24. Türchen [Part 2]

814 90 17
                                    

Setzte euch vor den Weihnachtsbaum (oder irgendwo hin wo es weihnachtlich ist). Schnappt euch Kekse und Tee/ heiße Schokolade und genießt das letzte Kapitel meines Adventkalenders. Es muss jetzt so richtig Weihnachtsstimmung bei euch aufkommen. Viel Spaß. :)

Am Nachmittag hatten wir noch den Baum geschmückt und aufgestellt, aufgepasst, dass der Truthahn auch schön im Ofen schmort und Weihnachtsfilme im Fernsehen angeschaut.
Es war kurz nach sechs. Wäre es ein Weihnachten wie letztes Jahr. Würden wir jetzt wahrscheinlich vorbildlich, mit Kleidchen und perfekter Frisur, in der ersten Reihe im Gottesdienst sitzen und vor allen Leuten die Musterfamilie abgeben. Aber stattdessen, knipste ich die Lichterkette des Weihnachtsbaumes an, während Tristan klirrend die Teller auf den Esstisch stellte.
Mama holte den Truthahn bei der perfekten Zeit aus dem Ofen und stellte ihn in die Mitte des Tisches.
„Ah…ich kann es also doch noch. Du hattest recht Philipp. Kochen verlernt man nicht.“ Meine Eltern küssten sich kurz. Wie gerne hätte ich in dem Moment auch Davin geküsst. Tristan verzog das Gesicht. Er fand das absolut ekelhaft, wenn meine Eltern das taten. Ich musste schmunzeln, auch wenn es mir nicht danach war.

Das Essen war ein Traum. Wir hörten im Radio die Weihnachtslieder die sie spielten. Als Mama ein Teil des Geschirrs abräumte, lief gerade ‚All I want for Christmas is you‘. Jenes Lied, welches auch auf der Fahrt im Zug lief. ‚Alles was ich mir zu Weihnachten wünsche, bist du‘. Ach man, wieso passte der Satz eigentlich genau auf meine Situation zu? Ich meine, hätten sie dieses Lied nicht spielen können, wenn ich Davin schon wieder vergessen hatte?
Pina stupste mich an. Sie hatte bemerkt, dass ich unheimlich lange nur auf einen Punkt gestarrt hatte.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt.
„Ja…alles bestens.“ Ich log und das wusste sie genauso gut wie ich selbst.

