Kapitel 14

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Kaltes Wasser lief meinen Rücken hinab. Als ich verschwitzt und völlig verwirrt Zuhause ankam, war ich zuerst unter die Dusche gesprungen. Das Joggen hätte meinen Kopf frei machen sollen, aber das Gegenteil war geschehen. Vielleicht war es aber auch einfach Schicksal, dass ich Amber und Damian so früh am Strand zusammen gesehen hatte. Ich habe mir noch immer kein Reim darauf machen können, warum sie beide morgens um halb sechs am Strand waren. Man konnte draus nur schließen, dass niemand sie hören und sehen sollte. Tja, keiner wusste eben, dass zufälligerweise ich so früh auf war, um zu joggen.

Als ich fertig war, schlüpfte ich einen langen Hoodie. Ich zog keine lange Hose an und kämmte mir meine Haare, die ich an der Luft trocknen lassen würde. Es wurde bereits jeden Tag wärmer. Ich lief die Treppe hinunter, wo Mom French Toast briet. Das erkannte ich sofort am Geruch. Ich setzt mich gedankenverloren auf den Barhocker an der Kücheninsel und starrte auf die Marmorplatte. Normalerweise würde routinemäßig ein viel zu gut gelauntes „Guten Morgen!" von Mom ertönen, doch heute blieb sie zum allerersten Mal stumm.

Ich richtete mich auf und sah sie forschend an. Als ich gerade meinen Mund aufmachen wollte, kam Mom mir zuvor. „Warst du heute Morgen joggen?", fragte sie scharf.

„Ähm - ja", antwortete ich. Sie und Dad wussten doch, dass ich ab zu mal vor dem Unterricht joggen war.

„Mach das nicht mehr", sagte sie mit kalter Stimme. Mom hatte kein einziges Mal ihren Blick von der Pfanne gehoben.

Verwundert schaute ich drein. „Ihr habt doch sonst auch nie ein Problem damit gehabt."

Endlich sah sie auf. „Das war bevor ein Mörder hier in der Stadt rumläuft."

Oh Gott, was hatte sie gesagt? Keine Ahnung was ich abwartete - vielleicht, dass sich der Ausdruck in ihren Augen änderte, doch ihre schwarze Iris starrte mich an. „Mom übertreib es nicht. Sei nicht wie die anderen Eltern aus Cliffstone und reim dir irgendwelche Theorien zusammen. Wer weiß von wo die Leiche angespült wurde."

Mom fiel der Küchenwender aus der Hand. „Natürlich mache ich mir wie alle anderen Eltern Sorgen. Marry schickt ihre Tochter zum Beispiel gar nicht mehr in die Young."

Marry war eine Krankenschwester, die in Mom und Dad's Klinik arbeitete. „Wirklich?", fragte ich.

„Grace, ich möchte einfach nicht, dass du alleine draußen bist, okay?", sagte sie mit einem sorgenvollen Blick, der typisch für sie war.

Ich nickte einsichtig. „In Ordnung."

