Sofern man eins hat. Was ich bei diesem Typ nicht behaupten möchte.
Er hatte seinen Kopf an die Scheibe gelegt und die Augen geschlossen. Scheinte so als würde er tatsächlich auf meinen Vorschlag hören. Wenigstens etwas Positives an diesem scheiß Tag.
Aus irgendeinem Grund sah ich ihn an. Seine Wimpern waren so lang und voll, dass man sie sogar sehen konnte wenn er seine Augen geschlossen hatte. Seine Haaren waren immer noch total verwuschelt und mittlerweile hatte ich festgestellt, dass er nicht nach Zwanzig-Tage-ohne-duschen roch, sondern nach den Mandeln die man immer auf den Weihnachtsmärkten kaufen kann.
Bevor ich mir selbst eingestehen konnte, dass mir dieser Geruch gefiel, sah ich aus dem Fenster. Ich hatte keine Lust mehr auf ihn,  mir war zwar immer noch nicht klar warum er ausgerechnet hier mitfuhr, und es hat mich wirklich brennend interessiert, aber ich hoffte einfach nur das er an der nächsten Haltestelle aussteigen würde.
Mein Blick schweifte aus dem Fenster. Dicke Schneeflocken sausten an dem Fenster vorbei, besser gesagt wir sausten an ihnen vorbei. Ich bemerkte dass es schon dämmerte, ein Zeichen das ich bald zu Hause war und wie immer dieses Wiedersträubende Gefühl in meiner Bauchgegend verspürte.  

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Wuhu Tag drei. :-)
Wie geht’s euch allen?
Ich hoffe euch gefällt die Geschichte bis hier hin.
Ich will euch natürlich nicht jeden Tag mit Fragen löchern die ihr mir beantworten könnt. Ich hab mir mal so eine Liste mir Weihnachtslieder geschrieben die ich total toll finde und ich hab mir gedacht ich sag euch in manchen Kapiteln einfach mal eins oder zwei.
Heute sind es zwei  welche mich immer in Weihnachtsstimmung bringen (sogar im Sommer :D).

--> https://www.youtube.com/watch?v=K5bo4VDEH-U
-- all I want for christmas is you – Mariah Carey --

--> https://www.youtube.com/watch?v=4Qpl7_adnPE
-- wonderful dreams – Melanie Thorne --

Lysell <33

Driving home for ChristmasWhere stories live. Discover now