Irgendwann gegen neun, setzten wir uns alle auf die Couch. Mama hatte schon vor dem Essen die Geschenke unter den Baum gelegt. ‚Damit es schöner aussieht‘, hatte sie gesagt. Naja. Ein bisschen Perfektionismus musste ich ihr wohl doch lassen.
Ich setzte mich auf den Boden und wir alle packten unsere Geschenke auf und freuten uns dabei wie kleine Kinder. Ich bekam eine Musikstation, an die ich mein Handy anschließen konnte und so. Dann konnte ich unglaublich laut damit Musik hören.
‚Perfekt für Death Metal Lieder, wenn meine Depri-Phase noch länger dauern sollte‘, dacht ich.
Also freute ich mich, doch Geschenke waren mir in dem Moment nicht das Wichtigste. Viel Wertvoller war es doch, mit der Familie zusammen zu sein, sich Gegenseitig Liebe und Geborgenheit zu schenken, anstatt irgendetwas Materielles, was man im nächsten Kaufhaus ergattert hatte.
Eigentlich könnte diese Geschichte hier Enden. Ein besinnliches Ende, mit einer weisen Botschaft. Doch ich glaube, ich muss da noch weiter erzählen. Denn es ging auch noch weiter.
Zunächst mit dem unschönen Teil, welcher jedes Weihnachten bei uns Tradition fand.
Spongebob Schwammkopf – Weihnachten unter Wasser.
Eine Episode, in der dieser gelbe Schwamm rumrennt und auf den Weihnachtsmann wartet. Ich weiß nicht wie sie es schafften, aber jedes Jahr, auch wenn es noch so spießig davor zuging, jedes Jahr lachten mein Vater und Tristan Tränen bei dieser Folge. Besonders als alle anfingen zu singen war es um sie geschehen. Fragt nicht wieso sie das so witzig fanden, ich glaube das verstanden sie nicht einmal selbst wirklich.
Jedenfalls saßen wir alle vor dem Fernseher. Ich konnte mich nicht wirklich darauf konzentrieren. Ständig musste ich an Davin denken. Wie es ihm wohl ging und was er so ganz alleine, ohne jemanden, an diesem, eigentlich schönen, Abend machte. Die Werbung, die zwischen komischen Gesängen und dummem Geplapper dieses Seesternes kam, erregte meine Aufmerksamkeit.
„Man erinnert sich gerne wieder an alte Zeiten zurück. Mit einem klaren Blick geht das noch viel besser. Sky HD…. .“, sagte der schmierige Typ mit den nach hinten gegeelten Haaren aus der Werbung. Den Rest hörte ich nicht mehr. Ich stand auf ohne etwas zu sagen.
Der erste Satz, dieser Werbung hatte mich an Davin und mein Gespräch erinnert, welches wir führten, als wir vom Riesenrad zurück zu Rosas Jeep gelaufen waren.
„Weihnachtsmärkte sind schöner als ich gedacht hätte. Ich glaube die werden noch zu meinen Lieblingsplätzen.“, sagte ich.
Er hielt meine Hand.
„Mein Lieblingsplatz ist bei euch im Dorf.“ Ich sah ihn ungläubig an. Worauf er mir zunickte.
„Kennst du die Burg, von der man über alle Häuser hinweg sehen kann?“ Ich nickte. „Dort gehe ich immer hin, wenn es mir ganz schlecht geht und ich nicht weiter weiß. Da hat mein Vater mir früher immer gezeigt wie seine Modellflieger fliegen. Ich kann mich immer, wenn ich da bin, ein wenig an das gute Gefühl von damals erinnern. “…
Ich hatte plötzlich eine Idee, wie ich Davin wiederfinden konnte. Durch einen winzig kleinen Werbespot, würde meine Hoffnung wieder größer.
„Wo gehst du hin?“, fragte Mama, als sie sah, dass ich in meine Schuhe und die Jacke schlüpfte. Papa und Tristan waren wieder in Spongebob vertieft. Pina dachte sich wahrscheinlich schon wo ich hin wollte. Beziehungsweise zu wem.
„Mama. Ich erklär dir das später. Bitte…lass mich kurz gehen.“ Ich war ganz außer Atem, so aufgeregt war ich.
Sie nickte verwirrt.
Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, begann ich zu rennen. Ich hoffte unglaublich stark, dass Davin bei dieser Burg war. Nichts mehr wünschte ich mir in dem Moment.
Da die Burg auf einem Berg lag, war es nicht gerade leicht hochzukommen. Ich nahm eine Abkürzung durch das Dickicht, was das ganze natürlich noch schwerer machte.
Mein Herz wummerte gegen meinen Brustkorb, als ich die Burg vor mir sah. Vor ihr stand eine Tanne, die tausende funkelnd, kleine Lichter hatte und in dem Schein dieser Lichter stand jemand. Ja tatsächlich stand da jemand.
Ich rannte dort hin. Mein Atmen war schnell und wurde noch schneller, als ich sah, dass es wirklich Davin war, der dort stand und in Richtung der Lichter unseres Dorfes blickte. Er erschrak als ich plötzlich vor ihm stand. Kurz sahen wir uns in die Augen.
„Davin….“ Ich musste erst einmal verschnaufen, „ich weiß, dass du deinen Bruder angezeigt hast. Du wolltest es mir erklären und ich doofe Kuh, hab einfach nicht zugehört.“ Ich atmete lautstark.
„Ja? Glaub mir, ich wollte es dir schon so viel früher sagen. Aber je mehr ich gemerkt habe, dass ich dich wirklich mag, desto schwerer wurde es. Ich wollte nicht, dass du es so erfährst. Wirklich nicht.“
Ich hatte mich von dem halben Marathon erholt und atmete mittlerweile wieder halbwegs normal. Mein Herz schlug aber immer noch ziemlich schnell.
Er lächelte mich an, worauf ich leicht zurück lächelte.
„Also ist wieder alles gut?“, fragte er vorsichtig.
Ich nickte.
„Ja. Alles gut.“ Auf meine Aussage hin lächelte er
noch mehr. 
„Woher wusstest du das ich hier bin?“, fragte er, während er seine Hände in meine verhakte.
„Du hast doch gesagt, wenn es dir schlecht geht, dann kommst du hier her.“
Sein Mandelgeruch erklomm meine Nase. Ich musste lachen, weil er mich so ansah, wie irgend so ein Schauspieler in einem Rosamunde Pilcher Film, kurz bevor er die Frau ‚seines Lebens‘ küsste.
„Wieso lachst du?“, fragte er und stimmte kurzerhand mit ein.
„Das ist alles so absurd. Vor sechs Tagen, hab ich dich noch gehasst. Dann hab ich dich gemocht und dann wieder gehasst. Und jetzt…“ Ich biss mir auf die Unterlippe.
„Und jetzt?“, fragte er spöttisch.
„Hass ich dich immer noch.“ Ich lachte und küsste ihn endlich.
Seine Hände griffen um meine Hüfte. Ich hatte meine um seinen Nacken geschlungen.
Es war unbeschreiblich schön. Ja sogar ein, noch vor ein paar Tagen, Eisklotzmensch kann sowas sagen.
Rechts von uns leuchteten die Lichter der Häuser, links von uns die des Tannenbaumes und wir beide Mittendrin. In der Hoffnung nun endlich angekommen zu sein.

Ja und das war die Geschichte, einer Weihnachtszeit, die ich wohl nie mehr vergessen werde. In der ich gelernt habe, dass Familie und Liebe viel wichtiger als irgendein Status in der Welt sind, dass man auch mit wenig, glücklich sein kann und dass Weihnachten ein Fest der Nächstenliebe und der Geborgenheit ist. All das habe ich in einem Haus, mitten im Nirgendwo begriffen. Ich glaube jeder kann das schaffen. Auch ohne an den Arsch der Welt zu reisen.


Ende

******************************************************************************************************

So. Das war es nun  mit meinem Adventskalender.
Ich hoffe euch hat das lesen genauso viel Spaß gemacht wie mir das schreiben. Ich hab mich einfach auf jeden Tag gefreut, an dem ich euch ein neues Kapitel zeigen konnte und an dem ihr mir wieder so liebe Nachrichten geschrieben habt.
Ich weiß gar nicht wie ich das euch je wieder zurück geben kann. Ich will euch einfach danken sagen, für die Unterstützung, die ihr mir tagtäglich gebt. <3
Auf eine noch ganz, ganz lange Zeit.

Was macht ihr jetzt noch so?
Also ich gehe werde jetzt noch ein paar Weihnachtsfilme anschauen, heute Abend in die Kirche gehen, dann gibt es bei uns Racelette und danach ist die Bescherung.

Frohe Weihnachten euch allen. Ich hab euch lieb. <3 <3

Lysell <33

Driving home for ChristmasWhere stories live. Discover now