Ich sah den French Toasts noch eine Weile zu wie sie brutzelten, bis Mom sie mir auf einen Teller lag. Normalerweise genoss ich jeden einzelnen Happen, doch diesmal schwirrte mir viel zu viel im Kopf herum. Klar, Mom machte sich Sorgen, aber bildete ich es mir nur ein, dass sich alle seit dem Mord komisch benahmen?

~~~~~~~~~~

Schließlich verschwand ich schnell aus dem Haus und war diesmal sogar früher als Joe dran. Ich hatte es dadrin nicht mehr ausgehalten. Ich ging schon durch das Tor und setzte mich auf den Bürgersteig, während ich ständig um die Ecke spähte wann Joe um die Kurve bog.

Nach wenigen Minuten raste er auch schon den Berg hinab und blieb mit quietschenden Bremsen vor mir stehen. „Dass ich es mal erlebe, dass du früher dran bist als ich, Gracie", sagte er und schaute verdattert drein.

„Klappe!", begrüßte ich ihn lachend und stand auf. Joe stieg von seinem Fahrrad ab und wir liefen wie jeden Morgen gemeinsam zur Young.

„Alles okay?", fragte er.

Ich seufzte. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Joe mich besser als ich mich selbst kannte.

„Wie war der Verhör von gestern?", fragte Joe neugierig.

„Irgendwie gruselig", antwortete ich. „Die haben sogar das FBI hinzugezogen."

„Das FBI?", rief Joe überrumpelt. „Was?!"

Ich nickte. „Ja, das ist wirklich krass. Die haben irgendeinen Ermittler namens Nelson genommen."

Joe riss seine Augen auf. „Agent Nelson?"

Ich nickte. „Du kennst ihn?"

„Wer nicht?"

War ja klar, dass ich mal wieder wie die Dumme dastand.

„Er hat schon ziemlich viele Falle aufgeklärt. Er hat Serienmörder, Mafiabosse und Terroristen hinter Gitter gebracht! Der Mann ist ein Genie! Er ist unglaublich!", erzählte Joe aufgeregt.

„Du interessierst dich für Kriminalistik?", fragte ich.

Joe nickte. „Ja, sehr."

Klar, der Ader dazu hatte er ja irgendwie. Seine Eltern waren immerhin ziemlich gute Anwälte.

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Ein paar Minuten später sind wir schließlich an der Young angekommen. Joe schloss wie immer sein Fahrrad ab und wir wollte gerade durch das Tor laufen, doch Amber Sullivan hielt uns auf. Sie lehnte an dem Schild, wo der Name unserer Highschool draufstand und beobachtete uns. „Hast du die Aufnahme?"

„Nein", gab ich kalt von mir und bemerkte wie überrascht Joe mich ansah, dass ich keine Angst vor Amber hatte. Noch vor ein paar Tagen hätte ich gezittert und hätte natürlich geschwiegen.

Amber stöhnte daraufhin und verdrehte ihre Augen. Mir war es egal, ob sie mich jetzt als Feigling ansah oder nicht - wow, zum ersten Mal war mir das wirklich gleichgültig.

„Was ist das für einer?", fragte Amber und warf Joe einen herablassenden Blick zu.

„Das ist Joe ..., mein bester Freund", stellte ich ihn vor.

„Aha", machte Amber.

„Ihr kennt euch?", fragte Joe verwundert und warf mir einen kurzen vorwurfsvollen Blick zu, der bedeutete, warum ich ihm zur Hölle nichts davon erzählt habe.

„Ist eine lange Geschichte", winkte Amber ab. „Nichts weltbewegendes."

Warum wollte sie, dass das sie niemand von unserer „Gruppe" wusste? Wenn ich diesem komischen Team schon beiwohnen musste, dann wollte ich wenigstens das Joe auch davon wusste. „Amber spielt sich als Ermittlern auf", erklärte ich spitz. „Sie hat mich gezwungen in ihre komische Kindergarten Detektivgruppe oder was auch immer das ein soll, zu kommen, damit ich unter ihrem Schutz in der Young friedlich leben kann und nicht mehr von den Schülern belästigt werde wegen des Gerüchts."

„Das sollte geheim bleiben!", zischte Amber mich wütend an.

Ach ja, so wie heute Morgen dein geheimes Treffen mit dem Freund deiner Stiefschwester? „Ich will, dass Joe mitmacht", platzte ich dann heraus. Damit würde ich mich wesentlich sicherer fühlen. Es schienen ja alle irgendwie alle nur nach Amber's Pfeife zu tanzen. Außerdem traute ich ihr nicht. Besonders nicht nach heute Morgen.

Amber machte ihren Mund auf, doch klappte diesen ganze schnell wieder zu. Sie wollte wohl sagen, dass Joe nicht mal dabei war, doch dann schien sie festzustellen, dass sie in jener Nacht ja selbst nicht da war - hm, das behauptete sie zumindest.

„Find dich damit ab", sagte ich mit kalter Stimme und lief an ihr vorbei.

„Wow Gracie, das war unglaublich!", rief Joe überrascht und warf einen triumphierenden Blick über seine Schulter. „Gehören wir jetzt zu den Coolen?"

„Halt die Klappe", verdrehte ich grinsend meine Augen und wir liefen ins Innere der Young.

Just The Way You AreWhere stories live. Discover now