Kapitel 29

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„Deine Eltern sind deswegen so reich, weil sie in die Drogengeschäfte verwickelt sind."

Amber's Worte schwirrten noch Stunden später in meinem Kopf. Wie sollte ich damit umgehen? Am liebsten würde ich einfach verschwinden. Weg von hier. Raus aus Cliffstone. Ich fing an diese verfluchte Kleinstadt mehr den je zu hassen. Ich verabscheute auf einmal alles und jeden hier. Jeden, außer Joe. Der Mensch, der immer für mich da war. Der Junge, den ich seit ich denken konnte, kannte. Er war immer für mich da gewesen. Wir hatten schon alles zusammen durchgestanden. Ich wusste, dass wir das hier auch zusammen bewältigen würden.

Als Amber mir die Wahrheit gesagt hatten, war ich abgehauen. Sie hatte meinen Namen geschrieen, aber ich musste einfach nur noch von dem Skaterpark weg. Anstatt nach Hause zu rennen, war ich zu Joe's Haus gerannt. Ich hatte im altmodischen Stil Steine an sein Fenster geworfen. Nach ein paar Minuten hatte er verschlafen sein Fenster aufgemacht und gefragt: „Willst du die Scheibe kaputt machen?"

Ich musste daraufhin lächeln, aber dann wurde ich sofort wieder von meinen Tränen überrumpelt. Joe war nach unten gerannt und hatte mir die Türe geöffnet. Ich hatte mich einfach nur in seine Arme fallen lassen, hatte seinen Geruch eingeatmet und mich an ihm festgeklammert. Es war, als sei ich wie gebrochen. Joe hatte mich in sein Zimmer gebracht. Nachdem er mich für eine Ewigkeit festgehalten hatte, hatte er darauf bestanden, dass ich erstmal ein heißes Bad nahm. Ich war ihm dankbar, dass er mich nicht zwang zu erzählen, was passiert war, sondern mich zuerst beruhigen wollte. So war Joe schon immer gewesen. Er hatte sich um mich gekümmert. Joe hatte irgendwie schon immer mich über sich selbst gestellt.

Also war ich seine Badewanne gestiegen. Sein Bad grenzte an sein Zimmer. Sein Haus war fast so groß wie das meiner Eltern. Joe's und meine Eltern waren ziemlich gut befreundet. So hatten wir uns auch kennengelernt. Seitdem wir uns das erste Mal im Alter von einem Jahr auf einer Geburtstagsfeier getroffen hatten, waren wir unzertrennlich gewesen.

Ich seufzte und genoss das heiße Wasser. Der aufsteigende Dampf umhüllte mich und ich entspannte mich etwas. Ich legte meinen Kopf an die Lehne und starrte an die Ecke. Ich wollte nicht nach Hause. Das wollte ich nie wieder. Ich fühlte mich betrogen und so hintergangen. Meine Zwillingsschwester wurde so früh von mir getrennt, sodass ich mich gar nicht an sie erinnern konnte. Den Grund, warum unsere Eltern uns getrennt hatten, wusste ich nicht und ich konnte mir darauf auch keine sinnvolle Erklärung zusammenreimen. Bis ich 16 war, hatte ich keinen blasse Ahnung von Gianna gehabt, bis ihre Leiche wie aus dem Nichts an den Strand von Cliffstone gespült wurde. Ich erinnerte mich an Jade's Gekreische und wie sie geschrieen hatte, dass das Mädchen genau wie ich aussah. Mir kam in den Sinn, wie Amber mich in der High School immer angestarrt hatte, wie sie mich bedroht hatte, als ich zufällig bei einem Gespräch mit ihrer Stiefschwester Kimberly auf der Toilettenkabine gesessen hatte und CandyCrush gezockt hatte. Wie sie mich an die Wand gedrückt hatte und ich so eine verdammte Angst vor ihr bekommen hatte. Wie Amber plötzlich interessiert an den Ermittlungen war und sie mich zwang ihrem Möchtegern Ermittlerteam beizutreten. Wie sie mich mit ihren Blicken durchbohrt hatte... Jetzt wusste ich wieso. Ich erinnerte mich an alles und plötzlich ergab alles einen Sinn. Wie meine Eltern Amber ausgesehen hatten... Weil sie wussten, dass Amber mit ihrer verstoßenen Tochter befreundet war.

Was für mich keinen Sinn ergab, war, warum meine Eltern mich wegen Gianna belogen hatten und wieso sie in den Lagerräumen ihrer vorzeige Nobelklinik Drogen versteckten.

Nach einer halben Stunde war das Wasser ganz kalt und ich stieg fröstelnd aus. Ich trocknete mich ab und schlüpfte in das lange Shirt und die Boxershorts von Joe. Das T-Shirt reichte mir bis zu den Knien. Ich föhnte mir noch schnell meine Haare, während ich mit einem Blick aus dem Fenster feststellte, dass die Sonne bereits aufgegangen war.

Just The Way You AreWhere stories live. Discover now