Kapitel 8

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Jeder sagte einen guten Start in den Tag zu haben, war das wichtigste überhaupt. Das Problem war allerdings, dass keine Menschenseele dieses Privileg hatte, weil es so etwas wie die Zeit gab. Die Menschheit wäre so viel glücklicher, wenn keine Wecker existieren würden. Dieses klirrende Teil war mein Erzfeind.

Zum gefühlten tausendsten Mal haute ich auf das Teil drauf und nein ich sprang nicht wie in der perfekten Morgenroutine von YouTube aus meinem Bett und streckte mich der Sonne entgegen. Ich pennte noch einmal ein und hatte wohl vergessen auf den Schlummerknopf zu drücken. Also stürmte meine Mom wie fast jeden zweiten Tag in mein Zimmer und weckte mich hysterisch. Ich schreckte hoch und musste wie immer mit Entsetzen feststellen, dass mir nur noch zehn Minuten blieben - die normale Realität.

Ich sprintete ins Bad, klatschte mir schnell Wasser ins Gesicht, putzte zu kurz meine Zähne und hastete dann wieder in mein Zimmer, wo ich mir meine Kleidung von gestern schnappte, die ich auf den Boden geschmissen hatte. Als ich einen schnellen Blick in den Spiegel warf, bemerkte ich, dass ich gestern total vergessen hatte zu duschen und mein Tag war so oder so schon gelaufen, als ich feststellte, dass mein Trockenschampo leer war. Also band ich mir schnell einen hässlichen Dutt, sprühte Deo unter meine Achseln und eilte nach unten in den Flur. Da meine Mom diese Situation schon gewöhnt war, stand sie am Rand des Flurs und hielt mir augenverdrehend einen Müsliriegel entgegen, den ich mir blitzartig schnappte, in meine Schuhe schlüpfte und rausrannte. Joe bog mit seinem Fahrrad in genau diesem Augenblick um die Ecke - perfektes Timing würde ich sagen.

„Morgen, Sonnenschein!", begrüßte er mich.

Das einzige was mir morgens ein Lächeln auf die Lippen zauberte, war mein bester Freund Joe. Er wirkte auf seinem Fahrrad immer wie eine helle Erscheinung. Ich dagegen war wie eine dunkle graue Wolke, die schweres Wasser trug.

„Mal wieder verschlafen, hm?", stellte Joe amüsiert fest. „Ich dachte du bist gestern Abend bei einer deiner Serien eingeschlafen. Warum siehst du wieder so wie eine Leiche aus? Du musst deinen Netflixkonsum wirklich reduzieren, Gracie."

Ich ignorierte seine Worte und wir liefen meine Einfahrt hinunter. Ich war gestern Nacht ziemlich spät nach Hause gekommen. Damian und ich hatten kein einziges Wort mehr gewechselt. Er hatte mir schweigend auf dem Skateboard alles nachgemacht. Irgendwann hatte ich gesagt, dass ich so langsam nach Hause müsse und er nickte verständnisvoll. Dann fuhr ich weg und versicherte mich auf meinem Heimweg immer wieder, dass Damian mir nicht hinterherfuhr, was er Gott sei Dank auch nicht tat. Keine Ahnung, gestern war es einfach total komisch gewesen.

„He, Gracie!", boxte Joe mir in die Seite, als wir mein Grundstück verlassen hatten.

„W - was?", fragte ich erschrocken.

„Alles okay?"

Ich nickte hastig. „Ich habe mich gestern bei ALL AMERICAN nur wegen Layla aufgeregt. Du weißt schon, die von der ich dir erzählt habe."

Joe verdrehte grinsend seine Augen, so wie er es immer machte. Er belächelte mich oft.

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In der Young Highschool angekommen, redete jeder nur von der gestrigen Party und mal wieder war ich ausgeschlossen. Aber ich sprach sowieso mit keinem, also was soll's? Als ich gerade in den Erdkundeunterricht wollte, staute sich auf meinem und Serena's Platz eine große Menge an Schülern. Drei Mädchen saßen auf unserem Tisch und zwei weitere Jungs standen mit verschränkten Armen dort. Was war da los?

Ich setzte mich mit gesenktem Kopf auf meinen Platz und bemerkte, dass eine von den Mädchen, die auf dem Tisch saßen, Kimberly Stone war. Oh Gott, ich hoffte sie hatte unsere Auseinandersetzung auf dem Mädchenklo schon vergessen, so hohl wie die war.

Just The Way You AreWhere stories live. Discover now